Kleinanlegerschutzgesetz

Volle Fahrt voraus?

Eine Lehre aus der Finanzkrise ist, dass Kleinanleger besser geschützt werden müssen. Am 1. Juli dieses Jahres ist darum das neue Kleinanlegerschutzgesetz in Kraft getreten. Es soll bisher unregulierte Finanzierungsprodukte durchschaubarer machen. Allerdings scheinen bei Weitem nicht alle Mängel behoben.

Wer sind eigentlich die Kleinanleger, denen die Politik ein neues Schutzgesetz gewidmet hat? Es sind ganz normale Sparer, die für ihr Vermögen gern ein paar Prozent mehr Renditen als auf dem Festgeldkonto erzielen wollen. Zu ihnen gehören die 75 000 Prokon-Anteilseigner, die jetzt mehr als 50 Prozent ihrer Einlagen als Verlust abschreiben müssen.

Einer der Hauptgründe für das Scheitern liegt darin, dass Produkte wie Genussrechte, Alternative Investmentfonds (AIF), Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen Konstrukte des sogenannten grauen Marktes und für Laien nur schwer zu durchschauen sind. Anders als Sparbriefe, Festgeld oder auch Investmentfonds unterliegen sie nicht oder nur eingeschränkt den gesetzlichen Regelungen und der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden wie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Wer dagegen ein Bankgeschäft betreiben will, muss klare gesetzliche Vorgaben und wirtschaftliche Anforderungen erfüllen.

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Das Kapitalmarktanlagegesetzbuch schafft seit seiner Einführung in 2013 eine bessere Regulierung der Geschlossenen Fonds, die seitdem Alternative Investmentfonds (AIF) heißen. Jetzt geht es hauptsächlich um bisher unregulierte Produkte wie Genussrechte, Nachrangdarlehen oder partiarische Darlehen. Damit sollen Projekte wie zum Beispiel Windkraftanlagen, der Bau von Schiffen oder eines Einkaufscenters sowie die Aufforstung eines Waldes finanziert werden.

Allen gemeinsam ist das Versprechen von besonders hohen Renditen für die Investoren. Diese beteiligen sich mit einer Einlage an den Projekten. Vereinfacht heißt das, man wird Mitunternehmer. Und als solcher kann man eben nicht nur Geld verdienen, sondern auch verlieren. Der Sparer, der sein Geld sinnvoll und gewinnbringend anlegen will, wird zum Investor, trägt also ein volles Unternehmerrisiko, ohne über die Geschäftspolitik (mit-)entscheiden zu können.

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Gegen Geldanlagen ohne Verständnis

Steuern sparen ist der Hauptlockvogel, mit dem Vertriebsmitarbeiter besonders die wohlhabende Klientel zu überzeugen versuchen. Häufig sind die Versprechungen überzogen. Selbst wenn diese zu Beginn der Anlagezeit eingelöst werden könnten, bleibt die Ungewissheit, ob das auch für die Zukunft gilt. Problematisch ist auch die lange Bindungszeit, die schon mal Jahrzehnte betragen kann. Wer früher kündigen will, ist auf die Kulanz der Gesellschaft angewiesen. Allerdings ist ein vorzeitiger Ausstieg immer mit einem großen finanziellen Aufwand verbunden.

Der auf Anlegerschutz spezialisierte Rechtsanwalt Jochen Resch meint: „Vielfach sind die Beteiligungen so strukturiert, dass der Anleger keine reelle Chance hat, dass die in den Prospekten enthaltenen Prognosen tatsächlich erreicht werden können. Das Risiko hat sich eigentlich schon von Anfang an verwirklicht. Das Gelingen stellte eher die Ausnahme als den Regelfall dar.“ So verloren die Anleger der WBG Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West über 100 Millionen Euro. Ähnlich hoch soll der Schaden der 2013 in Insolvenz gegangenen SK-Gruppe sein. Beispiele gibt es noch viele. In allen Fällen sind private Anleger die Geschädigten.

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Das zu großen Teilen am 1. Juli in Kraft getretene Kleinanlegerschutzgesetz soll dafür sorgen, dass Konstruktionen wie Nachrangdarlehen einer strengeren Kontrolle unterliegen und mehr Transparenz geschaffen wird. So werden nach den AIF jetzt beispielsweise jene auch der Prospektpflicht unterworfen und unterstehen nicht mehr den Gewerbeämtern, sondern der BaFin.

Außerdem gibt es längere Haltefristen (Siehe Kasten: Das neue Kleinanlegerschutzgesetz). Doch Experten wie der Kapitalmarktrechtsexperte und Tübinger Anwalt Andreas Tilp bezweifeln die Wirksamkeit des Kleinanlegerschutzgesetzes: „Der Begriff vermittelt den Eindruck, dass der private Anleger besser geschützt ist. Das stimmt so nicht. Man könnte sogar sagen, an dem Haus werden Mängel repariert, aber das Fundament, auf dem es steht, wird nicht erneuert.“

Für eine Umkehr der Beweislast

Die erweiterte Kontrolle durch die BaFin hält er für völlig unzureichend. Sein Kollege und Verbraucheranwalt Dr. Achim Tiffe wittert sogar neue Problemfelder: „Es ist wie beim Hase-und-Igel-Spiel: Es werden Lücken geschlossen und schon tun sich neue auf. So kann man jetzt schon erkennen, dass als nächstes die Genossenschaften sich auf dem unregulierten Markt breit machen werden.“

Die Hauptforderung der Verbraucherschützer formuliert Gabriele Schmitz, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Hamburg: „Es wird höchste Zeit für eine Umkehr der Beweislast. Der Anbieter sollte nachweisen müssen, dass er korrekt informiert hat und nicht der Anleger, dass er falsch beraten wurde. Dann würden sich viele gesetzliche Regelungen von selbst erledigen.“

Marlene Endruweit

Fachjournalistin für Wirtschaft

m.enruweit@netcologne.de

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