Sparen 2015

Zinsen auf Talfahrt

Seit Jahren leiden deutsche Sparer unter der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Nun fürchten sie, dass ihr Spareifer sogar mit negativen Zinsen bestraft wird. Experten beruhigen. Anleger sollten geschickte Strategien entwickeln, damit sich ihr Vermögen mehrt. Zum Glück sorgt die Reform der Einlagensicherung dafür, dass das Geld auf dem Sparkonto sicherer wird.

Seit rund sechs Jahren finanzieren die Deutschen über die niedrigen Zinsen auf Guthaben die Schulden der europäischen Regierungen. Wie hoch die Verluste sind, die sie durch entgangene Zinsen bisher erlitten haben, hat der Leiter des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, ausgerechnet: „Nach meiner Berechnung sind den Deutschen seit 2008 etwa 300 Milliarden Euro entgangen im Vergleich zu den Zinsen Ende 2007, die vor Ausbruch der Krise zu erzielen waren. Pro Jahr beträgt der Verlust jetzt 60 bis 70 Milliarden Euro.“ Während die Regierung um Angela Merkel sich über die schöngerechnete schwarze Null freut, haben Versicherungen und Anleger, die für die Altersvorsorge sparen, das Nachsehen. Und jetzt drohen nicht nur Beinahe-Nullzinsen, sondern sogar Strafzinsen für Einlagen auf dem Konto. Statt der Guthaben steigen die Verluste.

Betroffen sind bislang Großkunden von Commerzbank, DZ Bank, WGZ Bank und Großanleger der kleinen Skatbank. Es geht dabei um Beträge von mindestens 500 000 Euro, die zum Beispiel auf Tagesgeldkonten ruhen. Bei der Skatbank sind es sogar mindestens drei Millionen Euro, die mit einem Strafzins von 0,25 Prozent belegt werden. „Normale“ Anleger sind bislang nicht betroffen.

Das dürfte sich auch so schnell nicht ändern. Zwar können sich Experten wie der Inhaber der fmh-Finanzberatung, Max Herbst, vorstellen, dass Einlagen ab einer Million Euro demnächst von mehreren Instituten bestraft werden. Doch generell ist mit Minuszinsen auf Tagesgeld- und Festgeldkonten mit Beträgen bis zu 100 000 Euro kaum zu rechnen. Diese Ansicht vertritt jedenfalls Thomas Schlüter vom Bundesverband deutscher Banken: „Wir gehen davon aus, dass private Anleger von negativen Zinsen nicht betroffen sein werden. Dafür ist der Wettbewerb gerade in diesem Bereich viel zu groß. Aber natürlich entscheidet jede Bank selbst, wie sie ihre Konditionen gestaltet.“

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Kleinanleger bleiben bislang verschont

Wie weit sie es mit ihrer Gestaltungsfreiheit treiben, darauf achten die Verbraucherschützer. Beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat man die Entwicklung der Einlagenzinsen im Visier. Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzen, ist sich sicher, dass sich die Strategen in den Chefetagen der Banken sehr genau überlegen werden, ob sie negative Zinsen auf Spareinlagen erheben werden: „Die Verbraucher ertragen die niedrigen Zinsen, aber negative Zinsen werden sie nicht akzeptieren. Ich glaube, dass sie im Fall von Negativzinsen über eine große Preissensibilität verfügen.“ Mit dem Thema beschäftigt haben sich auch die Juristen beim vzbv. Sie sind zu der Rechtsauffassung gelangt, dass negative Zinsen gegenüber privaten Anlegern nicht erlaubt sind. Was die Gerichte dazu sagen werden, bleibt abzuwarten. Ohne die Zivilklage eines Betroffenen werden sie sich nicht äußern.

Doch Mohn ist sich andererseits auch sicher, dass die Geldinstitute versuchen werden, sich an anderen Stellen bei den Verbrauchern schadlos zu halten: „Wir müssen die Entwicklung bei den Gebühren im Auge behalten. Dort werden die Banken sich bedienen. Möglicherweise merkt man das als Kunde so schnell nicht.“

Die Institute betreiben dabei eine Art Mischkalkulation wie die Gastwirte: Am Essen verdienen sie nicht allzu viel. Die Preise zu erhöhen würde die Kunden vertreiben. Deshalb holt man sich seinen Gewinn bei den Getränken. Oder als Banker eben bei den Gebühren für Konten, Kreditkarten oder Ähnliches.

