Immobilieninvestments

Verkalkuliert

sg
Eine Option zur Alterssicherung ist der Erwerb von Immobilien – gerade in Zeiten niedriger Zinsen, so das Mantra aus der Immobilien- und der Bankenbranche. Doch unter bestimmten Bedingungen kann dieser Plan zum Fiasko werden – etwa wenn die vermietete Immobilie nicht so viel einbringt wie erhofft, wenn die Finanzierung ohne Eigenkapital „auf Kante genäht“ ist oder wenn Sanierungsmaßnahmen anstehen. Eine Warnung.

Die Gelegenheit war einfach günstig! So argumentierte Wolfgang T., selbstständiger Zahnarzt aus Baden-Württemberg, vor vier Jahren, als er mit wieder steigenden Immobilienzinsen rechnete, nachdem der von ihm beauftragte Makler eine „Traumimmobilie in exzellenter Lage“ ausgemacht hatte. Bei dem Gebäude handelte es sich um ein damals voll vermietetes Mehrfamilienhaus, das T. als wichtige Ergänzung seiner späteren finanziellen Altersabsicherung betrachtete.

Der Plan war gut

Bei einem Kaufpreis von 350.000 Euro und jährlichen Mieteinnahmen von rund 25.000 Euro erschien ihm das Objekt zwar nicht preiswert, aufgrund der tatsächlich ausgezeichneten Wohnlage aber war es durchaus akzeptabel. Bei seiner Liquiditätsbetrachtung gab es ebenfalls keinerlei Probleme: Die Finanzierung wurde mithilfe seiner Hausbank, die auch als Geschäftsbank seiner Praxiskonten tätig ist, durchgeführt: Bei einem Kreditzinssatz von 4,5 Prozent und der bei langfristigen Immobiliendarlehen üblichen, zunächst einprozentigen Tilgungsrate betrug die Jahresleistung („Annuität“) also insgesamt 19.250 Euro (5,5 Prozent von 350.000 Euro).

Bei den erwähnten Mieteinnahmen von jährlich 25.000 Euro blieb T. – nach seiner Rechnung – also ein finanzielles Polster von rund 5.000 Euro, das er als Rücklage für irgendwann fällige Instandhaltungsarbeiten am Gebäude ansparen wollte. Bei der Zinsbindung des Darlehens wählte T. einen Zeitraum von zehn Jahren, da er ja von eher wieder steigenden Zinssätzen ausging und hier „auf Nummer sicher“ gehen wollte.

Bei dieser Gesamtbetrachtung der finanziellen Bausteine war es – zumindest aus der Sicht von T. – kaum von Bedeutung, dass die Immobilie vollfinanziert werden musste. Eigenkapital stand ihm nicht zur Verfügung. Immerhin: Die anfallenden Nebenkosten wie Notar- und Grundbuchgebühren, Grunderwerbssteuer sowie Maklergebühr zahlte er aus eigenen Mitteln. Nach der Berechnung von T., der vor vier Jahren vierzig Jahre alt war, wird er das Darlehen in rund zwanzig Jahren einschließlich der einen oder anderen Sondertilgung zurückgezahlt haben, so dass er sich dann beruhigt zur Ruhe setzen und die Praxis an seinen Sohn übergeben kann.

Die einzige Person, die zumindest dezente Zweifel an der Tragfähigkeit dieser finanziellen Konstruktion anmeldete, war der Steuerberater von T. Dessen Hauptkritikpunkt richtete sich noch nicht einmal gegen das fehlende Eigenkapital, sondern vielmehr gegen die aus seiner Sicht „äußerst enge Liquiditätsberechnung“, die mit einem Überschuss von rund 5.000 Euro „keinerlei Spielraum für größere Investitionen am Gebäude zulässt“. Hinzu kam, dass die Praxis nach seiner Kenntnis nicht so viel hergibt, um – falls erforderlich – zusätzliches Geld für das Gebäude herauszuziehen.

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Doch es kam anders

Nach nunmehr vier Jahren scheint sich die Skepsis des Steuerberaters zu bestätigen. Aus dem prognostizierten finanziellen Überschuss ist mittlerweile eine Art „Nullsummenspiel“ geworden, da für einen langjährigen Mieter, der aus persönlichen Gründen kündigte, bisher kein zahlungsfähiger Nachmieter gefunden werden konnte.

Der bereits seit einigen Monaten daraus resultierende Einnahmeverlust von mittlerweile rund 4.000 Euro verdeutlicht die angespannte Situation ebenso wie die ebenfalls drohende Kündigung eines gewerblichen Mieters. Dieser hat T. bereits um eine deutliche Reduzierung seiner bisherigen Miete gebeten, da er sich aufgrund der Wirtschaftskrise sonst nicht mehr in der Lage sieht, seinen kleinen Handwerksbetrieb fortzuführen. Damit nimmt die Liquiditätssituation für T. bedrohliche Ausmaße an.

Selbst bei einer kurzfristigen Neuvermietung, die wie bei dem gewerblichen Mieter wohl nur zu einer niedrigeren Miete möglich ist, würden sich Mieteinnahmen ergeben, die geringer ausfallen als der unveränderte Kapitaldienst aus Zins- und Tilgungsraten.

Ein weiteres Problem ist darüber hinaus erkennbar: In spätestens einem Jahr stehen umfangreiche Renovierungsarbeiten am Gebäude an, die nach ersten Schätzungen etwa 20.000 Euro kosten werden. Dieses Geld kann T. weder aus seiner Praxis herausziehen noch von seiner Bank finanziert bekommen. Die dortige Kreditlinie ein schließlich des Immobiliendarlehens ist nach Aussage seines Kundenberaters „definitiv ausgeschöpft“.

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Draufgezahlt

T. hat sich nach einer erneuten Prüfung seiner finanziellen Situation nun dazu entschlossen, seinen Investmentsparplan, der neben einer Kapitallebensversicherung und natürlich seiner Versorgungskasse eigentlich seine Altersvorsorge absichern sollte, als Liquiditätsreserve für zukünftige Investitionsmaßnahmen für das Gebäude einzusetzen.

Eine andere Möglichkeit gibt es derzeit nicht: Weder ist das Haus auch nur annähernd zum damaligen Kaufpreis wieder zu veräußern noch kann T. die damit verbundenen Einnahmen und Ausgaben verändern. Selbst wenn er eine günstigere Finanzierung fände, müsste er an seine Hausbank – wenn diese einer vorzeitigen Umschuldung in einen niedrigeren Zinssatz überhaupt zustimmen würde – eine Vorfälligkeitsentschädigung als Zinsausgleich in Höhe von fast 35.000 Euro zahlen. Das ist für ihn absolut illusorisch. Wie sich der Ausfall des Investmentsparplans auf die ursprüngliche Planung von T., mit sechzig Jahren in Rente gehen zu wollen, auswirkt, lässt sich jetzt noch nicht absehen. Verbessert hat sich diese Absicht für T. durch die aktuelle Entwicklung aber zweifellos nicht.

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Michael Vetter

Fachjournalist für Wirtschaft

vetter-finanz@t-online.de

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