Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen

Die Compliance-Leitlinie der KZBV

Die wirtschaftlich motivierte Verletzung des umfangreichen und komplexen Pflichtenprogramms, das der Vertragszahnarzt zu beachten hat, kann empfindliche berufs-, disziplinar- sowie strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Gerade letztere plant der Gesetzgeber durch die Schaffung eines neuen Straftatbestands der „Korruption im Gesundheitswesen“ sogar noch weiter auszudehnen. Mit dem Erlass einer Compliance-Leitlinie will die KZBV daher den Zahnärzten zum Schutz vor Sanktionen eine Hilfestellung bei der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer vertragszahnarztrechtlichen Pflichten an die Hand geben.

Es existieren umfangreiche vertragszahnarztrechtliche Pflichten und Sanktionsmechanismen. Der Vertragszahnarzt unterliegt im Rahmen seiner Berufsausübung zahlreichen Bindungen insbesondere des in den Berufsordnungen der Kammern geregelten Berufsrechts sowie den spezifischen gesetzlichen Pflichten, die sich aus seiner Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung ergeben. Die Verletzung dieser Pflichten, egal ob vorsätzlich oder aus Unwissenheit, kann dabei empfindliche Sanktionen nach sich ziehen, und zwar insbesondere berufs-, disziplinar- wie auch strafrechtliche. Wie im Rahmen jeder anderen (frei)beruflichen Betätigung und dem damit einhergehenden Austausch von Wirtschaftsgütern können Anreize entstehen, sich zur Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Situation bewusst oder unbewusst über bestehende Pflichten hinwegzusetzen. Der Zahnarzt hat aber bei seiner Berufsausübung in besonderer Weise dem Vertrauen gerecht zu werden, das ihm als Angehörigem der Heilberufe entgegengebracht wird. Hierzu gehört die selbstverständliche Verpflichtung, bei der Behandlung stets im Interesse und zum Wohl des Patienten tätig zu werden und zahnärztliche Entscheidungen allein aus medizinischen und nicht aus wirtschaftlichen Erwägungen zu treffen. Auch muss die Unabhängigkeit der zahnärztlichen Entscheidung insoweit gewahrt bleiben, als sie von wirtschaftlicher Einflussnahme durch Dritte freizuhalten ist.

Neben den berufs- und den disziplinar-rechtlichen Sanktionsinstrumentarien, die von Verwarnungen über Geldbußen bis hin zum Entzug von Approbation oder vertragszahnärztlicher Zulassung reichen, kann sich der Vertragszahnarzt durch entsprechende Pflichtenverletzungen auch der Erfüllung von Straftatbeständen wie Betrug oder Untreue strafbar machen und daraufhin mit Geld- oder Freiheitsstrafe belegt werden.

Darüber hinaus plant der Gesetzgeber derzeit auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung im Koalitionsvertrag der aktuellen Legislaturperiode die Schaffung eines neuen Straftatbestands der „Korruption im Gesundheitswesen“ im Strafgesetzbuch (StGB). Hintergrund ist nicht nur eine verstärkte gesellschaftliche Diskussion über die Zunahme vermeintlich „korruptiver“ Verhaltensweisen im Gesundheitswesen, sondern auch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom März 2012, wonach Vertrags(zahn)ärzte nicht unter die derzeit existierenden, allgemeinen Korruptionsstraftatbestände fallen.

Bereits zum 01.01.2012 hatte der Gesetz-geber durch das GKV-VStG überdies ein vertragszahnärztliches Zuweisungsverbot in den §§ 73 Abs. 7, 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V implementiert. Danach ist es Vertrags-(zahn)ärzten nicht gestattet, für die Zu- weisung von Versicherten ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Als unzulässige Zuwendungen in diesem Sinn gelten dabei beispielsweise auch Beteiligungen an Unternehmen von Leistungs-erbringern, die Vertrags(zahn)ärzte durch ihr Verordnungs- und Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.

