Vorbereitung auf einen Hilfseinsatz

Nicht ohne meinen Lieblingshebel

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Auch wenn Hilfsorganisationen Mitnahmelisten anbieten: Die persönliche Erfahrung lehrt, dass meist eine Lücke klafft zwischen dem, was an zahnärztlichem Equipment angeblich vor Ort sein soll, und dem, was tatsächlich vorhanden und einsatzfähig ist. Zahnärzte, die einen Hilfseinsatz planen, sollten ihren Koffer so packen, dass sie vor Ort mit dem Nötigsten ausgestattet sind.

Eine Bemerkung vorab: Neben der apparativen Ausstattung am Einsatzort würde natürlich auch das Patientenaufkommen interessieren, jedoch ist diese Prognose vorab immer schwer zu treffen.

Füllungsmaterialien und Anästhetika - was empfiehlt sich?

Als Füllungsmaterialien kommen Composite, Glasionomerzemente oder auch Amalgam für die Mitnahme infrage. Achtung: In der Mongolei ist Amalgam als Füllmaterial verboten. Sind Zähne nur bedingt erhaltungswürdig, sind Glasionomerzemente Mittel der Wahl (Atraumatic Restorative Treatment). Wer Glasionomerzemente in Kapselform bevorzugt, muss an einen Aktivator und einen Applier denken.

Ebenso wie für die eventuelle Verarbeitung von Kapsel-Amalgamen müsste dann aber am Einsatzort ein Kapsel-Mischgerät vorhanden sein. Für die Füllungstechnik mit Composites empfehlen sich vorzugsweise Non-Rinse-Bondingsysteme, da die Saugleistung von „portable units“ oder selbst externer Absauganlagen meist ungenügend ist. Trotzdem sollte auch Ätzgel als Alternative zur Verfügung stehen.

Anästhetika unterliegen in einigen Ländern strengen Einfuhrbestimmungen, werden daher eventuell von der Hilfsorganisation vor Ort bereitgestellt. Dies wäre auch für Hände-, Instrumenten- und Flächendesinfektionsmittel wünschenswert, da deren Transport im Fluggepäck als sogenannte „hazardous materials“ reglementiert ist, wenn es sich um Druckgaspackungen (Aerosole) und alkoholhaltige Mittel handelt.

Gesamt-Nettomenge: in der Regel höchstens zwei Kilogramm oder zwei Liter

Die Gesamt-Nettomenge darf meist höchstens zwei Kilogramm oder zwei Liter betragen. Die Ventile von Druckgaspackungen (Aerosole) müssen durch Schutzkappen oder andere geeignete Mittel geschützt sein, um eine unbeabsichtigte Freisetzung des Inhalts zu verhindern. Hochprozentige alkoholische Handreinigungsmittel (über 70 Prozent) werden weder im Frachtraum noch in der Kabine transportiert. Nachfragen bei Airlines, Zoll und Sicherheitspersonal der Flughäfen führen nicht weit und widersprechen sich bisweilen sogar.

Reinigungs- und Desinfektionsgeräte, Sterilisatoren mit fraktioniertem Vakuumverfahren, Prüfkörper und Heiß-Siegelgeräte werden am Einsatzort kaum zur Verfügung stehen. Für die Planung des trotzdem unumgänglichen Hygieneregimes bietet der nur eine Seite umfassende „Hygieneplan – Hilfseinsätze im Ausland“ Lösungen. Zur Instrumentendesinfektion und als Bohrerbad empfehlen sich Mittel, die sowohl für das allgemeine Instrumentarium als auch für rotierende Instrumente einsetzbar sind. Eine hygienische Wartung von Übertragungsinstrumenten mit WL-clean und WL-cid (ALPRO) ist ebenfalls zu erwägen.

Resorbierbare Nähte und Sekundenkleber

Stehen Spiegel, Sonde, Pinzette, Anmisch-, Füllspatel und Kugelstopfer als praktisches Einmalset zur Verfügung, beschränkt sich der für eine Aufbereitung notwendige Aufwand auf die zeitsparende Entsorgung derselben. Unverzichtbar ist die Mitnahme einiger Lieblingszangen und chirurgischer Hebel, da gerade Qualität, Funktionalität und Zustand solcher Instrumente sich in den Zielländern von unseren Vorstellungen unterscheiden. Nahtmaterial sollte resorbierbar sein, da die Patienten aus diversen Gründen zur Nahtentfernung nicht wieder erscheinen (können).

