Deutscher Qualifikationsrahmen für Berufsabschlüsse

Die Rolle der Matrix

Die beruflichen Bildungsabschlüsse sollen auf europäischer Ebene vergleichbar werden. Dazu sind Anpassungen auf nationaler Ebene notwendig. Bund, Länder und Sozialpartner haben sich zwar auf entsprechende Zuordnungen geeinigt. Doch bis zur Umsetzung gibt es noch viel Regelungsbedarf – und der Zeitplan ist völlig offen.

Der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) ist Teil eines europäischen Projekts: In den nächsten Jahren sollen in Europa die Bildungsabschlüsse vergleichbar gemacht werden, um Mobilität und Durchlässigkeit zu fördern. Der DQR soll ein umfassendes, bildungsübergreifendes Profil der in Deutschland erworbenen Kompetenzen abbilden und zur angemessenen Bewertung und Vergleichbarkeit deutscher Qualifikationen in Europa beitragen. Er soll alle schulischen, akademischen, beruflichen und anderweitig erworbenen Qualifikationen abbilden und einen Rahmen für lebenslanges Lernen bieten. Die Qualifikationen sollen sowohl für die Lernenden wie für die Arbeitgeber sichtbar und verständlich gemacht werden. So soll besser erkennbar sein, über welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen ein Bewerber verfügt. So könnte beispielsweise auch ein Studium ohne Abitur möglich sein. Dabei wird den Besonderheiten des deutschen Bildungssystems Rechnung getragen. Im Gesundheitsbereich werden derzeit vor allem die Belange der Gesundheitsfachberufe diskutiert.

Der DQR ist nationaler Bestandteil des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR). Dem EQR zugrunde liegt eine Empfehlung des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2008.

Sie legt den EU-Mitgliedstaaten nahe, ihre nationalen Qualifikationssysteme bis 2010 an den EQR zu koppeln. Die Zuordnung der nationalen Qualifikationen an den EQR wird als Referenzierung bezeichnet. Im November 2012 wurde der deutsche Referenzierungsbericht an die EU-Kommission übermittelt. Bis jetzt haben 14 Länder ihre Berichte erstellt. Die restlichen sollen bis Ende 2013 folgen.

Zuordnung erfolgt nach Kompetenz

Dem DQR liegt eine Matrix in acht Stufen zugrunde, denen die zahlreichen in Deutschland existierenden Qualifikationen zugeordnet sind. Anfang 2012 hatten sich Bund, Länder und die Sozialpartner auf erste Zuordnungen der verschiedenen Berufsfelder verständigt. Dabei hat man ganz bewusst darauf verzichtet, gezielt Berufe auf die einzelnen Niveaus zu verteilen. Vielmehr geht es darum, den Fokus auf unterschiedliche Kompetenzlevels zu legen (siehe Kasten).

Das Ergebnis beruht auf einer sehr breiten Abstimmungsbasis, dem ein komplizierter und auch kontrovers geführter Findungsprozess vorausging (der immer noch nicht abgeschlossen zu sein scheint). Involviert sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die Kultusministerkonferenz (beide als Federführer), eine Bund-Länder-Koordinierungsgruppe und der Arbeitskreis DQR (bestehend aus Vertretern aller Bildungsbereiche sowie der Sozialpartner, von Sozialverbänden und Bildungsexperten).

Auch internationale Experten wurden eingebunden. Die Bundeszahnärztekammer ist über den Bundesverband der Freien Berufe (BFB) involviert, der wiederum Mitglied in der Arbeitsgruppe Gesundheit des DQR-Arbeitskreises war.

Komplexe Gliederung in acht Niveaus

Die sehr abstrakt gehaltene achtstufige Matrix unterscheidet zwischen Fachkompetenz und personaler Kompetenz und gliedert sich wie folgt:

• Niveau 1: Kompetenzen zur Erfüllung einfacher Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich. Die Erfüllung erfolgt unter Anleitung.

• Niveau 2: Kompetenzen zur fachgerechten Erfüllung grundlegender Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt weitgehend unter Anleitung.

• Niveau 3: Kompetenzen zur selbstständigen Erfüllung fachlicher Anforderungen in einem noch überschaubaren und zum Teil offen strukturierten Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld

• Niveau 4: Kompetenzen zur selbstständigen Planung und Bearbeitung fachlicher Aufgabenstellungen in einem umfassenden, sich verändernden Lernbereich oder beruf-lichen Tätigkeitsfeld

• Niveau 5: Kompetenzen zur selbstständigen Planung und Bearbeitung umfassender fachlicher Aufgabenstellungen in einem komplexen, spezialisierten, sich verändernden Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld

• Niveau 6: Kompetenzen zur Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden fachlichen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld. Die Anforderung ist durch Komplexität und häufige Veränderung gekennzeichnet.

