Einstellungsmanagement

Auch Sie bewerben sich bei den Neuen!

Der Bewerbungsprozess ist keine Einbahnstraße: Sie schauen sich die BewerberInnen an und werden umgekehrt ebenfalls ganz genau beäugt. Zwei Expertinnen geben Tipps, wie das gelingt und was man besser sein lässt.

1. Ziel ist, dass die Bewerberin auf der Website anklingelt

BewerberInnen merken gleich oder haben sich vielleicht schon vorab informiert, wie es in der Praxis zugeht. „Wichtig ist, insgesamt ein gutes Praxisklima zu schaffen, so dass alle wirklich gern zur Arbeit kommen“, betont Dr. Anke Handrock, Coach und Praxistrainerin. Das heißt: „Konflikte im Team sollten Sie nach Möglichkeit sofort lösen und immer ein offenes Ohr für die Themen der Mitarbeitenden haben.“ Man unterschätze, wie viel über Mund-zu-Mund-Propaganda live und in den sozialen Netzwerken läuft, sagt die Expertin.

Handrock: „Und wenn negativ über Sie als Arbeitgeber berichtet wird, geht langfristig die Zahl der Bewerbungen zurück.“ Zentral für ein gutes Mit­einander im Team seien Austausch, Wertschätzung und ein faires Gehalt — und gemeinsame Momente, wie etwa ein regelmäßiges gemeinsames Mittagessen. „Betreiben Sie einen Praxis-Account in den sozialen Netzwerken, denn das gibt Ihnen die Gelegenheit, authentische Einblicke in Ihre Arbeit zu geben“, rät sie. „Man kann sich die Webseite heutzutage quasi als Türschild vorstellen. Dort klingelt aber nur jemand, der vorher in den Social-Media-Kanälen auf die Tür aufmerksam geworden ist."

Dr. Dr. Anette Strunz betreibt selbst eine Praxis in Berlin, ist im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) als Pressesprecherin und hat sich intensiv mit Personal­führung beschäftigt und weitergebildet. Sie sagt, für den Erfolg einer Praxis, der auch nach außen dringt, sei es wichtig, dass man sieht, was jede einzelne Mitarbeitende braucht. Zugewandtheit schafft ein Wir-Gefühl. „Wer echtes Interesse ausstrahlt, weckt die Neugierde und das Vertrauen des Gegenübers. Das kommt beim Bewerbungsgespräch gut an!“

2. Einladen, abholen, aber nicht anschwindeln

Auf eine einladend und ehrlich formulierte Stellenausschreibung folgt die erste Kontaktaufnahme zu den Bewerberinnen. Ein Anruf kann das Eis eher brechen als eine schriftliche Nachricht. In jedem Fall findet jetzt erstmals der direkte Kontakt statt. Hier heißt das Motto 'abholen, nicht überrumpeln': Wer kurz das Setting und den Ablauf erklärt, kann mögliche Unsicherheiten mindern und so die Hemmschwelle senken. Handrock ermuntert, proaktiv und offen, aber nicht überfordernd auf die Interessentinnen zuzugehen. „Holen Sie die Bewerberin schon einmal ab, indem Sie ihr sagen, was sie erwartet – etwa wie das Onboarding abläuft. Das nimmt Unsicherheit, gerade in der aufregenden Auftaktphase."

Versprechen Sie aber nichts, was Sie nicht halten können oder wollen, nur um im Moment des Kennenlernens zu glänzen. Denn „enttäuschte Erwartungen durch falsche Versprechungen sind neben der Unternehmenskultur einer der häufigsten Kündigungsgründe“, so Handrock. Das hat eine Untersuchung des Jobportals StepStone gezeigt. „Die Neuen sind in der neuen Praxis noch nicht gebunden und der Arbeitsmarkt sieht so eng aus, dass jede Mitarbeitende jederzeit eine andere Stelle mit einem mindestens gleich hohen Gehalt findet. Wenn sie enttäuscht wird von nicht eingehaltenen Versprechungen, ist sie wieder weg!“ Die Erwartungen sollten daher zeitnah im Praxisalltag erfüllt werden.