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Funktion der Compliance-Leitlinie

Das Problem für den Vertragszahnarzt besteht dabei häufig nicht nur darin, über die Fülle unterschiedlicher, in verschiedenen Gesetzen verstreuten Regelungen den Überblick zu behalten. Vielmehr macht es die naturgemäß abstrakte, eher unbestimmte Abfassung der jeweiligen Vor-schriften vielfach auch schwer zu erkennen, welche konkreten Verhaltensweisen (noch) zulässig und welche demgegenüber (bereits) verboten und  gegebenenfalls sanktionsbehaftet sind.

Vor diesem Hintergrund verfolgt die KZBV mit der vorliegenden Compliance-Leitlinie (abgedruckt ab Seite 80) vor allem zwei Zielsetzungen, um die Vertragszahnärzte vor Pflichtenverletzungen und damit einhergehenden Sanktionen zu schützen:

Erstens soll mittels der Leitlinie die ordnungsgemäße vertragszahnärztliche Berufsausübung dadurch erleichtert werden, dass ausgewählte vertragszahnärztliche Pflichten übersichtlich zusammengestellt werden und damit auf einen Blick erkennbar sind. Die Leitlinie stellt selbst also keine neuartigen Pflichten für den Vertragszahnarzt auf, sondern greift die bestehenden Pflichten auf und trägt sie zusammen. Dabei fokussiert sie sich auf Pflichten, deren Verletzung primär wirtschaftlich motiviert sein kann (zum Beispiel Leistungsabrechnung, Bezug von Leistungen Dritter, Beteiligungen an Unternehmen, Erbringung zahntechnischer Leistungen durch Zahnärzte), ist mithin also nicht als abschließendes Kompendium sämtlicher vertragszahnärztlicher Pflichten (beispielsweise Behandlungs- oder allgemeine zahnärztliche Dokumentations-pflichten) gedacht. Da sich die Zuständigkeit der KZBV nur auf die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung erstreckt, spart die Leit-linie zudem das allgemeine Berufsrecht aus, das in die Zuständigkeit der Zahnärztekammern und der BZÄK fällt.

Zweitens werden in der Leitlinie exemplarische Konkretisierungen beziehungsweise darauf basierende allgemeine Handlungsempfehlungen gegeben, wie diese Pflichten umgesetzt und Verstöße dagegen vermieden werden können. Insgesamt soll den Vertragszahnärzten durch die Leitlinie insoweit der grundsätzliche rechtliche Rahmen für die ordnungsgemäße Erfüllbarkeit ihrer neben das Berufsrecht tretenden vertragszahnärztlichen Pflichten aufgezeigt werden. Die Leitlinie dient als Empfehlung, Hilfestellung und Orientierungshilfe, um Rechtsunsicherheiten sowie rechtliche Risiken zu verringern. Die konkrete Umsetzung dieser Pflichten bleibt dabei in der Verantwortung des Zahnarztes. In verbleibenden Zweifelsfällen sollte sich der Vertragszahnarzt fachkundig beraten lassen, beispielsweise gegebenenfalls durch seine KZV.

Compliance-Kommission, Compliance-Beauftragter

Ergänzend hat die KZBV gemäß einer entsprechenden Beschlussfassung ihrer Vertreterversammlung vom November 2014 eine ständige Compliance-Kommission sowie einen Compliance-Beauftragten eingesetzt, der der Compliance-Kommission vorsitzt. Die Kommission soll aktuelle rechtliche Entwicklungen beobachten und gegebenenfalls an einer stetigen Fortentwicklung der Compliance-Leitlinie arbeiten, um diese auf dem aktuellen Stand zu halten. Der Compliance-Beauftragte der KZBV wird zudem mit den zuständigen Gremien der BZÄK im Austausch stehen, um den erforderlichen Gleichklang zwischen Berufsrecht und Vertragszahnarztrecht zu gewährleisten.

Dr. Markus ZimmermannStellvertretender Leiter JustiziariatKassenzahnärztliche BundesvereinigungUniversitätsstr. 7350931 Köln

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