Bankbeziehung

Das Team kennenlernen

Stellvertreter werden bei geschäftlichen Angelegenheiten häufig als „zweite Wahl“ wahrgenommen. Wohin dies in Bankangelegenheiten führen kann, zeigt der folgende Praxisfall.

Viel Arbeit, wenig Zeit: Diese knappe und griffige Formel beschreibt wie bei vielen seiner Kollegen das Berufsleben von Zahnarzt Jörg G. Durch sein hohes persönliches Engagement in der Zusammenarbeit mit seinen Patienten bleibt G. so gut wie keine Zeit, sich auch um seine anderen, ebenfalls wichtigen Geschäftspartner zu kümmern. So hat er es zum Beispiel immer wieder abgelehnt, den Stellvertreter des für ihn zuständigen Bankmitarbeiters seiner Hausbank kennenzulernen. Trotz wiederholter Versuche seines Kundenberaters, ein persönliches Gespräch zu dritt zu initiieren, kam es bisher nicht zu einem solchen Treffen.

G. entschuldigte sich zwar offiziell immer wieder mit dem Hinweis auf seine berufliche Belastung, tatsächlich hielt er ein solches Gespräch aber nicht für erforderlich, da er sich bei seinem unmittelbaren Ansprechpartner in der Bank gut betreut fühlte. Auch die mehrfachen Hinweise seines Steuerberaters, dass ein solches Gespräch vor allem zur persönlichen Kontaktaufnahme wichtig sei, überzeugten G. nicht. Im Gegenteil: Bei eventuellen Problemen, so zeigte er sich bisher überzeugt, „wird sich in der Bank schon jemand finden, der mir hilft“.

Da G. also keinen Wert auf ein Kennenlernen legt, sein Kundenberater diesbezüglich mittlerweile resigniert hat und der „zweite Mann“ unter Berücksichtigung dieser Fakten nachvollziehbar ebenfalls keine Versuche zu einem Gespräch unternimmt, liegt die Gesamtverantwortung der Bankverbindung nach wie vor ausschließlich beim erwähnten Kundenberater.

Weitreichende Folgen

Diese Situation hätte nun bei G. fast zu einer mittleren Katastrophe geführt. Zum Sachverhalt: Während einer berufsbedingten Abwesenheit von G. erhielt sein Steuerberater einen dringenden Anruf einer Bankmitarbeiterin. Diese bat um sofortigen Kontoausgleich des Praxiskontos von G., da „ansonsten eine vorliegende Lastschrift über fast zweitausend Euro nicht eingelöst werden kann“. Zum Hintergrund: Da sich der für G. zuständige Kundenberater zurzeit im Urlaub befindet, wendet sich die Bankmitarbeiterin, die G. gar nicht kennt, an dessen Steuerberater. Die Rufnummer erhielt sie aus den Kreditunterlagen von G. Sie bat nun im Gespräch mit dem Steuerberater ausdrücklich um Verständnis für ihre Position, bei der sie aufgrund der bankinternen Anweisungen „keinerlei Handlungsspielraum“ besitzt. Da zu allem Übel G. auch von seinem Steuerberater nicht zu erreichen war, drohte die Lastschrift tatsächlich zu „platzen“ und nicht eingelöst zu werden.

Wäre es soweit gekommen, hätte dies erhebliche Folgen für G. haben können: Beim Einreicher der Lastschrift handelte es sich nämlich um den Hauptlieferanten seiner Praxisausstattung, der mit G. zwar viele Jahre zusammenarbeitet, ihm dennoch aber nicht zwingend freundschaftlich verbunden ist. Eine nicht eingelöste Lastschrift hätte also, davon kann durchaus ausgegangen werden, zu erheblichen negativen Folgen für die Geschäftsverbindung geführt. Die Situation wurde letztlich vom Steuerberater gerettet: Dieser stellte G. den erforderlichen Betrag durch eine Umbuchung von einem weiteren Konto von G. bei einer anderen Bank, bei dem er als Steuerberater eine Vollmacht besitzt, zur Verfügung, so dass die Lastschrift ordnungsgemäß eingelöst werden konnte.

Überraschende Erkenntnis

Nach seiner Rückkehr war G. natürlich mehr als überrascht, da er nach seinem Selbstverständnis und nach seiner Überzeugung davon ausging, dass ein solcher Vorgang völlig unmöglich ist und seine Bank „doch wohl für eine angemessene Urlaubsvertretung eines verantwortlichen und vor allem entscheidungskompetenten Mitarbeiters sorgen muss“.

Hier unterliegt G. allerdings einer Fehleinschätzung: Die Bank hat den internen Übergang im Urlaubsfall eines Mitarbeiters durchaus klar geregelt, indem sie die erwähnte Kundenberaterin mit der Überwachung der Kontoführung von G. beauftragte. Weitergehende Kompetenzen und Entscheidungsfreiräume waren mit dieser Überwachung aber offenbar nicht verbunden. Mehr noch: Die Kundenberaterin hätte den Steuerberater noch nicht einmal anrufen müssen und die Einlösung der Lastschrift auch ohne diese Kontaktaufnahme sofort verweigern können. Es spricht vielmehr für die Bankmitarbeiterin, dass sie, vermutlich aufgrund der langjährigen Geschäftsverbindung ihres Arbeitgebers zu G., diesen letztlich erfolgreichen Versuch zur Lösung des Problems überhaupt unternahm.

Kontodeckung beachten

Die Haltung von Kreditinstituten ist in diesem Punkt durchaus nachvollziehbar: Grundsätzlich ist natürlich der Kunde für die tagesaktuellen Finanzdispositionen auf seinen Praxis- und Privatkonten selbst verantwortlich. Wenn zu erwarten ist, dass Lastschriften vorgelegt werden, muss also entweder für Kontodeckung oder für einen ausreichenden Kreditrahmen gesorgt werden. Selbstverständlich, und dies ist ebenso unbestritten, kann er vom jeweiligen Bankmitarbeiter bei der Disposition unterstützt werden. Dies war bei G. bisher der Fall: Sein Kundenberater, aber eben nur er, ist in der Lage, auch sehr kurzfristig vorübergehende Krediterhöhungen zu genehmigen. Befindet sich dieser aber wie erwähnt vorübergehend nicht in der Bank und gibt es keinen offiziellen Stellvertreter mit vergleichbaren Kompetenzen, kann genau das passieren, was bei G. beinahe nicht nur zu einem kleinen Problem geführt hätte. Immerhin ist dessen Einsicht zu einem kurzfristig zu vereinbarenden „Vierergespräch“ zwischen seinem Kundenberater, dessen offiziellem Stellvertreter, dem Steuerberater von G. und ihm selbst (endlich) gewachsen.

Michael VetterFachjournalist für Wirtschaftvetter-finanz@t-online.de

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