25 Jahre Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte

Ein Vierteljahrhundert Hilfe zur Selbsthilfe

Heftarchiv Gesellschaft
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Seit 25 Jahren verschreibt sich die „Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte“ (HDZ) der Hilfe zur Selbsthilfe. Im Rahmen von punktuellen Projekten erscheint das karitative Gesicht des Berufsstands an den Elendsschauplätzen dieser Welt – dort, wo staatliche Hilfsmaßnahmen nicht greifen und wo die großen Hilfsorganisationen nicht vertreten sind. Zeit, um innezuhalten.

Das HDZ hatte einen Vorläufer: Die „Patenschaft Niedersächsischer Zahnärzte für Lepragebiete“. Gründer dieser Patenschaft ist der am 9. November 2001 verstorbene Göttinger Zahnarzt Carl-Heinz Bartels. Die schockierenden Erlebnisse in den Lepragebieten Südostasiens gaben ihm Anlass zur Gründung dieser karitativen Initiative im Jahr 1981. Nach Hause zurückgekehrt, nahm Bartels gleich die Beschaffung der dringend benötigten Einrichtung und Instrumente in die Hand. Aus der damaligen „Patenschaft Niedersächsischer Zahnärzte“ ging am 18. Mai 1987 die „Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete, Göttingen“ hervor.

Die Stiftung bürgerlichen Rechts wurde von der Stiftungsbehörde Braunschweig noch im selben Monat anerkannt. Seit 1996 steht der Bad Lauterberger Zahnarzt Dr. Klaus Winter dem HDZ vor. Bartels und er standen sich beruflich wie persönlich sehr nahe. Im Kuratorium sitzen außerdem Clemens Stroetmann, Staatssekretär a. D., Richard Deutsch, ehemals Vorstandsvorsitzender der Apotheker- und Ärztebank († 31.7.2012), Generalkonsul a. D. Dr. Wiprecht von Treskow, Dr. Klaus Sürmann, Dr. Volker Langheim und Admiralsarzt Dr. Dieter Nordholz.

Zur Philosophie: Das HDZ ist einst ins Leben gerufen worden, um leprakranken Menschen in ihrer erbärmlichen Situation jegliche Unterstützung zu geben. Darüber hinaus will das Hilfswerk weltweit mithelfen, Krankheit und Not zu lindern, und Menschen helfen, die sich selbst nicht (mehr) helfen können. Insbesondere gilt diese Förderung den Straßenkindern und den ärmsten Jugendlichen in der sogenannten Dritten Welt.

In den vielfältigen Projekten werden neue Auswege aus der Perspektivlosigkeit geebnet – in erster Linie durch ganzheitliche Erziehung und Bildung. Das HDZ setzt sich zudem für junge Menschen auf der Flucht ein, um ihnen dabei zu helfen, eine Ausbildung, Arbeit, eine hoffnungsvollere Zukunft und ein Zuhause zu finden. Statistisch betrachtet waren 1965 75 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Im Milleniumsjahr 2000 waren es laut HDZ doppelt so viele.

Die Lepra – Geißel der Menschheit

Die Lepra ist heute – jedes Jahr erkranken zwischen 300 000 und 800 000 Menschen weltweit neu – immer noch ein Teil der Projektarbeit. In Indien unterstützt das HDZ bereits seit vielen Jahren in Mumbai (Bombay) ein Lepra-Projekt. Hier wird medizinisches Hilfspersonal ausgebildet, das die Lepraerkrankten regelmäßig besucht, bei der Erstellung von Untersuchungs- und Behandlungsplänen mitwirkt, die Möglichkeiten chirurgischer Behandlungen prüft und die erforderliche häusliche Pflege bei invaliden Patienten organisiert. Häuserbauprogramme und eine orthopädische Schuhwerkstatt für Lepröse sind hier ganz aktuelle Projekte.

