Tag der Zahngesundheit 2014

Vermitteln statt anklagen

In diesem Jahr widmet sich der 25. September speziell jenen, die nicht das Glück haben, in einer gesundheitsbewussten Familie groß zu werden. Das Motto „Gesund beginnt im Mund – ein Herz für Zähne!“ weist darauf hin, dass in Sachen Mundgesundheit schon viel erreicht ist – dieser Erfolg aber an einer Gruppe ohne starke Lobby zu oft vorbeigeht: an vielen deutschen Kindern.

Bei der zentralen Pressekonferenz wies Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), in Berlin zunächst auf erfreuliche Entwicklungen bei der Mundgesundheit hin: „Deutschland befindet sich beim Kariesrückgang vor allem bei Kindern und Jugendlichen im internationalen Spitzenfeld.“ Eindeutig belegt sei die Polarisierung der Karies. Oesterreich: „Altersgruppenabhängig kann davon ausgegangen werden, dass 60 bis 80 Prozent aller kariösen Zähne auf eine Gruppe von 10 bis 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen entfallen.“ Dies sei ein Signal dafür, dass es diesen Kindern an „Fürsorge im Sinne des Vorsorge-Gedankens“ mangelt und das nötige Wissen über Vorsorgemöglichkeiten in diesen Familien nicht vorhanden ist. Allein durch zahnärztliche Konzepte ließen sich die Probleme nicht lösen, sondern nur gesamtgesellschaftlich. „Die frühkindliche Karies an den Milchzähnen bei Kleinkindern bis zum dritten Lebensjahr hat im Unterschied zur Karies an den bleibenden Zähnen in den letzten Jahren an Häufigkeit zugenommen, man geht von einer Verbreitung zwischen 7 und 20 Prozent aus. Die Betreuung allein durch den Kinderarzt in den ersten drei Lebensjahren reicht offensichtlich nicht aus, um das Krankheitsrisiko zu senken“, so Oesterreich. Nicht zuletzt mit dem Versorgungskonzept „Frühkindliche Karies vermeiden“ haben BZÄK, KZBV, der Bundesverband der Kinderzahnärzte und der Deutsche Hebammenverband ein Netzwerk geschaffen – mit dem Ziel, gesetzliche Rahmenbedingungen für einen Zahnarztbesuch ab dem ersten Lebensjahr zu schaffen.

Nuckelflaschenkaries ist nach wie vor verbreitet

Warum Fürsorge für Milchzähne so wichtig ist, machte Dr. Reinhard Schilke, Oberarzt am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover, deutlich. Trotz langjähriger Aufklärungsmaßnahmen nicht nur der Zahnärzteschaft zu Entstehung und Verhinderung von Nuckelflaschenkaries sei diese nach wie vor weit verbreitet. So habe eine Studie in Hamburg ergeben, dass bereits 15 Prozent der ein- bis zweijährigen Kinder Karies aufwiesen. Davon zeigten 80 Prozent die typische Verteilung, die bei einer solchen Karies auftritt. Viele Eltern wüssten weder, welche Rolle die Milchzähne für die physiologische und auch für die neuromotorische Entwicklung spielen, noch, welche Folgen Entzündungen an den Milchzähnen für die gesunde Entwicklung von Körper und Seele haben. Und Kinder, die schon an Milchzahnkaries leiden, entwickeln dann auch mehr Karies an den bleibenden Zähnen. Wenn Milchzahn-Schäden und damit eine Vernachlässigung der Kindergesundheit auf Nichtwissen der Eltern zurückgeht, berge dies Potenzial, den Familien durch entsprechende Beratung zu helfen. Schwieriger sei die Situation bei Kindern, die beispielsweise aus Gründen der Überforderung ihrer Familie vernachlässigt oder gar misshandelt würden. Gefährdet sind Studien zufolge insbesondere Kinder bis zum ersten Geburtstag. Der Zahnärzteschaft gehe es nicht um eine Anklage dieser Eltern, sondern um die Entwicklung starker Netzwerke, die Hilfsangebote bündeln. „Wir haben ein Herz für Zähne“, sagte Dr. Schilke, „und wünschen uns Eltern, die wir für die Gesundheit ihres Kinds begeistern können!“

Auf andere Gruppen in der Gesellschaft, die ebenfalls der Fürsorge rund um ihre Mundgesundheit bedürfen, wies Manuela Schäfer vom GKV-Spitzenverband hin: „Das diesjährige Motto lässt sich insbesondere auch auf die Gruppe der Pflegebedürftigen sowie Menschen mit Behinderungen und eingeschränkter Alltagskompetenz übertragen.“ Deren Anzahl nehme aufgrund des demografischen Wandels kontinuierlich zu, pflegebedürftige oder spezifisch behinderte Menschen könnten aber oftmals nicht mehr in die Zahnarztpraxis kommen. „Dadurch ist ihr Mundgesundheitszustand im Schnitt schlechter als der der Allgemeinbevölkerung.“ Hier habe man bereits Schritte zu einer Verbesserung der Versorgungssituation unternommen: Durch die Aufnahme erneuter Leistungen profitierten pflegebedürftige Menschen von einer aufsuchenden Behandlung durch Zahnärzte.

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