Editorial

Zahnärztliche Berufspolitik

Was ist die heraus stechende Eigenschaft, die Aspiranten für die zahnärztliche Berufspolitik mitbringen sollten? Politische und soziale Kompetenz? Ökonomische Grundkenntnisse und das Wissen um sozial- und gesundheitspolitische Zusammenhänge? Gar eine Vision, wo es hingehen soll mit der Zahnärzteschaft? Alles wichtige Aspekte, ohne Zweifel. Aktuell viel wichtiger scheint mir eine andere Eigenschaft der berufspolitischen Matadore zu sein, nämlich über eine gehörige Portion Masochismus verfügen zu dürfen. Die Mitglieder des FVDZ mögen mir verzeihen, aber die Art und Weise, wie sich der alte Vorstand im Oktober in Bonn im wahrsten Sinne des Wortes zerlegt hat, mag für Außenstehende vielleicht hohen Unterhaltungswert gehabt haben, macht mich jedoch sehr nachdenklich.

Ich bin nicht lange genug dabei, um mir ein Urteil erlauben zu wollen. Aber ich frage mich drei Dinge: Wieso sind die Mitglieder eines Vorstands, der seit geraumer Zeit erkennbar nicht mehr miteinander will, nicht in der Lage, rechtzeitig ein alternatives und wählbares Personaltableau zu entwickeln? Und eine Vorstellung – ich traue mich schon gar nicht das Wort Vision zu verwenden – davon zu vermitteln, wo man denn hin will? Wenigstens so ein kleines bisschen berufspolitische Programmatik. Ganz nebenbei: Was man alles nicht will, ist keine Vision. Und warum wird diese enorm kurze Amtszeit des Vorstands nicht thematisiert? Immerhin reden wir hier vom größten zahnärztlichen Berufsverband, der – so meine feste Überzeugung – eine politische Gestaltungsverpflichtung hat. Altkanzler Helmut Schmidt meinte zwar, dass jemand, der Visionen hat, zum Arzt gehöre …

Aber etwas Wahres scheint doch an diesem Bonmot zu sein, denn anders kann ich mir die kurze, lediglich zweijährige Amtszeit des FVDZ-Vorstands nicht erklären. Ein Jahr einarbeiten, ein Jahr Wahlkampf – zack die nächste Wahl. Schwieriges Politikumfeld gehabt, Pech gehabt, abgewählt. Aber Gesundheitspolitik ist kein Sprint, sondern gleicht einem Marathon. Um zukunftsfähige Verbandspositionen entwickeln zu können und diese in die Politik wie auch zu den beteiligten Akteuren zu tragen, braucht es einen langen Atem. Die Verbandspositionen dann auch zu etablieren, setzt Vertrauen voraus. Und zwar in die Kompetenz und Handlungsfähigkeit der Akteure. Wer glaubt, alle zwei Jahre in der Gesundheitspolitik mit neuen Personen und Positionen reüssieren zu können, hat schon verloren, bevor das Spiel überhaupt angepfiffen wurde.

Deshalb zurück zu den eingangs erwähnten Kompetenzen, die berufspolitische Novizen tatsächlich haben sollten. Da diese – salopp formuliert – nicht vom Himmel fallen, haben einige zahnärztliche Körperschaften die AS-Akademie etabliert, um berufspolitisch interessierten das entsprechende Rüstzeug zu vermitteln. Das Ziel: „Die berufspolitische Fortbildung zielt darauf ab, das Bewusstsein der Freiberuflichkeit zu stärken und Berufspolitik wie Selbstverwaltung zu professionalisieren.“

Mittlerweile wurde bereits der 8. Jahrgang in dem zweijährigen berufsbegleitenden Curriculum ausgebildet. Neben einer soliden Grundausbildung in gesundheitsökonomischen Zusammenhängen müssen die Teilnehmer auch ökonomische, juristische, sozialmedizinische sowie gesundheits- und sozialpolitische Fragestellungen be- und erarbeiten. Wer eine solche Ausbildung freiwillig macht und diese zwei ganze Jahre neben der zahnärztlichen Tätigkeit durchhält, nötigt mir nicht nur Respekt ab, sondern lässt mich ob der Qualität des berufspolitischen Nachwuchses nicht bange sein.

Ach so, Selbstmanagementfähigkeit zu lernen steht auch auf dem Kursprogramm.

Vielleicht muss man doch kein Masochist sein …

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