Das HDZ setzt sich auch für die Ausbildung von Jugendlichen in Flüchtlingslagern ein und unterstützt Kinder auf der Flucht vor Naturkatastrophen. Zudem machen sich die Mitglieder für das Recht auf Eigeninitiative stark. Sowohl kranke, aber auch gesunde jungen Menschen werden punktuell bis mittelfristig gefördert, mit dem Ziel, sich schließlich selbst helfen zu können. Ein weiteres Gebiet: chancengleiche Ausbildung beim Aufbau eigener landwirtschaftlicher Betriebe oder kleiner Werkstätten. Hilfe bei der Existenzgründung ist für Klaus Winter und seine Mitstreiter ein Gebot der Gerechtigkeit und ein Mittel, um sozialen Frieden zu erreichen.

Schließlich liegt dem Hilfswerk das Recht auf Leben von Kindern und jungen Menschen mit einer Behinderung am Herzen. In Mangalagari (Indien) unterstützt es zum Beispiel mit den „Salesianern Don Bosco“ Hunderte von behinderten Kindern. Sie leben und lernen zusammen mit gesunden Kindern aus den Slums der Großstadt. Die Kinder leben in Frieden und Freundschaft untereinander. So bleibt ihnen in ihrem Umfeld erspart, dass behindertes Leben im Erwachsenen- alter oft als fremd und Angst einflößend missverstanden wird. Generell setzt sich das HDZ weltweit für einen schrankenlosen Umgang zwischen Behinderten und Nichtbehinderten, Gesunden und Kranken, alten und jungen Menschen ein.

Sorgfalt bei der Auswahl der Projekte

Das HDZ hat eine Mittlerfunktion. Sprich, es führt nicht eigenverantwortlich Projekte in Entwicklungsländern durch, sondern kooperiert mit professionellen Trägerstrukturen wie etwa den Salesianern Don Boscos, dem „Lazarus Orden“, privaten oder staatlichen, kirchlichen oder nichtkirchlichen Einrichtungen. Die Partner verfolgen ähnliche Ziele wie das HDZ: Sie lassen sich auch innerhalb einer globalisierten Welt stets von christlichen Werten leiten. Zum Kanon zählt vor allem der Wille, Verantwortung zu übernehmen, und die Bereitschaft, Nächstenliebe in fremden Gemeinschaften zu geben. In diesem Sinne ist es legitim, in den Ländern, in denen sich das HDZ engagiert, auch von HDZ-Projekten zu sprechen. So hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren ein intaktes globales, karitatives, diakonisches Netzwerk entwickelt. In diesem Netz kooperiert das HDZ.

Die Projektauswahl orientiert sich ausschließlich an den Kriterien der Stiftungssatzung (www.hilfswerk-z.de). In diesem Sinn werden Projekte gefördert, die dazu beitragen, die (zahn-)medizinischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Lebensbedingungen armer und benachteiligter Bevölkerungsgruppen in den Entwicklungsländern unmittelbar zu verbessern.

Zu diesen Gruppen gehören vor allem Straßenkinder, Not leidende Familien, kranke und alte Menschen. Die Projektarbeit des HDZ ist so vielfältig wie die Länder, in denen sie stattfindet: Sie reicht von umfangreichen Soforthilfemaßnahmen für Katastrophengebiete wie Haiti oder Pakistan, über den Bau von Schulen, Waisenhäusern, Sozialstationen bis zu medizinischen Einrichtungen. Auch den Bau von Wasseraufbereitungsanlagen in der Dritten Welt unterstützt das Hilfswerk. Außerdem werden Einrichtungsgegenstände, Transportmittel und medizinisches Gerät finanziert. Sporadisch kommt es zum konstruktiven Austausch mit anderen karitativen deutschen Initiativen, wie etwa in diesem Jahr mit den „Apothekern ohne Grenzen e.V.“. Im Rahmen dieser Kooperation mündete die Förderung in ein Zahnhygieneprojekt in Argentinien.

