Parodontale Regeneration

Zellen in 3-D

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Die Regeneration von Gewebestrukturen ist ein viel diskutiertes Thema. Embryologische Entwicklungsabläufe hingegen werden selten thematisiert und sind im Zahnmedizinstudium keines der beliebten Fächer. Der computeranimierte 3-D-Film „Kommunikation der Zellen – Die Parodontale Regeneration“ möchte Interesse für dieses spannende Thema wecken und zeigt die embryonale Entwicklung von Zähnen anhand der beteiligten Zellen, deren Einfluss auf Kieferorthopädie, Zahntraumata und Parodontitis sowie Abläufe der Reparatur und Regeneration. Die Visualisierung dieser komplexen Prozesse ist für die universitäre Lehre sowie für die Klinik und Praxis von großem Interesse, da die einzelnen zellulären Interaktionen im Kontext eines Phasenverlaufs gezeigt werden.

Die Parodontale Regeneration“ ist der dritte Film der Reihe „Kommunikation der Zellen“, er folgt den Filmen „Die Osseointegration“ (2010) und „Die Entzündliche Reaktion“ (2012). Dieser neue Film spannt den Bogen zwischen Embryologie und Regeneration. Das Verständnis embryologischer Entwicklungsabläufe erfordert ein hohes Maß an räumlichem Vorstellungsvermögen und bringt Textbücher oder Powerpoint-Präsentationen an ihre Grenzen. Die klassischen zweidimensionalen Darstellungen von Entwicklungen, wie zum Beispiel vom Kappen- oder Glockenstadium, ermöglichen zwar die Darstellung der beteiligten Zellen und Gewebearten, ein Verständnis von Wachstumsprozessen und plastischen Verformungen ist hingegen nur mittels eines dreidimensionalen Films realitätsnah zu vermitteln.

Der Film berücksichtigt dabei verschiedene Entwicklungen: Digitale Medien und Technologien dominieren zunehmend unseren beruflichen wie privaten Alltag. Auch die Zahnmedizin hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Beispiele sind die Integration digitaler Technologien in die radiologische Diagnostik und in spätere Operationsplanungen oder die Verwendung von Scannern zur digitalen Abformung und Herstellung von Zahnersatz. Und auch die Methoden der Wissensvermittlung ändern sich. Vor diesem Hintergrund ist es Ziel dieses Films, zeitgemäß die universitäre Lehre und Weiterbildung positiv zu beeinflussen.

Hier bieten sich Möglichkeiten, die klassische Frontalvorlesung oder das modernere Lernen in problemorientierten Gruppen (POL) durch die Integration von Filmen oder interaktiven Animationen zu bereichern. Komplexe physiologische Abläufe wie die Interaktion verschiedener Zellarten und deren Kommunikation über Botenstoffe sollen visualisiert werden. Um den Zusammenhang zum zahnärztlichen Behandlungsalltag herzustellen, erfolgt ein Wechsel zwischen der makroskopischen Bildebene des Behandlers, der mikroskopischen Bildebene von Zellen und der submikroskopischen Ebene von Botenstoffen. Im Rahmen dieses Films werden erstmals rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen realer Zellen in Form von sogenannten Steckbriefen eingeblendet. Dies ermöglicht den Vergleich realer Zellen mit der computeranimierten Simulation.

Storyboard

Die erste Phase „Zementbildung“:

In der ersten Phase des Films wird die embryolo- gische Zahnentwicklung visualisiert. Hierbei kommt es zunächst durch den Einfluss ektodermaler und ektomesenchymaler Gewebe

zur Ausbildung des koronalen Dentins durch

Odontoblasten und des Zahnschmelzes durch Ameloblasten (Abbildung 1). Da die Zahnkrone nach dem Durchbruch nicht mehr wachsen kann, ist sie zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig ausgebildet, was ihr ein relatives Alleinstellungsmerkmal im menschlichen Körper gibt. In der Folge bilden sich die Hertwigsche Epithelscheide mit der Zahnwurzel (Abbildung 2) und die Strukturen des Parodonts inklusive des Wurzelzements aus. Fibroblasten (Abbildung 3) bilden Kollagenfasern, die als Sharpeysche Fasern in das Zement sowie in den Alveolarknochen (Abbildung 4) inserieren. Man geht davon aus, dass Epithelzellen der Hertwigschen Epithelscheide Schmelzmatrixproteine synthetisieren, die die Ausbildung von Präzementoblasten (Abbildungen 5 und 6) auf der Wurzeloberfläche bewirken.

