Interview mit dem neuen FVDZ-Vorsitzenden Harald Schrader

„Die freie Arztwahl darf nicht ausgehebelt werden!“

Der schleswig-holsteinische Zahnarzt Harald Schrader wurde in Bonn von den Delegierten des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Was bleibt? Und was wird jetzt in der Verbandspolitik anders? Wir haben nachgefragt.

Herr Schrader, Sie sind auf der Hauptversammlung in Bonn zum neuen Vorsitzenden des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) gewählt worden. Welches sind Ihre Hauptziele und Schwerpunkte in der kommenden zweijährigen Legislaturperiode?

Mein Ziel ist die Vertretung und Stärkung der freiberuflichen niedergelassenen Praxis mit all ihren Angestellten. Darüber hinaus sehe ich für den neuen Bundesvorstand eine Hauptaufgabe darin, die schon bestehenden und zukünftig verstärkt drohenden Wettbewerbsverzerrungen, die die Berufsausübung in den freien Praxen der Niedergelassenen betreffen, zu beseitigen und faire Wettbewerbsbedingungen für die Praxen im teilregulierten Gesundheitsmarkt zu schaffen. Unser Kampf wird sich vor allem auch gegen die überbordende Bürokratie – wie sie gerade erst durch den Normenkontrollrat aktenkundig gemacht wurde – aus Brüssel und Berlin richten. Und wir erteilen schon heute überzogenen Anforderungen bei unserer Berufsausübung eine klare Absage.

Was bedeutet für Sie Freiberuflichkeit – angesichts des wachsenden Interesses vor allem jüngerer Zahnärzte am Angestelltenverhältnis? Welches sind für Sie die Kernpunkte einer freiberuflichen zahnärztlichen Praxisführung?

Wir haben ja auf der Hauptversammlung in Bonn festgestellt, dass die Anstiegskurve bei den Angestellten flacher geworden ist. Wir wollen aktiv auf die angestellten Zahnärzte zugehen und ihnen über Fortbildungs- und Betriebwirtschaftsseminare das notwendige Grundlagenwissen für eine eigene Praxis vermitteln und sie so fit machen für Freiberuflichkeit und möglichst freiberufliche Selbstständigkeit. In ihrer Resolution fordert die HV ausdrücklich, dass freiberufliche Praxen keinem verzerrten Wettbewerb mit stationären Einrichtungen oder kommunal getragenen Versorgungszentren ausgesetzt werden dürfen. Und wir kritisieren weiterhin jegliche Art von Patientensteuerung, zum Beispiel durch Terminvergabestellen oder durch von Krankenkassen vermittelte Lock-Angebote.

Die freie Arztwahl darf nicht ausgehebelt werden! Für uns kann der jetzige hohe Standard beim Patientenschutz nur dadurch gewährleistet werden, dass freiberufliche Praxen auch zukünftig in ihrer Praxisführung selbst verantwortlich bleiben. Maßstäbe, wie sie beispielsweise bei Kliniken und großen Versorgungszentren angewendet werden, sind im zahnärztlichen Bereich weder umsetzbar, noch im Interesse des Patientenschutzes sinnvoll. Daher fordern wir den Gesetzgeber auf, die Gesetze, Richtlinien und Verordnungen, die zu einer solchen Schieflage führen, entsprechend zu ändern.

Wo liegen für Sie die gesundheitspolitischen Herausforderungen und welche Kernforderungen haben Sie an die aktuelle Gesundheitspolitik?

Ich sehe die demografische Entwicklung, die medizinische Versorgung der Flüchtlinge, die Aufhebung von Ausgabenobergrenzen und die Mehrleistungsfähigkeit aller BEMA-Leistungen, damit wir die Patienten am medizinischen Fortschritt teilhaben lassen können, als die thematischen Herausforderungen für den Verband in den kommenden Jahren. Sicherlich wird auch der Datenschutz ein Schwerpunktthema sein. Hier muss der Gesetzgeber garantieren, dass der Patient der Souverän seiner Gesundheitsdaten bleibt. Jede Weitergabe darf nur mit Einverständnis des Patienten erfolgen. Darüber hinaus fordern wir beim Datenschutz klare Verantwortlichkeiten. So darf die Zahnärzteschaft nicht für Versäumnisse anderer ins obligo gezogen werden. Weitere Kernpunkte sind die Vertragssouveränität im Verhältnis Zahnarzt und Patient, die freie Arztwahl, die Therapiefreiheit sowie die präventionsorientierte Zahnmedizin.

Welchen versorgungspolitischen Themen wird sich der Verband künftig widmen?

Auch hier gilt es, verschiedene Themenbereiche abzudecken wie eine moderne PAR-Therapie oder die Vereinfachung des Festzuschusssystems bei Zahnersatz, wie beispielsweise bei der Reparatur und bei der Wiederherstellung.

Wie wollen Sie die junge Generation mit ins Boot holen? Welche Angebote gibt es aus Ihrem Verband?

Wir haben mit dem Mentoring-Programm und dem Praxispool ein exakt auf die Bedürfnisse der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte zugeschnittenes Angebot. Aber wir müssen ihnen auch die Angst vor dem Schritt in die Freiberuflichkeit nehmen und ihnen Mut zur Selbstständigkeit machen. Die Herausforderung für uns lautet daher, dass wir zeitgemäße Angebotsmodelle entwickeln, die auf die Anforderungen und Bedürfnisse der jungen Kolleginnen und Kollegen abgestimmt sind und ihnen den Einstieg in die Selbstständigkeit erleichtern.

In der Hauptversammlung war in den Diskussionen immer wieder die Rede vom konstruktiv-kritischen Dialog auf Augenhöhe mit den Körperschaften. Was sind Ihre Pläne, was heißt das aus Ihrer Sicht?

In zwei Jahren wählen wir einen neuen Bundestag. Bis dahin müssen wir es schaffen, durch eine gemeinsame Strategie von Freiem Verband und Körperschaften den berechtigten Interessen der Zahnärzteschaft auf der politischen Bühne in Berlin Geltung zu verschaffen. Das heißt, wir müssen die Schwerpunkte für gemeinsame Handlungsoptionen mit den Körperschaften festlegen, um beispielsweise zu versuchen, Einfluss auf die gesundheitspolitischen Aussagen in den Wahlprogrammen der Parteien zu nehmen. Da kann ich mir ein abgestimmtes Vorgehen gut vorstellen. Es kann aber auch Situationen geben, in denen der Verband zu Aktionen aufruft, bei denen den Körperschaften durch ihren Rechtsstatus Grenzen gesetzt sind. Das verstehe ich unter einer strategischen Zusammenarbeit. Ein aktuelles Thema sind die nicht nachvollziehbaren Richtlinien bei den Praxisbegehungen. Hier können wir nur gemeinsam das Beste für die Zahnärzteschaft erreichen.

Die Fragen stellte Gabriele Prchala.

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