Leitartikel

Sorge um die Versorgung

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die ärztliche Versorgung der Zukunft ist eines der drängenden Probleme auf der Agenda dieser Legislaturperiode. Denn was passiert angesichts des Ärztemangels vor allem im ländlichen Raum, wenn wichtige Teile der Daseinsvorsorge nicht mehr gewährleistet sind? Die Lösungsansätze der Politik sind da deutlich: Delegation und Substitution sind die Zauberworte. Im Koalitionsvertrag von 2013 hatte sich die neu gewählte Regierung auf die Fahne geschrieben, sich zu kümmern.

Änderungen bei der Delegation von ärztlichen Leistungen werden dort als ein Mittel der Wahl angedacht. Dabei will man auf den Einsatz von qualifizierten nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen, die delegierte ärztliche Leistungen erbringen, zurückgreifen. Die KBV und der GKV-Spitzenverband haben bereits reagiert und dazu aus ihrer Sicht im vergangenen Herbst eine Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung getroffen.

Neue Modelle für die Versorgung und eine Neuausrichtung von Rahmenbedingungen und Strukturen im Gesundheitswesen fordert auch die Gesundheitsministerkonferenz. Auf ihrer Tagung kürzlich in Hamburg sprach sie sich für ein stärkeres Engagement von Kliniken in der ambulanten Versorgung oder auch mehr Delegation als denkbare Lösungsansätze aus.

Aus Kreisen der CDU/CSU-Fraktion wird jetzt gefordert, dass bei all diesen Maßnahmen der Patient im Mittelpunkt stehen soll. Gut und schön, doch was versteht die Fraktion darunter konkret? Man will den regionalen Partnern der Selbstverwaltung so viel Gestaltungsspielraum wie möglich lassen, heißt es. Zur Stärkung der Ärzteschaft will man die Delegation und Substitution ärztlicher Leistungen ausbauen. Gut ausgebildete medizinische Fachkräfte könnten bestimmte Tätigkeiten übernehmen und damit den Arzt entlasten, so die Idee. Bei entsprechender Vorbereitung sollten Leistungen auch substituiert werden, das bedeute, dass die komplette, eigenverantwortliche Übernahme von Leistungen mit entsprechender selbstständiger Ausgestaltung möglich sein soll.

Aus Sicht der Zahnärzteschaft sind diese Tendenzen hin zur Substitution von Leistungen mehr als bedenklich. Wie soll da künftig die hochstehende Qualität der Versorgung noch gewährleistet sein? Und was ist mit der Klärung von ureigenen ärztlichen Verantwortlichkeiten und Haftungsfragen? Steht da wirklich der Patient noch im Mittelpunkt? Im zahnärztlichen Bereich sind die Grenzen und Verantwortlichkeiten des Zahnarztes durch den BZÄK-Delegationsrahmen jedenfalls eindeutig gezogen. Delegation ja – Substitution nein. Das ist eine klare Aussage im Sinne des Patientenschutzes. Und ist zudem auch haftungsrechtlich sauber, denn wenn nicht-zahnärztliches Praxispersonal eine Leistung ohne zahnärztliche Weisung erbringen würde, läge die haftungsrechtliche Verantwortung voll und ganz dort.

Noch eines kommt hinzu: Einerseits gibt es von Regierungsseite immer mehr Vorgaben hinein in die Ärzte- und Zahnärzteschaft, den Patienten- und Verbraucherschutz zu stärken. Auf der anderen Seite verwässern die geplanten Maßnahmen zur Substitution just dieses Postulat. Das passt irgendwie nicht zusammen.

Kritisch sind deshalb auch die Entwicklungen im Saarland zu beobachten. Die Schließung der Zahnmedizin in Homburg steht wohl nicht mehr auf der Kippe, und das ist gut so.

Mit einem neuen sechssemestrigen Bachelor-Studiengang Dentalhygiene will man auf die nötige Anzahl von Studierenden kommen, die erforderlich ist, um das Fach nicht zu schließen. Und durch die Möglichkeit, zu diesem Zweck neue Assistenten einzustellen, wäre auch die Betreuung gewährleistet. Hier heißt es, wachsam zu sein und die Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen. Sobald sich die Grenzen zwischen zahnärztlicher und nicht-zahnärztlicher Tätigkeit vermischen und eine Art „Zahnarzt light“ ausgebildet werden soll, müssen wir die Reißleine ziehen.

Besorgniserregend ist auch, dass bei dem Modell Homburg/Saar offensichtlich mit dem Bachelor DH die zahnmedizinische Ausbildung finanziert werden soll (!) und der Aspekt einer qualitativen Patientenversorgung nicht unbedingt im Vordergrund zu stehen scheint.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Peter EngelPräsident der Bundeszahnärztekammer

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