Prof. Reinhard Hickel zur Situation

LMU München: Arbeiten im Corona-Hotspot

Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München lag wochenlang im Zentrum eines deutschen Corona-Hotspots. In dem Versorgungszentrum für ganz Südbayern wurden Hunderte Infizierte behandelt. Prof. Dr. med. dent. Reinhard Hickel schildert, was er in seiner Doppelfunktion als Direktor der LMU-Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie und als Dekan der Medizinischen Fakultät erlebt hat – und warum er den ersten COVID-Patienten unbedingt selbst behandeln wollte.

Wir haben von Anfang an relativ höhere Zahlen bei Intensivpatienten gehabt, weil wir viele Patienten aus ganz Südbayern zuverlegt bekommen haben“, berichtet Hickel. Aufgrund des riesigen Einzugsbereichs und den zum Teil sehr schweren Verläufen mit multiplem Organversagen habe man großen Respekt vor einem Patientenansturm gehabt. „Wenn es dazu gekommen wäre, hätten wir das in München nicht allein schaffen können.“

Trockenübungen zur Vorbereitung

Entsprechend frühzeitig sei das Hygiene- und Sicherheitskonzept weiterentwickelt und umgesetzt worden. Dazu gehörten unter anderem Trockenübungen und die Erstellung von Videos zum sicheren Umgang und Ablegen der ungewohnten persönlichen Schutzausrüstung (PSA), eine Digitalisierung der Vorlesungen, Verlegung der Ausbildung an Phantomköpfe so wie ein permanentes Screening aller Patienten, die täglich in die Zahnklinik kommen. „Wir messen seitdem kontaktlos die Temperatur und lassen uns Fragen zu Symptomen beantworten“, führt Hickel aus: „Bis heute haben wir in der Zahnklinik nicht einen Mitarbeiter, der sich an einem Patienten infiziert hat.“

Von den rund 10.000 Mitarbeitern des kompletten Klinikums hätten sich bis lang nur 75 infiziert, drei Viertel davon eher im privaten Umfeld. Durch NGS (Next generation sequencing) eine neue Methode zur Sequenzierung von Genomenlasse sich genau nachweisen, wer wen infiziert hat und woher das jeweilige Virus stammt. Infektionen innerhalb des Klinikums sind die Ausnahme sie datieren auf die Anfangstage der Pandemie, als ein unerkannter COVID-Patient aus Südtirol eingeflogen wurde. „Er kam mit Falschdiagnose Influenza und musste aufgrund seines lebensbedrohlichen Zustands bei uns sofort intubiert werden wobei sich alle drei beteiligten Mitarbeiter infiziert haben“, erzählt Hickel.

Erfahrungsberichte aus ausgesuchten Covid-19 Ambulanzen

  • Eberswalde: „Wir liegen auf der Lauer“

    Seit Wochen hält COVID-19 PD Dr. Dr. Meikel A. Vesper in Atem. Seit Anfang März ist der Chefarzt der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Eberswalde Hygienebeauftragter des gesamten Krankenhauses. Die Arbeit hat sich gelohnt: Für die zahnmedizinische Behandlung von Infizierten ist das Haus bestens vorbereitet.

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  • Freiburg: Positive Resonanz von allen Seiten

    Irreversible Pulpitis, Zahnfrakturen, Füllungsverluste, Abszesse, Dentitio difficilis, Alveolitis sicca – das waren die Beschwerden, mit denen seit Ende März rund zwei Dutzend COVID-19-Patienten in die Freiburger Klinik-Ambulanz kamen. Trepanationen, Inzisionen, provisorische Füllungstherapien und große Dankbarkeit waren die Folge.

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  • Leipzig: Limitierender Faktor bleibt die Schutzausrüstung

    Ende April wurde an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie in Leipzig eine COVID-19-Ambulanz aufgebaut. Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. Bernd Lethaus schildert seine Eindrücke der ersten Wochen.

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  • München: Arbeiten im Corona-Hotspot

    Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München lag wochenlang im Zentrum eines deutschen Corona-Hotspots. In dem Versorgungszentrum für ganz Südbayern wurden Hunderte Infizierte behandelt. Prof. Dr. med. dent. Reinhard Hickel schildert, was er in seiner Doppelfunktion als Direktor der LMU-Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie und als Dekan der Medizinischen Fakultät erlebt hat – und warum er den ersten COVID-Patienten unbedingt selbst behandeln wollte.

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Jeden Tag werden mehr als 20.000 MNS verbraucht

Der bisherige Erfolg in München ist für Hickel ein Zusammenspiel „vieler kleiner Mosaiksteine“. Im Krisenmodus herrsche eine gute Harmonie im Haus und auch die Sicherheitsmaßnahme der Verlagerung eines Teils der Belegschaft ins Homeoffice habe gut geklappt.

Bis genaue Zahlen zu den zahnmedizinischen Behandlungen vorliegen, wird es noch dauern. Aktuell habe es noch keine Zeit für eine Auswertung gegeben, so der Klinikdirektor. Die Zahl der Behandlungsfälle schwankte in der Vergangenheit zu stark. „Mal waren es 15, mal 80 am Tag“, sagt Hickel, der sehr froh ist, dass es zu keinem Zeitpunkt einen Engpass an PSA gab. „Als Großklinikum haben wir zum Glück einen ganz anderen Einkauf als viele anderen Häuser.“

Als Vorsichtsmaßnahme und aufgrund zahlreicher Diebstähle in den Anfangstagen der Pandemie habe man täglich hochrechnen lassen, wie lange die Bestände noch ausreichen. „Der niedrigste Stand waren zwischendurch mal 12 Tage, jetzt sind wir wieder an dem Punkt, dass wir für mehr als vier Wochen Material haben“, fasst Hickel zusammen und gibt zur Orientierung eine Größenordnung: Jeden Tag werden im gesamten Klinikum ca. 20.000 Mund-Nasen-Schutze verbraucht.

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