Zweites Europaforum der BZÄK in Brüssel

Sonderregeln für die Gesundheitsberufe

Alfred Büttner
Die EU sieht im Berufsrecht ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung – und stellt damit bewährte Regeln infrage.

Am 28. November veranstaltete die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) zu diesem Thema ihr zweites Europaforum in Brüssel. Ein guter Zeitpunkt: Das Europäische Parlament stimmte den Richtlinienvorschlag für den umstrittenen Verhältnismäßigkeitstest nämlich wenige Tage später ab – und billigte am Ende die besondere Rolle der Gesundheitsberufe.

Je niedrigerer die Regulierung, desto besser geht es der Wirtschaft – diese fragwürdige These legt die EU* beim Richtlinienentwurf für den Verhältnismäßigkeitstest an: Mit diesem Test will sie klären, ob die Regulierung der betreffenden Berufe in den Mitgliedsländern verhältnismäßig ist und nicht etwa gesamtwirtschaftliche Ziele aushebelt. Mit der Umsetzung hätte der nationale Gesetzgeber dann zu prüfen, ob beispielsweise die Ober- und Untergrenzen in den Gebührenordnungen den Wettbewerb unbotmäßig beeinträchtigen. 

Das BZÄK-Europaforum in Brüssel

Das BZÄK-Europaforum in Brüssel

Im federführenden Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (IMCO) stand die Abstimmung darüber unmittelbar bevor – ein besseres Datum für den Austausch in Brüssel hätte es also nicht geben können. Der Einladung waren neben vielen weiteren Politikern mit den Abgeordneten Dr. Peter Liese (CDU) und Dr. Andreas Schwab (CDU) auch der gesundheits- und der binnenmarktpolitische Sprecher der EVP-Fraktion gefolgt. Die Vertreter der BZÄK warben dabei für die gemeinsame Position der Heilberufe: eine Ausnahmeregelung für diese Berufsgruppen zu schaffen. Sie warnten vor den mit der Richtlinie verbundenen und praktisch schwer umsetzbaren Nachweispflichten, die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung erfüllt werden müssten. 

Der Gesundheitsschutz wird berücksichtigt

EU-Parlament beschließt 



Schwab, der als IMCO-Berichterstatter eine Schlüsselfigur der parlamentarischen Beratungen ist, nahm sich viel Zeit für eine intensive Diskussion, beantwortete die zahlreichen Fragen und legte seine Positionen dar. Er wies darauf hin, dass angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Ausschuss eine Ausnahme für den Bereich Gesundheit, die auch er ursprünglich gefordert habe, keine Aussicht auf ausreichende Unterstützung hätte. Um der besonderen Rolle der Gesundheitsberufe gerecht zu werden, habe er für die unmittelbar bevorstehende Abstimmung im IMCO am 4. Dezember zahlreiche Kompromisse vorgeschlagen. So sollen die Mitgliedstaaten bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung neuen Berufsrechts, das die Heilberufe oder die Patientensicherheit betrifft, stets das Ziel eines hohen Niveaus des Gesundheitsschutzes berücksichtigen müssen, was durch weitere Vorschläge flankiert wird. Liese unterstützte diesen Ansatz ausdrücklich: Nur eine breite Mehrheit im IMCO garantiere ein solides Verhandlungsmandat im Sinne der Gesundheitsberufe.
Aus dem Bereich der Gesundheitspolitik wurden schließlich die umstrittenen Bestrebungen des Europäischen Komitees für Normung (CEN), Gesundheitsdienstleistungen europaweit zu normieren, diskutiert: Im Gesundheitsbereich gibt es bereits eine CEN-Norm zur plastischen Chirurgie, die als Vorläufer für den Rest der Medizin angesehen werden kann. Daher warnte die BZÄK davor, dass solche nicht rechtsverbindlichen CEN-Normen dennoch auf Dauer faktische Bindungswirkung entfalten könnten, etwa als Bewertungsmaßstab in juristischen Auseinandersetzungen.

Die Tätigkeiten der Gesundheitsberufe sind jedoch nach Auffassung der BZÄK und vieler anderer Heilberufe nicht normierbar, da sie auf einer individuellen Dienstleistung basieren, die auf dem persönlichen, von Vertrauen geprägten Verhältnis mit dem Patienten beruht. 

Alfred Büttner, BundeszahnärztekammerLeiter der Abteilung Europa/InternationalesAvenue de la Renaissance 1, B-1000 Brüssel

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