Die zweite Phase „Kieferorthopädische Zahnbewegungen“:

Die kieferorthopädische Bewegung (Abbildung 7) von Zähnen ist eine Herausforderung für parodontale Gewebe. Der mechanische Druck induziert die Rekrutierung von Osteoklasten mit der Resorption von Alveolarknochen (Abbildung 8). Die Zahnwurzel hingegen ist weitgehend resistent gegenüber dieser Resorption. Dies liegt an der avaskulären Struktur des Zements. Zusätzlich wird die Wurzel von einem dichten Geflecht an Kollagenfasern (Abbildung 9) vor resorbierenden Zellen geschützt.

Die dritte Phase „Trauma und Parodontitis“:

Diese schützende Schicht der Wurzeloberfläche kann durch ein mechanisches Zahntrauma oder durch Parodontitis beschädigt werden. Dies führt zu einem Zementdefekt. Nekrotisches Gewebe oberflächlicher Defekte wird durch Makrophagen resorbiert. Diese können sich zu mehrkernigen Odontoklasten (Abbildung 10) umwandeln, die oberflächliches Zement resorbieren. Makrophagen können in der Folge die Regeneration durch die Induktion von Signalmolekülen zur Angiogenese stimulieren. Dies führt auch zur Ausdifferenzierung neuer Zementoblasten, die die Oberflächenreparatur ermöglichen (Abbildung 11). Ab einer gewissen Defektgröße ist dies jedoch nicht mehr möglich. Stattdessen kommt es zur Aktivierung von knochenbildenden

Osteoblasten im Alveolarknochen. Die Folge ist eine Knochenapposition in Bereiche des Wurzeldefekts – auch als Ersatzresorption bezeichnet. Dies führt zum späteren Zahnverlust. Bei der Parodontitis (Abbildung 12) hingegen kommt es zur Freisetzung proteolytischer Enzyme als Folge der bakteriellen Infektion. Dies führt zur Zerstörung des Desmodonts und zu einer nachfolgenden, entzündlichen Wurzelresorption (Abbildung 13).

Die vierte Phase „Die Parodontale Regeneration“:

Die Wundheilung infolge einer parodontalen Therapie ist in der Regel reparativ, eine Regeneration findet nicht statt. Die konventionelle Parodontitistherapie führt zur Ausbildung eines langen Saumepithels. Dies kann durch die Verwendung von Membranen mit oder ohne Knochenersatzmaterialien verhindert werden. Bei einer Regeneration kommt es zur Repetition embryonaler Mechanismen. Ein möglicher Weg ist die Verwendung von Schmelzmatrixproteinen um die Ausbildung des Saumepithels zu verhindern und eine parodontale Regeneration zu unterstützen. Der Film illustriert, welche Mechanismen aktiv sind, um – im Idealfall – eine anatomische Struktur wiederherzustellen (Abbildung 14).

Ausblick

„Die Parodontale Regeneration“ ist der dritte Film der Reihe „Kommunikation der Zellen“, der sich zahnmedizinischen Geweben und Heilungsprozessen widmet. Zukünftige Projekte werden vermehrt auch systemische Einflussfaktoren beleuchten. So entsteht derzeit ein Film, der die Zusammenhänge zwischen lokalen und systemischen Entzündungsprozessen visualisiert und vermehrt auch allgemeinmedizinische Aspekte beleuchtet. Ein weiterer Schritt ist die interaktive Wissensvermittlung, also zum Beispiel die aktive Einbindung des Betrachters im Sinne eines Serious Game. Hierbei sollen Wissensinhalte in spielerischer Form aufgenommen werden. Die hohe Bildqualität moderner Computerspiele setzt hierbei die Messlatte sehr hoch. Insgesamt ist es das Ziel, solche neuen Medien vermehrt in die Lehre zu integrieren. Die derzeit entstehenden, neuen nationalen kompetenzbasierten Lernzielkataloge der Zahnmedizin (NKLZ) und der Medizin (NKLM) können dies fördern.

PD Dr. Dr. Bernd StadlingerPoliklinik für Orale ChirurgieKlinik für Mund- Kiefer- und GesichtschirurgieUniversität ZürichPlattenstr. 11CH-8032 Zürich

Prof. Dr. Dr. Hendrik TerheydenRotes Kreuz Krankenhaus Kassel Gemeinnützige GmbHMund-, Kiefer- und GesichtschirurgieHansteinstr. 2934121 Kasselkontakt@rkh-kassel.de

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