Landessozialgericht Baden-Württemberg

TI-Konnektor: Klage gegen vollständige Kostenerstattung abgewiesen

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Klage eines Arztes abgewiesen, der von seiner KV die komplette Erstattung der Kosten beim Betrieb des Konnektors für die Telematikinfrastruktur (TI) verlangt hatte.

Mit Urteil vom 30. Oktober 2020 hatte das Sozialgericht Stuttgart die Klage abgewiesen, die Berufung aber zugelassen. Zur Begründung hatten die Richter ausgeführt, die KV habe im Bescheid die Pauschalen nach der TI-Finanzierungsvereinbarung zutreffend und der Höhe nach korrekt berechnet. Für die Erstattung höherer Kosten fehle es an einer Anspruchsgrundlage.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg wies die Berufung des Arztes nun zurück und bestätigte die Vorinstanz: Der Anspruch auf Kostenerstattung ergebe sich aus der im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften abgeschlossenen „TI-Finanzierungsvereinbarung“. Jene regele abschließend und ausschließlich via Pauschalen die Erstattung der Kosten, die der Vertragsarztpraxis durch die Einführung und den Betrieb der TI entstehen.

Diesem Auftrag seien die Vertragspartner vollständig nachgekommen. Die festgelegten Pauschalen habe die KV dem Arzt in richtiger Höhe gutgeschrieben. Eine Erstattung von Lohnkosten für Praxismitarbeiter, die bei der Behebung technischer Probleme der PVS infolge der Inbetriebnahme des TI-Konnektors und der Anbindung an die TI entstanden sind, sehe weder das Gesetz noch die TI-Finanzierungsvereinbarung vor. „Es handelt sich weder um erstmalige Ausstattungskosten noch um Kosten, die dem Kläger im laufenden Betrieb der TI, sondern im Betrieb der Praxissoftware entstanden seien“, stellten die Richter fest.

Bei Programmfehlern oder Anpassungsbedarf der PVS sei nicht die KV, sondern der Softwarehersteller zuständig. Dass in dem betreffenden Zeitraum die der TI-Finanzierungsvereinbarung zugrunde gelegten Marktpreise nicht den tatsächlichen Preisen entsprochen hätten, treffe nicht zu.

Bei Programmfehlern ist nicht die KV zuständig

Im Übrigen lasse sich aus der vereinbarten Pflicht zur umgehenden Aufnahme von Verhandlungen zur Finanzierungsvereinbarung kein Erstattungsanspruch des Arztes ableiten. Vielmehr gelten die vereinbarten Pauschalen bis zur Änderung. Eine Anpassung der Pauschalen sei trotz mehrfacher Änderung der Vereinbarung bis heute nicht erfolgt.

Wenn der Arzt darauf abhebe, dass auch die KV die Erstattung der Aufwendungen für die Digitalisierung fordert und den Betrieb der gesamten TI als Daseinsinfrastruktur analog zum Bundesautobahnennetz als Aufgabe des Staates nicht mehr dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung zurechnen will, handele es sich um eine politische Forderung, die bislang keinen Eingang in die Rechtslage gefunden hat.

Die Revision ans Bundessozialgericht wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Az.:L 5 KA 107/21 Urteil vom 26. Oktober 2022

Der Fall

Die KV Baden-Württemberg hatte das Honorar für den zugelassenen Kinder-  und Jugendmediziner für das dritte Quartal 2018 auf rund 100.000 Euro  festgesetzt, darin inbegriffen war für die Betriebskosten der  Telematikinfrastruktur (TI) ein Betrag von 294,51 Euro, der aus je einer  Pauschale für die Betriebskosten der TI, den Praxis- und den  Heilberufsausweis bestand.

Dagegen legte der Arzt Widerspruch  ein: Ihm stehe ein Anspruch auf Erstattung sämtlicher Betriebskosten der  TI zu. Die Kosten für den TI-Betrieb und damit untrennbar verbundene  Aufwände würden sich allein im dritten Quartal 2018 auf 864,17 Euro  belaufen. Zu den 294,51 Euro hatte der Arzt somit noch Aufwendungen  hinzugerechnet, die mit der Bereitstellung der Praxisausweise angefallen  seien (laut Rechnung der Bundesdruckerei 571,20 Euro). Bei einer  Laufzeit des Praxisausweises von 60 Monaten ergebe sich eine monatliche  Kostenbelastung von 9,52 beziehungsweise 28,56 Euro pro Quartal.  Weiterhin seien Kosten für ein Leistungspaket eines privaten Anbieters  von monatlich 82,67 Euro (248,01 Euro pro Quartal) für Service, Wartung  und Bereitstellung des VPN-Zugangs entstanden.

Schließlich habe  der Arzt Anspruch auf die Erstattung jener Lohnkosten, die  nicht-ärztliche Mitarbeiter der Praxis darauf verwendet hätten, um  Probleme mit dem Betrieb und der Aufrechterhaltung der TI zu bearbeiten  (arbeitstäglich 0,5 bis 1,5 Stunden; pro Woche 45,20 Euro, bei 13  Kalenderwochen insgesamt 587,60 Euro).

Die KV wies den  Widerspruch zurück: Dem Arzt seien die ihm nach der  TI-Finanzierungsvereinbarung zustehenden Pauschalen erstattet worden.  Den gesetzlichen Regelungen sei nicht zu entnehmen, dass die Pauschalen  kostendeckend im Sinne einer Vollkostenerstattung sein müssen. Es  handele sich vielmehr um eine Anschubfinanzierung. Darüber hinaus  müssten die Krankenkassen in diesem Zusammenhang Investitionen von circa  1 Milliarde Euro aus Versichertenbeträgen aufbringen.

Vor diesem Hintergrund erscheine auch eine etwaige finanzielle Belastung der  Ärzte im Interesse des Gemeinwohls zumutbar, insbesondere zur  Steigerung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung. Die  laufenden Kosten für die Praxisausweise würden als Betriebskosten in  Höhe von 23,25 Euro quartalsweise vergütet. Die drei zugelassenen  Anbieter würden den Praxisausweis in der Höhe dieser Pauschale anbieten.  Das Servicepaket werde als Teil der laufenden Betriebskosten durch eine  Pauschale von 248 Euro pro Quartal abgegolten. Ein Anspruch auf die  Erstattung von Lohnkosten bestehe nicht.

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