3. Das erste „face to face": So führen Sie das Gespräch

Zwischen 30 und 45 Minuten sollten Sie für das Job-Interview einplanen. „Genug Zeit, um in Ruhe die wichtigsten Fragen durchzugehen, aber man stiehlt der Bewerberin nicht den halben Tag", sagt Handrock. Zum Auftakt kann Small Talk helfen, dann geht es ums Fachliche, um die Kenntnisse der Fachkraft auszuloten. Zum Ende hin sollte auch sie Zeit haben, ihre Fragen zu stellen. Vorbereitung lohnt sich in jedem Fall: Wer kommt für welche Stelle zu welchen Konditionen? Gibt es eine Perspektive in dem Job? Das interessiert die Bewerberinnen brennend. Jüngeren ist es oft wichtig, dass die Praxis möglichst viel digital arbeitet.

Bietet die Praxis Incentives, sollten diese zum Ende des Gesprächs vorgestellt werden. Natürlich sind solche Leistungen attraktiv, sollten aber nicht das Argument für eine Zusage seitens der KandidatInnen sein. Und nochmal: Ein gutes Arbeitsklima und ein fairer Umgang miteinander können kaum von Geld und Geschenken wettgemacht werden. Zudem immer wichtiger wird die Fortbildung: Auch mit möglichen Entwicklungschancen kann eine Praxis punkten. „Und pflegen Sie Team-stärkende Unternehmungen — wie gemeinsame Fortbildungen, regelmäßiges Pizza-Essen, Ausflüge oder gemeinsamer Sport. Erzählen Sie ruhig auch davon“, empfiehlt Strunz.

„Ein No-Go ist dagegen, sich im Gespräch in irgendeiner Weise negativ über Mitarbeitende zu äußern", stellt Handrock klar. Auch der Begriff „Personal“ ist zum Teil negativ besetzt. Und „Mitarbeiter m/w/d“ wirkt auch nicht besonders einladend." Strunz bestätigt: „Auch über ehemalige Mitarbeitende zu lästern oder von den 'Mädels' zu reden, ist weder klug noch angebracht.“

4.Mit Wertschätzung zusammenwachsen

Lief es gut, geben Sie der Interessentin so zeitnah wie möglich Bescheid und schildern kurz den weiteren Ablauf. Passt es nicht, sollten Sie – nicht zuletzt der guten Form halber – frühestmöglich absagen. „Überlegen Sie aber sorgfältig und entscheiden Sie nicht vorschnell. Wenn Sie unsicher sind in Bezug auf eine Kandidatin, kann ein weiteres Gespräch und ein vertieftes persönliches Kennenlernen bei der Entscheidungsfindung helfen“, gibt Strunz zu bedenken.

Haben sich beide Seiten gefunden, ist es gut, wenn Sie als Praxisführung echtes Interesse bekunden. „Das schweißt zusammen. Deshalb ruhig mal nachfragen, wie das Wochenende so war“, empfiehlt Strunz. Erlebt die Neue dann die erste stressige Situa­tion, ist ein Danke angebracht. Denn wer sich wahrgenommen fühlt, der bleibt.

Handrock: „Nach der Einstellung ist immer vor der Einstellung – ein gutes Mitarbeiter-Branding gelingt nur, wenn man permanent dranbleibt und auch in den sozialen Netzen präsent ist.“ Strunz: „Man kann nur eine gute Chefin oder ein guter Chef sein, wenn man authentisch ist und die eigenen Erwartungen vorlebt!“ LL

Kurzinfos zu den beiden Expertinnen:

Dr. med. dent. Anke Handrock leitet seit 1995 ihr eigenes Beratungsunternehmen für Coaching und Training für Praxen. Sie hat sich insbesondere auf systemisch-strategische Team-Kommunikation spezialisiert.

Dr. med. Dr. med. dent. Anette Strunz ist Fachärztin für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie und in Berlin niedergelassen. Sie ist Mitglied in der DGZMK, der DGI, der DGMKG, der DGZH und bei Dentista und seit 2018 im Vorstand der DGI als Pressesprecherin.

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