Zahnärzte und Fortbildung

Zertifikate für die Heldenwand

Vor zehn Jahren erließ der Gesetzgeber die sogenannte Zwangsfortbildung. Ob sich das Instrument bewährt hat, wie die Zahnärzteschaft die Qualität der Angebote sicherstellt und warum Schummeln keinen Sinn macht, erläutert Prof. Christoph Benz, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, im Interview.

1. Hat sich die vom Gesetzgeber eingeführte Pflicht zur Fortbildung in der Zahnmedizin bewährt?

Bei Zwang entsteht schnell ein negatives Gefühl, andererseits verstehen wir natürlich auch die Öffentlichkeit. Wer schaute nicht sparsam, wenn der Hausarzt sagen würde: „Als ich damals studiert habe, hab’ ich noch keine Therapie für Ihr Krankheitsbild gelernt.“

In der Zahnmedizin besteht der Vorteil, dass wir uns schon immer gerne fortgebildet haben und dabei auch weniger an Schnittchen als daran interessiert waren, wirklich was Neues zu lernen. Jetzt kommt leider die Dokumentations-Bürokratie dazu. Andererseits erlebe ich aber immer öfter, dass Kolleginnen und Kollegen, wenn sie sich schon mit dem Thema beschäftigen müssen, dann auch das eine oder andere Zertifikat an die „Heldenwand“ in ihrer Praxis hängen. Damit erreichen wir die Öffentlichkeit direkt und machen die beste Werbung für unseren Qualitätsanspruch.

2. Die Zahnärzte können sich bei der Kammer, bei einem Fachverband oder auch bei kommerziellen Anbietern fortbilden. Kritiker sprechen von Wildwuchs. Wie bewerten Sie die Fortbildungslandschaft in Deutschland im Bereich Zahnmedizin?

Wildwuchs klingt negativ, mir gefällt Vielfalt besser. Wildwuchs suggeriert schlechte Qualität, die sich schon allein die Kolleginnen und Kollegen nicht bieten lassen würden. Darüber hinaus wären solche Veranstaltungen nach den Leitsätzen der Bundeszahnärztekammer, der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung zur zahnärztlichen Fortbildung auch gar nicht genehmigungsfähig.

Dass wir hier die richtigen Hürden aufgebaut haben, zeigt sich an den vielen Anfragen, die uns von Veranstaltern erreichen. Vielfalt bedeutet dann, dass es Golf- und Mercedes-Fortbildungen gibt. Hier kann jeder selbst entscheiden, wo die eigenen Ansprüche liegen.

3. Was tut die Zahnärzteschaft, um auf diesem breit aufgestellten Markt die Qualität der Curricula sicherzustellen?

Die Leitsätze von BZÄK, DGZMK und KZBV sowie die Vorgaben zur Vergabe der Fortbildungspunkte in Verbindung mit der Antragsprüfung bei den Länder-KZVen sind ein wichtiger Garant unserer Qualitätsziele.

Der Veranstalter muss unterschreiben, dass die Leitsätze berücksichtigt wurden und da wird dann zum Beispiel „nachhaltige Erfahrung“ der Referenten und ihre „wissenschaftliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit und Neutralität“ gefordert. Wenn Kolleginnen und Kollegen hier Verstöße erleben, sollten sie diese bei den Genehmigungsgremien der Länderkammern oder KZVen benennen. Mit ihren Akademien sind die Kammern selbst am Fortbildungsmarkt stark vertreten. Damit können wir die Konkurrenz mit guten Angeboten zu vernünftigen Preisen auch indirekt positiv beeinflussen.

4. Vier Tage auf der Aida, tagsüber Sonnenbaden an Deck, abends eine Fortbildung mit Dinner und Cocktails – und alles für lau, denn zahlen tut die Industrie. In der Medizin sind solche Veranstaltungen gang und gäbe. In der Zahnmedizin auch?

Würde ein deutscher Veranstalter solch eine Veranstaltung genehmigen lassen wollen, hätte er weder bei den allgemeinmedizinischen Kollegen noch bei uns eine Chance. Handelt es sich um einen ausländischen Veranstalter, muss der Teilnehmer selbst den Nachweis führen, dass die Leitsätze der Bundesärzte- beziehungsweise der Bundeszahnärztekammer eingehalten wurden. Mit den heutigen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation macht Schummeln wenig Sinn. Da gibt man dann schnell mal den „Fortbildungs-Hoeneß“.

Was ich aber strikt ablehne, sind irgendwelche elektronischen Anwesenheitskontrollen im Hörsaal. Damit würde sich ein Misstrauen ausdrücken, dass unsere Kolleginnen und Kollegen nicht mal im Ansatz verdient hätten.

5. Gibt es auch entsprechende qualitäts- sichernde Maßnahmen im Fortbildungsbereich für die Zahnmedizinischen Fachangestellten?

Auch wenn für ZFAs keine Fortbildungspflicht besteht, ist das Interesse dennoch groß. Wer für eine Aufstiegsfortbildung ein Kammerzertifikat will, muss eine Veranstaltung besuchen, die sich an den Musterfortbildungsordnungen der Bundeszahnärztekammern orientiert und die mit einer Kammerprüfung abschließt.

Externe Anbieter haben keine Chance am Markt, wenn sie sich nicht anstrengen. Die ZFAs sind hier sehr kritisch, weil sie darauf schließlich ihren beruflichen Erfolg aufbauen wollen. Eine solche Konkurrenz ist dann aber auch gut, weil sie Monopole vermeiden hilft. Bei kleineren Fortbildungen außerhalb des Aufstiegsbereichs wäre ich nicht so kritisch. Hier muss die Chefin oder der Chef selbst verantworten, was in der Praxis umgesetzt werden soll und im besten Fall natürlich Veranstaltungen der Kammerakademien empfehlen.

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