Unermüdlich kämpfen Klaus Winter und seine Partner gegen einen gemeinsamen Gegner: die Korruption. In der Praxis gilt es, möglichst enge Beziehungen mit den lokalen Ansprechpartnern aufzubauen, um eine Entwicklungshilfezusammenarbeit auf der Basis von Vertrauen zu leisten. Zudem beinhalten die geförderten Projekte klar definierte Ziele. Diese sollen unter möglichst hoher Beteiligung der geförderten Gruppen innerhalb eines Zeitrahmens umgesetzt werden. Instrumente wie exakte Kostenangebote, die Überwachung der Ausführungen, Jahreserfolgsberichte, Fotodokumentationen sowie Inspektionsreisen lassen das Risiko für Korruption merklich kleiner werden. Um eine Wirksamkeit der Projekte sicherzustellen, müssen die Begünstigten aus Sicht von Winter lernen, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen. Die Kräfte vor Ort zu mobilisieren, ist oft nicht leicht, aber der HDZ-Vorsteher sieht immer Hoffnung und Selbstvertrauen, wenn die Bedingungen sich durch die Hilfe verbessert haben.

Das Herz der Stiftung – das Zentrallager in Göttingen

Vor etwa zwanzig Jahren wurde die alte Poststation in Göttingen vom HDZ aufgekauft. Seitdem fungiert die große Baracke als Zentrallager und ist gleichzeitig der Sitz der „Deutschen Lazarus Stiftung“ (DLS). Sechs Menschen arbeiten dort für das HDZ – drei von ihnen ehrenamtlich. In erster Linie werden gespendete zahnmedizinische Geräte, Instrumente und Materialien entgegengenommen. In den vergangenen 25 Jahren wurden von dort etwa 200 komplette Zahnstationen mit allem Drum und Dran in die betroffenen Gebiete transportiert. Also von der Watterolle, über den Rosenbohrer, den Patientenstuhl, das Behandlungsgerät mit Röntgeneinrichtung, den Sterilisator bis zum Kompressor. Viele Jahre lang haben Speditionen, Fluggesellschaften und Reedereien geholfen, kostengünstig zu bleiben. Das hat sich verändert. Denn nun kauft Winter die sperrigen zahnmedizinischen Geräte meistens vor Ort ein. Der Grund liegt in der Philosophie der Entwicklungszusammenarbeit. So wird die Wirtschaft vor Ort angekurbelt. Vor allem aber sind die neuen Geräte preiswerter – und das inklusive Wartung und Garantie. Heute werden Instrumente und Materialien ergänzt und von Göttingen versendet.

Dass die Arbeit des HDZ die Strukturen in vielen Ländern im Bereich Gesundheitsversorgung nachweislich regional und überregional verbessert hat, zeigen die Resultate der einzelnen Projekte. Ob es die Sanierung von Krankenhäusern ist, die Erstellung von Ambulatorien mit (zahn-) medizinischen Einrichtungen oder die Umsetzung (zahn-)medizinischer Prophylaxeprogramme – das HDZ hinterlässt eine sichtbare Spur der Verbesserung.

Neben Geld- und Sachspenden profitiert das HDZ nach wie vor und in erster Linie von der sogenannten guten alten Zeit, als der Zahnersatz noch mit Gold hergestellt wurde und als jeder Patient, der festen Zahnersatz benötigte, diesen zum Krankenkassen-Nulltarif erhielt. Übrigens stellt die Firma Heraeus-Kulzer aus Hanau dem HDZ nach Aufarbeiten des Altgolds die Erlöse kostenfrei zur Verfügung. Bis 1990 betrug der Zahngoldverbrauch in den alten Ländern der damaligen Bundesrepublik jährlich noch circa 60 Tonnen. In den Folgejahren nahm er stetig ab und rutschte im Jahr 2005 auf circa 16 Tonnen. Die Goldverbrauchsprognosen für die Zahnheilkunde werden kurzfristig nur noch auf etwa fünf Tonnen pro Jahr geschätzt. Veränderungen im Gesundheitswesen, im Zahnbewusstsein, in der sozialen Struktur, das sinkende Einkommen und „andersartige“ Versorgungsformen wie in Nichtedelmetall oder Keramik – das weiße Gold, das auch glänzt – sind hierbei die herausragenden Ursachen. So sieht es jedenfalls Klaus Winter.sf

Grußwort von Klaus Winter

Menschen, die uns brauchen, neue Hoffnung und neue Würde schenken, ein Gefühl der Verbundenheit zeigen, Hilfe zur Selbsthilfe bringen und besonders denen Hilfe bringen, die verlassen sind und/oder in ihrer Existenznot um Hilfe rufen – mit diesen Zielen ist die Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete (C.H.Bartels Fund) vor 25 Jahren gegründet worden und hat seitdem weltweit im Wert von 30 Millionen Euro menschliche Not lindern können.