• Niveau 7: Kompetenzen zur Bearbeitung von komplexen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in einem wissenschaftlichen Fach oder in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld. Die Anforderung ist durch häufige, unvorhersehbare Veränderungen gekennzeichnet.

• Niveau 8: Kompetenzen zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem wissenschaftlichen Fach oder zur Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem beruflichen Tätigkeitsfeld. Die An- forderungsstruktur ist durch neuartige, unklare und unvorhersehbare Problemlagen gekennzeichnet.

Zu unterscheiden ist zwischen dem EQR/DQR und der von der EU erlassenen Berufsqualifikationsrichtlinie. Letztere regelt die gegenseitige Anerkennung von Berufs- abschlüssen innerhalb der EU und gilt für die rund 60 reglementierten Berufe. Die Richtlinie ist ein rechtsverbindliches Instrument. Der EQR/DQR hingegen hat keinen legislativen Charakter, er ist lediglich eine Initiative zur besseren Vergleichbarkeit der nationalen Bildungsabschlüsse.

Termin zur Umsetzung steht noch nicht

Sowohl der Bundesverband der Freien Berufe wie auch die Bundeszahnärztekammer haben den DQR-Prozess stets kritisch begleitet. Beim DQR handele es sich um ein sehr theoretisches Instrument, das aus Sicht der Zahnärzteschaft nicht unbedingt erforderlich sei, erklärt Dr. Sebastian Ziller, Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der BZÄK. Fraglich sei, ob der gesetzte Rahmen auch praxis- tauglich ist. Der BZÄK sei es wichtig, dass die duale Ausbildung entsprechend ihrer Qualität gewürdigt werde. Wird der DQR umgesetzt, könnte dies Auswirkungen auf die Arbeit der Zahnärztekammern haben. So könnte dann zum Beispiel die Angabe des DQR-Niveaus auf den Abschlusszeugnissen der Assistenzberufe vermerkt werden.

Doch bis dahin sei noch ein weiter Weg, betont Marcus Kuhlmann, Geschäftsführer des BFB. Die Vorarbeiten zum DQR seien zwar zu einem guten Ende gebracht worden, bei der praktischen Umsetzung hake der Prozess aber jetzt. Seit der Zuordnung der Berufsfelder im Januar 2012 sei de facto nicht viel passiert. So seien viele Fragen rund um die Ausweisung der DQR-Niveaus auf den Abschlusszeugnissen und deren rechtliche Konsequenzen noch nicht geklärt. Hier erhoffe man sich künftig auch mehr Unterstützung vom Bundesbildungsministerium. Auch über die Zuordnung der dualen beruflichen Aufstiegsfortbildung sei noch keine Einigkeit insbesondere mit der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) erzielt worden. Demzufolge sei der Zeitplan zur Umsetzung noch völlig offen. Aus Sicht der Kammern ergibt sich also derzeit kein Handlungsbedarf.

pr

Info

Einstufung: Welche Berufe stehen wo?

Die Spitzenvertreter von Bund, Ländern und Sozialpartnern hatten sich im Januar 2012 auf einen Kompromiss bei der Ein-stufung der Berufe in den Deutschen Qualifikationsrahmen geeinigt. Danach sollen die allgemeinbildenden Schulabschlüsse (Abitur) zunächst nicht dem Rahmen zugeordnet werden. Der Punkt war im Vorfeld heftig umstritten.

Auf den DQR-Niveaus 1 und 2 wird die Berufsausbildungsvorbereitung angesiedelt, auf Niveau 3 die zweijährige berufliche Erstausbildung und auf Niveau 4 die drei- und dreieinhalbjährige berufliche Erstausbildung. Auf Stufe 5 sollen Fortbildungen, die vergleichbar sind mit dem IT-Spezialisten, verortet werden. Niveau 6 erreichen der Bachelor, der Meister, der Fachwirt und die Fachschulabschlüsse wie Techniker. Stufe 7 werden der Master und der Strategische Professional (IT) zugeordnet, Stufe 8 die Promotion.

Für den zahnärztlichen Bereich bedeutet die Einordnung: Die ZFA steht auf Niveau 4, ZMF und ZMP auf Niveau 5 und die DH der Kammern auf Niveau 6.

Problematisch ist die Einordnung der berufsbegleitenden dualen beruflichen Aufstiegsfortbildung (etwa IHK-Betriebswirte und Handwerksmeister). Das Handwerk hatte sich in den Verhandlungen immer wieder dafür stark gemacht, dass diese auf einer Stufe mit den Diplom-Betriebswirten oder Masterabschlüssen auf Stufe 7 verortet werden soll. Das wird von der Hochschulrektorenkonferenz kritisch gesehen. Weitere Gespräche dazu sind für den Februar avisiert, eine Einigung steht noch aus.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.