Leitartikel

Qualität und Vernunft

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Qualität in aller Munde, Qualität an allen Orten – Qualität überall! Was über Jahrzehnte ein ureigenes (Gestaltungs-)Feld des Berufsstands war, hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Wandlung (und Wendung?) genommen. Was jahrelang eine unbestrittene Gestaltungsdomäne der BZÄK und der Kammern war – schließlich wollen wir ja bewusst nicht zwischen zahnärztlicher und vertragszahnärztlicher Qualität unterscheiden – wurde mittlerweile zunehmend von Externen, zumeist Berufsfremden, in hohem Maße gekapert.

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Qualität

Gesundheitsökonomen entdeckten die Qualität als vermeintliche Möglichkeit, Kosten im System senken zu können, externe Wissenschaftler verquirlten Evidenz und Qualität zu einer neuen Güte-Philosophie und die Politik sah und sieht die populistisch auswalzbare Fürsorge für die Wählerschaft.

Als erstes übertrug sie dem Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA), dem höchsten Lenkungsorgan im System der gesetzlichen Krankenversicherung, per Gesetz die Ausgestaltung von Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement, wozu sie ja zuvor die Krankenhäuser und uns Ärzte und Zahnärzte verpflichtet hatte. Nun bestimmen die Trägerorganisationen des G-BA (Deutsche Krankenhausgesellschaft, KBV, KZBV, Spitzenverband der Krankenkassen) sowie die Patientenvertreter, wo es langgeht. Bundesärztekammer und BZÄK konnten gerade noch Mitberatungsrechte sichern.

Jetzt das Institut für Qualität – ein Tausendsassa aus dem Koalitionsvertrag, der die Fürsorge für den Wähler suggerieren soll! Jetzt eine weitere Bürokratisierung der Qualität? Schlimm: Die Politik will mit ihm aktiv in die Regelungen und Reglementierungen zur Qualität im Gesundheitswesen eingreifen und im System steuern.

Es liegt aber nach wie vor an uns – uns Ärzten und Zahnärzten – zu prägen und zu leben, was Qualitätssicherung und -management in der gesundheitlichen Versorgung unserer Patienten leisten können. Außenstehende „interessierte Kreise“ vermitteln mancherorts den Eindruck, dass die Zahnärzteschaft sich dem Thema Qualität verweigert, hinter den Bemühungen von Ärzten und Krankenhäusern hinterherhinkt und überhaupt zu defensiv reagiert. Richtig ist jedoch, dass wir seit Jahren eine eigenständige Qualitätskultur entwickelt haben mit anerkannten Alleinstellungsmerkmalen (zum Beispiel das Gutachterwesen). Nicht alles, was in der stationären und in der ambulant-ärztlichen Versorgung auf dem Qualitätssektor läuft, passt bei uns. Selbstkritisch muss der Berufsstand vielleicht feststellen, in der Vergangenheit unser Bekenntnis zur Qualität nicht deutlich genug markiert zu haben. KZBV und BZÄK haben jetzt die Positionierung des Berufsstands aus 2004 zur Förderung der Qualität neu formuliert. Die „Agenda Qualitätsförderung“ berücksichtigt den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und positioniert sich zu Qualitätsinstrumenten, die als Steuerungselemente diskutiert werden. Mit den daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen bringt sie sich auch in die gesellschaftspolitische Diskussion zum Thema ein. Wer diese Agenda Q als das Glaubensbekenntnis der Zahnärzteschaft in Sachen Qualität begreift, das den Berufsstand leitet, liegt richtig. Hier werden Qualität und Vernunft zusammengeführt.

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Studie

In einer Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ), die in Kürze veröffentlicht wird, wurde unter anderem die Meinung der Kollegenschaft zum Qualitätsmanagement erfragt. Was ist denn das Allerwichtigste für den befragten Praktiker bei QM? Die Top 3 aus den Antworten waren eindeutig: zuerst die Patienten hinsichtlich Zufriedenheit, Wohlbefinden und vertrauensvollem Umgang. Dann die Qualität der Behandlung selbst, die einen langfristigen Therapieerfolg sichern soll. Und als drittes die Mitarbeiter in der Praxis, weil nur in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit ihnen die ersten beiden Ziele erreicht werden können. Doch auch der Wermutstropfen beim QM wurde erkannt: Ob junge oder alte Kolleginnen und Kollegen, ob QM-Skeptiker oder QM-Begeisterte – über 60 Prozent meinen, dass bürokratischer Aufwand und reglementierende Hemmnisse Gift sind für ein erfolgreich zu implementierendes QM in der Praxis. Sind die Praktiker vor Ort mal wieder weiter als die politisch geleiteten Theoretiker? Jedenfalls haben sie Qualität mit Vernunft verzahnt. Das ist der richtige Weg!

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzStellvertretender Vorsitzender der KZBV

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