Sprachkenntnisse und Berufsausübung

Der Ruf nach klaren Regeln

Immer mehr Mediziner aus dem Ausland kommen nach Deutschland, kümmern sich um Patienten und füllen drängende Versorgungslücken. Ihr Fachwissen ist gut, doch die Deutschkenntnisse reichen oft nur für ein normales Alltagsgespräch. Das medizinische Umfeld verlangt aber nach mehr. Das haben jetzt auch die Gesundheitsminister der Länder erkannt und fordern einheitliche Regeln. Auch der zahnärztliche Bereich ist angesprochen.

Oft mangelt es Bewerbern für eine Approbation in Deutschland an ausreichenden Sprachkenntnissen, um mit Patienten und Kollegen reibungslos kommunizieren zu können. Das kann zu Fehlern und Missverständnissen führen, beispielsweise dazu, dass Fachbegriffe verwechselt werden oder dass Arztbriefe so unspezifisch ausfallen, dass weiterbehandelnde Kollegen damit nichts anfangen können.

Die Ärzteschaft hatte bereits im Mai auf dem Deutschen Ärztetag einheitliche Vorgaben für Sprachtests gefordert. Da sich in jüngster Zeit Meldungen über Kommunikationsprobleme häufen, sah auch die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) Ende Juni in Potsdam Handlungsbedarf. Künftig soll es bundeseinheitliche Kriterien für Sprachprüfungen geben. Die GMK hält aus Gründen des Patientenschutzes ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache für unerlässlich, und zwar nicht nur für eine gute Kommunikation zwischen Patienten und Ärzten, sondern auch im Interesse der Zusammenarbeit der Heilberufler untereinander.

Dazu fiel in Potsdam folgender Beschluss: In Deutschland müssten in verkammerten akademischen Heilberufen tätige Personen sowohl über ausreichend Kenntnisse der deutschen Umgangssprache als auch der medizinischen Fachsprache verfügen. Dies sollte bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nachgewiesen werden. Auch sollen nach dem Willen der GMK zur Gewährleistung eines weitestgehend einheitlichen Überprüfungsverfahrens der Sprachkenntnisse in den Ländern Eckpunkte entwickelt werden. Damit sind die obersten Landesgesundheitsbehörden jetzt beauftragt. Bis zur nächsten GMK-Konferenz in einem Jahr sollen diese vorliegen, wobei bereits gesammelte Erfahrungen aus einzelnen Ländern berücksichtigt werden sollen.

Die GMK-Vereinbarung gilt für akademische Heilberufe, also neben Ärzten auch für Zahnärzte, Apotheker und Psychotherapeuten. Der Pflegebereich ist nicht tangiert.

Vorreiterrolle in Rheinland-Pfalz

Was die Sprachprüfungen bei Ärzten angeht, sind diese in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt. Einige Bundesländer verlangen ein Goethe-Zertifikat, andere erkennen Nachweise von Sprachschulen im In- und Ausland an, anderen wiederum genügt ein Gespräch zwischen dem Arzt und einem Behördenmitarbeiter.

Eine Vorreiterrolle nimmt in diesem Zusammenhang Rheinland-Pfalz ein. Hohe Durchfallquoten von Bewerbern im Land führten dazu, dass ein eigenes Modell entwickelt wurde, die sogenannte Kollegialprüfung. Dahinter verbirgt sich ein Konzept aus der Praxis für die Praxis, wer durchfällt, bekommt keine Berufserlaubnis oder Approbation. Die Lösung wurde gemeinsam mit dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung und den Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Apotheker erarbeitet.

Neu ist: Die Sprachprüfung wird der Erteilung der ärztlichen Berufserlaubnis oder Approbation vorgeschaltet. Sie wird von zwei von der Ärztekammer bestellten Ärzten abgenommen. Sie besteht aus einem 20-minütigen simulierten Arzt-Patienten-Gespräch. Der ärztliche Prüfer gibt vor, Patient zu sein und schildert seine Symptome. Der Bewerber muss eine Anamnese erheben, den Patienten aufklären und ihm die weiterführende Behandlung erläutern. Danach muss er in weiteren 20 Minuten einen Arztbrief für die Weiterbehandlung formulieren.

Die bisherigen Erfahrungen in Rheinland-Pfalz haben gezeigt, dass auch Inhaber eines Sprachdiploms der Stufe B2 beziehungsweise C1 des Gemeinsamen europäische Referenzrahmens für Sprachen (GER) nicht in der Lage sind, ausreichend mit einem Patienten zu kommunizieren, und durch die Kollegialprüfung durchgefallen sind. So haben zwischen August 2012 und März 2013 56 Kandidaten aus EU-Ländern und 59 Kandidaten aus Nicht-EU-Ländern an der Deutschprüfung teilgenommen. Bestanden haben 70, nicht bestanden haben 31, der Rest hat abgesagt oder ist nicht erschienen.

