Europäischer Gerichtshof

Berufsrecht bleibt Sache der EU-Mitgliedstaaten!

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat geurteilt, dass es Sache der EU-Mitgliedstaaten ist, ob sie bei Gesundheitsberufen einen partiellen Zugang zulassen oder nicht. Dabei lag die Frage zugrunde, ob für Berufe wie Arzt oder Zahnarzt, die nach der EU-Berufsqualifikationsrichtlinie europaweit von einer automatischen Anerkennung profitieren, das Konzept des Teilzugangs prinzipiell gilt.

Der EuGH kommt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass ein EU-Mitgliedstaat einen „partiellen Zugang“ bei den Berufen im Gesundheitswesen zulassen kann, die nach den Vorgaben der Berufsqualifikationsrichtlinie (2005/36/EG) von einer automatischen Anerkennung profitieren: Ärzte und Ärztinnen, Krankenschwestern und -pfleger, Hebammen, Tierärzte und Tierärztinnen, Zahnärzte und Zahnärztinnen sowie Apotheker und Apothekerinnen. Gleichzeitig stellten die Richter klar, dass die Staaten bei Gesundheitsberufen das Recht haben, einen partiellen Zugang aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zu verweigern.

Der französische Staatsrat Conseil d’État hatte auf Initiative der französischen Zahnärztekammer das Verfahren angestrengt. Er wollte wissen, ob das 2013 neu in die Berufsanerkennungsrichtlinie eingeführte Konzept des partiellen Zugangs auch für die Berufe gilt, die nach der Richtlinie einer automatischen Anerkennung unterliegen. Dieser Teilzugang erlaubt es Berufsangehörigen, deren Ausbildungsinhalte von denen eines reglementierten Berufs im Zielland abweichen, auf Grundlage einer Einzelfallprüfung zumindest eine teilweise Anerkennung ihrer Abschlüsse zu erhalten. Nach Artikel 4 f der Berufsanerkennungsrichtlinie Absatz 6 greift der Teilzugang aber nicht für Berufsangehörige, für die die automatische Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen gilt.

Im November 2017 hatte Frankreich bei der Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie jedoch einen partiellen Zugang für alle Heilberufe – einschließlich der Ärzte und Zahnärzte – eingeführt. Die französischen Heilberufsverbände wehrten sich – allen voran der Berufsverband der französischen Zahnärzte und die französische Zahnärztekammer. Sie meinten, der partielle Zugang könne nicht für Berufe gelten, bei denen EU-Recht die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse vorsieht. Hier sei nur ein „Alles oder Nichts“ möglich. Die französische Regierung, getragen von der Europäischen Kommission, argumentierte hingegen, dass die Richtlinie kein absolutes Verbot eines partiellen Zugangs beinhalte. Dieser Linie schloss sich im Oktober 2020 der EuGH-Generalanwalt Gerard Hogan an.

Der EuGH sieht in Artikel 4 f Absatz 6 kein allgemeines europarechtliches Verbot eines partiellen Zugangs für die Berufe, die der automatischen Anerkennung unterliegen, unterstreicht die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in ihrer Urteilsbewertung. Allerdings überlassen es die Richter den Mitgliedstaaten, ob sie den Teilzugang für diese Berufe erlauben oder aus übergeordneten Gründen verweigern. Dass hier die Gesundheitsberufe ausdrücklich hervorgehoben werden sei positiv. Nachteilig sei, dass den Berufsverbänden auf nationaler Ebene jetzt das Argument genommen wird, die Richtlinie untersage den Teilzugang für diejenigen Berufe, die der automatischen Anerkennung unterliegen. Das Vorgehen der französischen Zahnärzte ist aus Sicht der BZÄK für die Zahnärzte in anderen EU-Ländern kontraproduktiv. Für die BZÄK stellt sich die Frage: Welche Berufe aus dem zahnärztlichen Umfeld könnten für den Teilzugang infrage kommen? Und welche Relevanz hat die Entscheidung für Deutschland?

Die BZÄK hält die Klage für kontraproduktiv

Denkbar wäre, dass ausländische Bachelor-DH oder Dentaltherapeuten einen Teilzugang beantragen. Die BZÄK weist allerdings darauf hin, dass es sich bei der DH in Deutschland nicht um einen regulierten Beruf, sondern lediglich um eine berufliche Qualifikation handelt. Ein partieller und vollständiger Zugang von ausländischen DH zum deutschen Arbeitsmarkt bestehe schon heute über das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz sowie über die Einzelfallprüfung.

Europäischer Gerichtshof (EuGH) Az: C-940/19Urteil vom 25. Februar 2021

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