Profi-Schwimmer Jan-Philip Glania

Statt Olympische Spiele macht er jetzt Zahnarzt

silv
Zweimal kämpfte Jan-Philip Glania bei Olympischen Spielen, eine dritte Teilnahme in Tokio hätte seine Sportkarriere krönen sollen. Doch dann kam Corona. Nun hat er seine Badehose früher ausgezogen als geplant, um seine berufliche Karriere als Zahnarzt zu starten.

Für fast alle Menschen bedeutete Corona: umdenken. Für Spitzensportler kam noch hinzu, dass 2020 im Sportkalender ein besonderes Jahr ist, denn in Tokio sollten in diesem Sommer die Olympischen Spiele stattfinden. „Ich hatte bei den Spielen in London und Rio Blut geleckt, wollte in Tokio unbedingt dabei sein und danach meine Karriere beenden.“ Nach dem Staatsexamen im vergangenen Jahr an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main schien alles perfekt zu passen.

Willst Du wirklich noch ein Jahr trainieren?

„Ich hatte mich darauf gefreut, nach Tokio als Zahnarzt anfangen zu können“, sagt der deutsche Rekordhalter über 200 Meter Rücken. Sein größter sportlicher Erfolg war Staffel-Bronze bei der WM 2015, sein Traum war ein Einzelfinale in Tokio. Weitere Triumphe waren Deutscher Meister bei den Kurzbahnmeisterschaften (2011), mehrfacher Deutscher Meister über 100 Meter und 200 Meter Rücken, 10. Platz bei den Olympischen Spielen in London über 200 Meter Rücken (2012), ein 7., 9. und 12. Platz bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (2016).

Mit Beginn der Pandemie jedoch begann eine ganz andere Herausforderung für den Spitzen-Athleten, der 2014 EM-Dritter wurde. „Es war eine extrem schwierige Situation, alle Wettkämpfe wurden abgesagt, die Olympischen Spiele schließlich verschoben. Anfang April habe ich mich gefragt, wie es um meine Motivation steht, ob ich es mir zutraue, alles noch ein Jahr aufzuschieben.“ Die Spiele 2020 sollen – so die Pandemie-Lage es zulässt – ja nun im Sommer 2021 in Tokio stattfinden. „Das alles warf riesige Fragezeichen auf, am Ende fand ich, dass zu viele Unwägbarkeiten dabei waren. Mir ist das Training total schwergefallen, es gab zu viele Zweifel und es wurde immer schwieriger, mich selbst zu motivieren.“

Schon als Kind hatte er davon geträumt, einmal an den Olympischen Spielen teilzunehmen: „Ich fand den Gedanken beeindruckend, sein Land zu repräsentieren. Für Sportler ist es das größte Fest, die Olympischen Spiele sind mit keinem anderen Wettkampf zu vergleichen.“

Der Moment der Entscheidung war für den Fuldaer schließlich eine „Mischung aus Erleichterung und Bedauern“. Zum einen musste er Abschied vom erneuten Olympia-Traum nehmen, doch hatte er sich inzwischen ja einen anderen Wunsch erfüllt – und Zahnmedizin studiert. „Jetzt freue ich mich darauf, als Zahnarzt Fuß zu fassen“, sagt Glania gegenüber den zm. „Ich bin zum Glück nicht in ein Loch gefallen, denn ich wusste immer, was nach meiner Karriere als Sportler kommt. Ich habe mich auf meine Doktorarbeit gestürzt.“

Er sieht in seinem Beruf durchaus Parallelen zum Schwimmsport: „Man muss in beiden Fällen sehr diszipliniert, motiviert und konzentriert arbeiten, um sich zu verbessern und Techniken zu erlernen.“ Glania begann im Alter von fünf Jahren mit dem Schwimm-Training. Mit der Entscheidung, den Schwimmsport aufzugeben und in einer Praxis zu arbeiten, hat sich auch sein Tagesablauf radikal verändert. Sein Trainingspensum bestand bis vor Kurzem aus zehnmal zwei Stunden wöchentlich Training im Wasser, Stabilisations-Training, Erwärmung, Dehnung und Physiotherapie.

Gut, wenn man noch einen zweiten Traum hat

Spitzensportler hören nicht von heute auf morgen mit dem Sport auf, sie müssen sorgfältig „abtrainieren“. „Das Herz ist ein Muskel, der bei Sportlern viel gearbeitet hat und deshalb wieder ans normale Leben angepasst werden muss“, erklärt Glania, „das Abtrainieren dauert über ein Jahr. Ich versuche, jeden Tag etwas Sportliches zu machen, meistens Laufen oder Schwimmen.“ Schwimmen könne er auch seinen Kollegen, die oft über Rückenschmerzen oder Verspannungen klagen, empfehlen. „Wenn man es richtig macht, ist Schwimmen sehr rückenschonend, mir hilft es nach einem Arbeitstag sehr.“

Ab September arbeitet Glania in der Gemeinschaftspraxis Hommens in Fulda. Und vielleicht fährt er im kommenden Sommer doch nach Tokio. Als Zuschauer. Dann vermutlich mit ein bisschen Wehmut im Gepäck. Auf seiner Website www.glaniator.com ist sein erster Traum jedenfalls noch nicht gelöscht: „Mein Ziel: meine dritten Olympischen Spiele 2020 in Tokio!“ steht dort zu lesen.

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