Karlsruher Vortrag „Mund auf“

„Was verschleißt, sollte der Biosphäre nützlich sein”

Hinter dem Cradle to Cradle-Konzept verbirgt sich eine umweltschonende Kreislaufwirtschaft ohne Abfall. Der Begründer, Prof. Dr. Michael Braungart, sprach auf dem Karlsruher Vortrag „Mund auf“ über seine Vision: den Menschen als Chance für den Planeten zu begreifen.

Nicht weniger schlecht sein, sondern positive Mehrwerte für Mensch, Umwelt und Business schaffen – das ist der Denkansatz von Prof. Dr. Michael Braungart, um Müll- und Umweltprobleme in den Griff zu bekommen. Mit seinem innovativen Design-Konzept Cradle to Cradle („von der Wiege bis zur Wiege“) entwickelte der Chemiker und Verfahrenstechniker Produktionsprozesse und Produkte, die nicht nur völlig unschädlich für Mensch und Natur sind, sondern ihnen auch nützlich sein sollen. Mittlerweile ist aus dem Konzept eine breite Bewegung entstanden. Auf dem Karlsruher Vortrag „Mund auf“ der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung gab Braungart seinem – nicht nur zahnärztlichen – Publikum per Online-Übertragung Einblicke in seine Denkwelt.

Das Denken in Kreisläufen, ein positives Menschenbild, weg von Schwarzmalerei und hin zum Leben als Chance – diese Vision hat Braungart seinem Publikum vermittelt. „Wir müssen erreichen, dass wir nützlich sind für den Planeten“, sagte er. Nachhaltigkeit sei nicht unbedingt das oberste Ziel, denn sie optimiere nur einen Status quo. Es gehe um Effizienz statt Effektivität, erklärte er. Wichtig ist für Braungart: „Wir sollten gesund sein und darauf hinwirken, dass es uns gut geht. Sinnvoll ist, einen anderen Lebenswandel zu führen, damit wir uns darüber freuen können.“ Und: „Alles, was verschleißt, sollte der Biosphäre nützlich sein.“ Als kleines Beispiel hatte er einen von ihm entwickelten Schuh mitgebracht, der sich – einmal entsorgt – innerhalb von sechs Monaten umweltverträglich auflösen kann.

Braungart entwickelte sein Konzept zusammen mit dem amerikanischen Architekten William McDonough. Seine Firma mit Sitz in Virginia (USA) arbeitet daran, neue Materialien zu entwickeln, die Cradle to Cradle-Richtlinien gerecht werden. Alle Produkte sollen so anspruchsvoll und intelligent hergestellt werden, dass sie zu 100 Prozent wiederverwertet werden können. Ziel ist es, die Cradle to Cradle-Designprinzipien in Industriebranchen wie Textil, Verpackungen, Automobil, Gebäude, Verbrauchsgüter oder Kosmetik zu etablieren. 

Ein Schuh, der sich in Luft auflösen kann

Beispiele für Produkte, die aufgrund des Cradle to Cradle-Prinzips entstanden sind: Kreislauffähige Materialien bei Möbeln: zum Beispiel biologisch abbaubare Stoffe, ein feinstaubbindender Teppichboden mit Akustikfunktion für ein gesundes Raumklima, C2C-zertifizierte Möbel wie Bürostühle, die nicht nur hochwertig recycelbar, sondern auch mit einer Rücknahmegarantie ausgestattet sind. Textilien aus ökologisch 100 Prozent reinen Materialien (Baumwolle, Viskose, Seide und Leinen, die nach ihrer Nutzung als Nährstoffe sicher zurück in den biologischen Kreislauf geführt werden sollen). Konsumgüter und Kosmetik (Nicht nur das Produkt wird optimiert, sondern auch die Verpackung, etwa durch ein qualitativ hochwertiges Recycling).

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.