Ein Minimum an Werkzeug sollte mit an Bord

Gut beraten ist, wer ein Minimum an Werkzeug für anfällige Reparaturen dabei hat: Multifunktions-Tool, Kabelbinder, Sekundenkleber, Drucktape, Reservedichtungen, Reserve-Silikonschläuche für außengeführte Sprayleitungen von Mikromotoren der tragbaren Einheiten.

Auch ein Reserve-Luftmotor oder im nahezu garantierbaren Fall eines Stromausfalls ein Akku-betriebener Mikromotor oder ein Airscaler (für den Fall, dass das ZEG ausfällt) können von Nutzen sein. Wer Übertragungsinstrumente mitnimmt, sollte an passende Kupplungen und Adapter denken, gegebenenfalls auch an Aufbereitungsadapter für die hygienische Wartung.

Die Checkliste listet auch Empfehlungen für die Mitnahme von Notfallmedikamenten und die Zusammenstellung einer Reiseapotheke sowie Empfehlungen für die persönliche Ausrüstung. Das Ganze wiegt natürlich. Unter Umständen müssen Übergepäckregelungen mit der jeweiligen Airline ausgehandelt werden, wenn dies nicht die Hilfsorganisation erledigt. Eine kleine digitale Gepäckwaage hilft unterwegs den Überblick zu behalten, wenn diese Absprachen etwa nur für den Hinflug gelten.

Koffer, Tasche, Seesack oder Kiste?

Und wie transportiere ich das alles: Koffer, Reisetasche/Seesack oder Aluminiumkiste? Anders als einen Koffer kann man eine Reisetasche auch über der Schulter oder als Rucksack tragen. Auf Metallkisten kann man zwar gut sitzen, aber sie haben mehr Gewicht. Unentbehrlich: Ein Rucksack ist immer dabei, auch damit Wertsachen nicht in der jeweiligen Unterkunft zurückbleiben.


Info

Wichtige Informationen

Hat man sich für einen Auslandseinsatz entschieden, finden sich neben oder zusätzlich zu den von den Hilfsorganisationen bereitgestellten Informationen wichtige Sicherheitshinweise oder gar Reisewarnungen, Einreise- und Zollbestimmungen auf www.auswaertiges-amt.de.

Tipps zu Gesundheitsvorsorge und Impfungen finden sich auch auf der Seite des Centrums für Reisemedizin www.crm.de.

Die notwendigen Visa müssen rechtzeitig beantragt werden. Sofern nicht die entsendende Hilfsorganisation die Versicherungen abschließt, ist an eine Unfallversicherung, eine Berufshaftpflichtversicherung (für einen vorübergehenden Auslandsaufenthalt zu humanitären ärztlichen Einsätzen in Entwicklungshilfeländern aus Anlass der Berufsausübung), eine Auslandskrankenversicherung mit Rückholversicherung und eine Gepäckversicherung zu denken.

Kurz vor der Abreise (maximal 10 Tage vorher) sollte man sich online auf der Krisenvorsorgeliste (ELEFAND) des Auswärtigen Amtes unter www.service.diplo.de/registrierungav registrieren lassen, damit die Auslandsvertretungen vor Ort – falls erforderlich – in Krisen- oder Ausnahmesituationen schnell mit einem Verbindung aufnehmen können.

Normalerweise kümmert sich die entsendende Hilfsorganisation um eine Arbeits‧erlaubnis, zum Beispiel durch den Abschluss eines „Moratoriums of Understanding“ (MoU) mit der Regierung des Gastlandes. Ist dies nicht der Fall, gilt: Wer im Ausland in einem akademischen Heilberuf tätig werden möchte, benötigt hierfür in der Regel eine Unbedenklichkeitsbescheinigung (certificate of good standing, Gültigkeit drei Monate) der zuständigen Aufsichtsbehörde als Nachweis, dass er zur uneingeschränkten Ausübung seines Berufs berechtigt ist und keine berufs- und disziplinarrechtlichen Maßnahmen gegen ihn getroffen oder eingeleitet wurden.

Dem Antrag an die Aufsichtsbehörde sind ein Leumundszeugnis der Zahnärztekammer sowie eine Bescheinigung über die dort geführten Daten, gegebenenfalls auch die Approbationsurkunde oder die Urkunde über die Erlaubnis zur Führung einer Berufsbezeichnung beizufügen, eventuell auch ein Polizeiliches Führungszeugnis. Zusätzlich müssen das certificate of good standing und die Approbationsurkunde meist noch von einem in Deutschland vereidigten Dolmetscher in die Sprache des Gastlandes übersetzt und beglaubigt werden.


 

Dr. Dieter Buhtz

Badenallee 4, 14052 Berlin

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