Hinten herum holen die Strafzinsen, die den Profis auferlegt werden, auch die Anleger wieder ein. Und zwar über die Fonds. Fonds sammeln das Geld der Anleger ein, um damit in Aktien, Renten oder Immobilien zu investieren. Einen Teil des Vermögens aber halten sie liquide und legen es bei einer Depotbank an. Diese Institute aber haben teilweise negative Zinsen eingeführt. Das Fondsvermögen ist so betroffen. Allerdings halten die Fonds nur einen Bruchteil auf Konten bereit, um zum Beispiel bei Anteilsverkäufen flüssig zu sein.

###more### ###title### Einlagensicherung kommt ###title### ###more###

Einlagensicherung kommt

Um als Anleger nicht in Verzweiflung zu geraten, kann man sich beispielsweise eine Festgeldstrategie basteln. Man sucht sich Banken mit relativ attraktiven Konditionen für verschiedene Laufzeiten. Dann verteilt man das Geld auf mehrere Institute und legt es zu unterschiedlichen Laufzeiten von drei bis 24 Monaten an, länger nicht, denn es könnte ja sein, dass die Zinsen doch mal wieder steigen werden. Die Anlagesummen sollten die 100 000-Euro-Grenze nicht überschreiten. Auf diese Weise entgeht man den Strafzinsen und bleibt mit den Einlagen unterhalb der Grenze, bis zu der Festgelder abgesichert sind. Außerdem hilft diese Strategie dabei, auf mögliche Zinserhöhungen einigermaßen flexibel reagieren zu können.

Wer sein Erspartes einer Bank anvertraut, die nach deutschem Recht arbeitet, wird dafür im Sommer mit einer verbesserten Einlagensicherung belohnt. Ab dem 1. Juli 2015 soll das neue Einlagensicherungsgesetz gelten, das eine EU-Richtlinie umsetzt. So sieht es der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor.

• Erweiterter Schutz

Wie bisher bleibt es dabei, dass alle Spar-einlagen wie Fest- und Tagesgeld sowie Sparbriefe bis zu 100 000 Euro garantiert sind. Darüber hinaus aber – und das ist neu – soll der Schutz auch für Beträge bis zu 500 000 Euro gelten, wenn sie einem sozialen Zweck dienen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Bankkunde sein Haus verkauft und der Kaufpreis aufs Konto überwiesen wird und für kurze Zeit auf dem Tagesgeldkonto parkt. Oder eine Lebens-versicherung wird ausgezahlt und der Versicherte braucht Zeit zum Überlegen, wie er die häufig große Summe weiterverwendet.

Diese Beträge unterliegen dann ebenfalls dem Schutz durch die Einlagensicherung, allerdings zeitlich begrenzt auf sechs Monate.

• Vereinfachte Abwicklung in Deutschland

Das neue Gesetz sorgt für eine vereinfachte Abwicklung im Schadensfall. Der Kunde muss, um seine Ansprüche geltend zu machen keinen Antrag mehr stellen. Macht die Bank pleite, bekommt er sein Geld ohne Antrag innerhalb von sieben Tagen. Bisher konnte die Entschädigung bis zu 20 Arbeitstage dauern.

• Vereinfachte Abwicklung in EU-Ländern

Wer sein Geld bei beispielsweise bei einer niederländischen Bank angelegt hat und das Institut erweist sich als Pleitekandidat, muss der Kunde sich nicht mehr mit der ausländischen Einlagensicherung auseinandersetzen. Ab Juli wendet er sich an den deutschen Entschädigungsfonds. Sprachliche Hürden fallen dann weg. Die Diskussion mit dem niederländischen Sicherungssystem führt die deutsche Einrichtung.