Auch für Zahnärzte relevant

Auch in der Zahnärzteschaft ist das Thema Sprachkenntnis von ausländischen zahnärztlichen Bewerbern ein schwieriges Terrain. Zwar gibt es in Deutschland noch keinen Zahnärztemangel, deshalb müssen auch keine Lücken durch ausländische Kollegen aufgefüllt werden. Dennoch werden auch hier, was die Kommunikationskompetenzen von zahnärztlichen Bewerbern aus dem Ausland angeht, ähnliche Entwicklungen beobachtet wie bei den Ärzten. Leider, so heißt es bei der Bundeszahnärztekammer, liegen aufgrund der Länderzuständigkeit zentral keine Zahlen vor, wie viele Sprachprüfungen von ausländischen Zahnärzten tatsächlich absolviert werden. Zu rechnen ist damit, dass die Zahl der Bewerber künftig steigen wird.

Dr. Frank Dreihaupt, Präsident der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt und im Vorstand der BZÄK zuständig für das Thema Gleichwertigkeitsprüfungen, sieht die Zahnärztekammern bei der Anerkennung der Berufstätigkeit ausländischer Bewerber gut aufgestellt. Die Sprachprüfungen in den Ländern seien unterschiedlich geregelt. Bei manchen seien sie Teil der Kenntnisprüfung, bei anderen nicht. „Die Politik soll absegnen, was in den Ländern passiert“, fordert er. Sprachprüfungen seien ein wichtiges Element, um eine qualitativ hochwertige zahnmedizinische Versorgung sicherzustellen. Das Modell in Rheinland-Pfalz könne auch für andere Kammerbereiche interessant sein.

Das Verfahren des simulierten Gesprächs, das für die Ärzte gilt, werde im Land auch bei den Zahnärzten angewendet, berichtet der Präsident der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz, San.Rat Dr. Michael Rumpf. Die Kammer habe sich in diesem Bereich sehr stark engagiert. Fachbezogene Sprachkenntnisse der Bewerber seien äußerst wichtig, denn es gehe sowohl um Patientenschutz wie auch um haftungsrechtliche Fragen.

RA Felix Schütz, Hauptgeschäftsführer der Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz, schildert gegenüber den zm das Procedere der zahnärztlichen Sprachprüfungen. Die Prüfung bestehe aus drei Teilen und werde von zwei Zahnärzten abgehalten. Im ersten Teil werde eine Anamnese (zum Beispiel anhand eines Röntgenbildes) vorgenommen, wobei der Prüfling sich zu den vorgelegten Krankheitsbildern äußert. In Teil zwei schlüpfe der Prüfer in die Rolle des Patienten und der Prüfling erläutere ihm den Handlungsbedarf und geeignete Therapiealternativen.

In Teil drei folge das Kollegengespräch mit gezielten Nachfragen. Wenn dies nicht ausreicht, erfolge eine schriftliche Abfrage von bis zu zehn ausgewählten Fachbegriffen. Schütz berichtet von rund zwei Kandidaten zu einer Prüfung im Monat, im Jahr komme man auf rund 20 bis 30 Kandidaten.

Sprache als Teil der Gleichwertigkeitsprüfung

Die Überprüfung der Sprachkenntnisse eines ausländischen Bewerbers ist Teil der zahnärztlichen Gleichwertigkeitsprüfung. Nach § 2 Absatz 1 des Zahnheilkundegesetzes ist die Approbation nur dann zu erteilen, wenn der Antragsteller unter anderem nach einem mindestens fünfjährigen Studium der Zahnheilkunde an einer wissenschaftlichen Hochschule die Prüfung dort bestanden hat und über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Eine Ausbildung in EU-Staaten wird der deutschen Ausbildung als gleichwertig angesehen. Bei Kandidaten aus Drittstaaten wird die Approbation nur dann erteilt, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstands gegeben ist. Der Nachweis erfolgt durch eine Prüfung, die sich auf den Inhalt der staatlichen Abschlussprüfung bezieht.

Die Gleichwertigkeitsprüfung wird über-wiegend durch die Landeszahnärztekammern im Auftrag der Approbationsbehörde durchgeführt. Dabei wird auch abgeprüft, ob der Kandidat die für die zahnärztliche Tätigkeit notwendigen Sprachkenntnisse besitzt. Ansprechpartner zum Ablauf der Prüfungen sind die Kammern, zu Approbationsfragen geben die zuständigen Behörden Auskunft.

Info

Ärzte und Zahnärzte aus dem Ausland

Die Bundesärztekammer verbucht ein Plus an Zuwanderungen ausländischer Ärzte in Deutschland (siehe DÄB 27-28 vom 8.7.2013, S. 1347). Den Angaben zufolge waren im Jahr 2012 insgesamt 32 548 ausländische Ärzte hier gemeldet, das sind 14,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im Vergleich zu rund 16 000 ausländischen Ärzten in 2002 hat sich die Zahl fast verdoppelt. Die meisten, die 2012 eingewandert waren, stammen aus Rumänien, Griechenland, Ungarn, Bulgarien und Syrien. Im selben Jahr sind 2 241 Ärzte abgewandert, davon waren 67 Prozent deutscher Herkunft. Insgesamt gibt es derzeit rund 349 000 Ärzte in Deutschland.

Zum 31.12.2012 waren laut Angaben der BZÄK-Statistik in Deutschland (ohne Schleswig-Holstein) 1 663 nicht-deutsche EU-Bürger und 1 001 Nicht-EU-Bürger zahnärztlich tätig. Zum Vergleich: Zum 31.12.2012 waren 69 236 Personen in Deutschland zahnärztlich tätig (ohne Schleswig-Holstein wären es 66 875). Die Angaben sind vorläufig.

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