Das „Bewusst machen“ in der deutschen Zahnärzteschaft, dass auch wir in unserer gemeinsamen ethischen Verpflichtung durch vielseitige, lebensnotwendige Maßnahmen die Welt menschlicher gestalten können, war in den vergangenen Jahren auch ein Anliegen des Hilfswerks. Wenn wir uns etwa das Schicksal der Kindersoldaten und ihre Lebenssituationen vor Augen stellen, stehen sie stellvertretend für die vielen benachteiligten Menschen auf dieser Welt.

Es lohnt sich darüber nachzudenken, ob wir besser auch von einer Globalisierung der ärztlichen Ethik und einer Globalisierung der sozialen Verantwortung reden sollten. Falls wir dem zustimmen können, dann müssen wir danach handeln!

„Wahre Ethik fängt da an, wo der Gebrauch der Worte aufhört!“, hat einer der prominentesten Protagonisten ärztlicher Ethik, der Nobelpreisträger Albert Schweitzer, einmal formuliert.

Zum Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete (HDZ) gehört ein kleines, aber hoch motiviertes Team, das in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten durch zahlreiche Gleichgesinnte großartige, selbstlose Unterstützung fand. Alle Helfer zusammen – ob Patienten, Zahnärzte, Firmen, Banken oder die Projektträger vor Ort – haben schließlich das Hilfswerk weltweit zu einem karitativen, anerkannten Netzwerk geformt.

Rückschau auf 25 erfolgreiche Jahre zu halten, veranlasst mich, nicht nur allen Kollegen, sondern auch allen Redaktionen – besonders denen der berufsständischen Presse – herzlich zu danken. Gerade sie sind in ihrer wertvollen Vermittlerrolle zur (zahnärztlichen) Öffentlichkeit stets an der Seite des HDZ engagiert geblieben.

Seit 1987 hat die Landeszahnärztekammer Niedersachsen das Patronat für das HDZ inne und seit 2010 ist die Bundeszahnärztekammer Schirmherrin dieser Stiftung. Das HDZ ist den jeweiligen amtierenden Präsidenten und Vorständen dieser Institutionen sehr dankbar, dass sie das Hilfswerk der deutschen Zahnärzte bei der Umsetzung seiner Ziele großzügig unterstützt haben. Hilfe schenken heißt in die Zukunft investieren!

Grußwort von Rita Süßmuth

Anlässlich des 20. HDZ-Jubiläums äußerte sich die ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages und damalige HDZ-Schirmherrin, Prof. Dr. Rita Süssmuth, mit folgenden Worten:

Die unbürokratische und konkrete Hilfsweise der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte hat mich seit der Gründung 1987 sehr beeindruckt. Durch ihren beispielgebenden Einsatz ist es der Stiftung gelungen, dringend notwendige Hilfe in vielen Elendsgebieten zu installieren und so die dortige Versorgung zu sichern.

Die Not vieler Länder verdeutlicht, dass unsere Hilfe für die dortige Bevölkerung oft lebensnotwendig ist und wir in unserem Engagement nicht ruhen dürfen. Als Schirmherrin appelliere ich daher insbesondere an Zahnärzte und ihre Patienten, durch Sach- und Geldspenden, vor allem durch die Zahngold-Spende, das Hilfswerk nachhaltig zu unterstützen.

Die Hilfe wird deswegen so dringend benötigt, weil diese Hilfsorganisation keinerlei staatliche Förderung erhält, und weil sie nur mit diesen Spenden ihre segensreiche Tätigkeit fortsetzen kann. Es ist meine feste Überzeugung, dass das Hilfswerk auch weiterhin unser aller Unterstützung verdient.

Prof. Dr. Rita Süssmuth

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