• Sparkassen und Volksbanken

Kunden von Volksbanken und Sparkassen haben dank des neuen Gesetzes künftig einen Rechtsanspruch auf Entschädigung von Einlagen in der Höhe von maximal 100 000 Euro pro Kunde. Daneben gilt bei diesen Geldinstituten nach wie vor der Grundsatz der gegenseitigen Sicherung. Das heißt: Gerät ein Institut in Schieflage, stehen die anderen dafür gerade. Im Unterschied zu den privaten Banken sind bei Volksbanken und Sparkassen auch Inhaberschuldverschreibungen wie Zertifikate und Genussscheine geschützt.

###more### ###title### Verbraucherschützer für Trennbankensystem ###title### ###more###

Verbraucherschützer für Trennbankensystem

Die Verbraucherschützer zeigen sich zufrieden mit dem Gesetzesvorschlag. Dorothea Mohn meint dazu: „Das neue Einlagensicherungsgesetz ist eine klare Verbesserung. Essentiell ist, dass die Kunden auf die Sicherheit ihrer Einlagen vertrauen können.“ Deshalb fordert sie zusätzlich eine schärfere Regulierung für die Bankgeschäfte im Sinne eines Trennbankensystems: „Die Banken sollen auf ihr Kerngeschäft reduziert werden.“ Denn die Gefahr einer neuen Bankenkrise ist nicht wirklich gebannt. Einen kompletten Zusammenbruch des Bankensystems könnte keine Sicherungseinrichtung auffangen. Auch das neue Gesetz kann nur im Fall einer ein zelnen bankrotten Bank die Kundeneinlagen retten.

Anleger, denen Sicherheit wichtig ist, legen deshalb auch nicht mehr als die garantierten 100 000 Euro bei einer Bank an. Besser ist es, das Geld auf mehrere Institute zu verteilen. Wem dieses Handling zu aufwendig ist und wer auf die Seriosität deutscher Institute vertraut, kann auch mit mehr als 100 000 Euro bei seiner Hausbank bleiben. Gehört sie dem Bundesverband deutscher Banken an, ist die Summe, die über die 100 000 Euro hinausgeht, durch den Ein- lagensicherungsfonds deutscher Banken geschützt. Bislang galt die Regel, dass Einlagen bis zu 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals der jeweiligen Bank pro Ein- leger garantiert sind.

Das macht bei der Deutschen Bank derzeit 14,04 Milliarden Euro, bei der Commerzbank 6,6 Milliarden und bei der deutschen Tochter ING-DiBa sind es noch 1,6 Milliarden Euro. Diese Summen sind unrealistisch, weil durchschnittliche Kunden weit davon entfernt sind, so hohe Einlagen bei einer Bank zu halten. So sieht es auch Mohn: „Die Bankkunden sind sich darüber im Klaren, dass solche Garantien unglaubwürdig sind. Ich halte diese Änderung für sinnvoll.“ Deshalb haben die Banken beschlossen, die garantierten Summen bis 2025 abzusenken. So beträgt diese seit dem 1. Januar noch 20 Prozent. Ab dem 1. Januar 2020 sind es noch 15 Prozent und ab dem 1.1.2025 bleibt es bei 8,75 Prozent. Dann würde eine Bank, die über 100 Millionen Eigenkapital verfügt, immer noch 8,75 Millionen Euro pro Kunde schützen.

Bei Banken, die neu in den Fonds aufgenommen werden, beschränkt sich die Garantiesumme während der ersten drei Jahre ihrer Mitgliedschaft auf 250 000 Euro.

Für Einlagen, die bereits über einen längeren Zeitraum festgelegt sind, gilt eine Nachhaftung der Bank. Handelt es sich beispielsweise um einen zehnjährigen Sparbrief, der bis Ende 2011 erworben wurde, beträgt der Schutz bis zur Fälligkeit immer noch 30 Prozent. Einen Rechtsanspruch auf die Sicherung besteht nicht. Doch seit der Herstatt-Pleite, die Anlass für die Einrichtung des Sicherungsfonds gewesen ist, hat kein Kunde mehr einen Verlust durch eine bankrotte Bank erleiden müssen.

Marlene EndruweitFachjournalistin für Wirtschaftm.endruweit@netcologne.de

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