Aus der Wissenschaft

Auch Zahnmedizin hilft Schlaganfallpatienten

Peer W. Kämmerer
Die professionelle Mundhygiene und die zahnärztliche Behandlung können bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten eine wertvolle Unterstützung bieten. Eine japanische Arbeitsgruppe hat sich die Zusammenhänge zwischen dem Status der Mundgesundheit und der Nahrungsaufnahme näher angesehen.

Obwohl die Schlaganfallmortalität mit Fortschritten in der Intensivpflege zurückgegangen ist, bleiben die daraus resultierenden Folgeerscheinungen für Schlaganfallüberlebende häufig bestehen. Diese können die Lebensqualität erheblich reduzieren. Auch die Mundgesundheit kann sich nach einem Apoplex aufgrund von Hirnschäden, einer Verschlechterung des systemischen Zustands, Bewusstseinsstörungen und anderen Faktoren während der Behandlung – insbesondere im akuten Stadium – verschlechtern. Die betroffenen Patienten leiden häufig unter oralen Problemen wie einem nicht passenden Zahnersatz, Mundtrockenheit, kariösen Läsionen und einer Parodontitis. Eine verschlechterte Mundhygiene, eingeschränkte orale Funktionen sowie ein schlechter allgemeiner Gesundheitszustand erhöhen wiederum das Risiko schwerer Komplikationen (etwa generalisierte Mangelernährung oder Aspirationspneumonie).

Die japanische Arbeitsgruppe von Sakai et al. hat sich daher die Aufgabe gestellt, im Rahmen einer prospektiven Beobachtungsstudie die Veränderungen der Mundgesundheit während der akuten und subakuten Stadien des Schlaganfalls sowie die Zusammenhänge zwischen dem Status der oralen Nahrungsaufnahme und den Aktivitäten des täglichen Lebens unter zahnärztlicher Betreuung zu evaluieren.

Material und Methoden

In der Zeit zwischen 2018 und 2021 wurden final 98 Patienten rekrutiert, die nach einem Apoplex auf eine Akutstation für Schlaganfälle eingewiesen und zur Mundgesundheitsintervention zusätzlich an ein zahnärztliches Team überwiesen worden waren. Die Mundgesundheit der Patienten wurde zu drei Zeitpunkten bewertet: zum Zeitpunkt der ersten Überweisung an ein zahnärztliches Team nach der Aufnahme, direkt nach der Verlegung in eine subakute Rehabilitationseinheit und einen Monat nach der Verlegung. Eine zahnärztliche Untersuchung und Behandlung fand generell einmal in der Woche statt. Die während des Krankenhausaufenthalts durchgeführten zahnärztlichen Eingriffe wurden erfasst und in die Kategorien Mundgesundheitspflege durch Dentalhygieniker, Parodontitisbehandlung, Zahnextraktion, Kariesbehandlung, Prothesenanpassung beziehungsweise -reparatur und Prothesenherstellung kategorisiert. Der Status der oralen Nahrungsaufnahme wurde anhand von Krankenakten beurteilt.

Ergebnisse

Die ermittelten Werte für die Mundgesundheit unterschieden sich zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht zwischen der Gruppe mit oraler Nahrungsaufnahme, der Gruppe mit Dysphagie-Diät und der Gruppe mit nicht-oraler Nahrungsaufnahme. Im akuten Stadium verringerten sich die Beschwerden im Zusammenhang mit Lippen, oraler Mukosa, Speichel und Mundhygiene deutlich, was wahrscheinlich auf die Mundgesundheitspflege zurückzuführen ist. Die tägliche Pflege erfolgte durch Stationspersonal, die professionelle Pflege durch Dentalhygieniker. Insbesondere in der Gruppe mit normaler Ernährung zeigte sich beim letzten Auswertungszeitpunkt ein deutlicher Fortschritt. Generell verbesserten sich die Mundhygienewerte im akuten Stadium, während sich die Werte für Zahnersatz und natürliche Zähne im subakuten Stadium deutlich verbesserten. Die Verweildauer in einer subakuten Rehabilitationseinheit beträgt laut den Autoren bei Schlaganfallpatienten in der Regel zwei bis drei Monate. In diesem Zeitraum kann mehr Zeit für die zahnärztliche Behandlung aufgewendet werden, während in der akuten Phase insbesondere die Mundhygiene im Fokus steht.

Diskussion

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein schlechter Mundgesundheitszustand sich bei Schlaganfallpatienten im akuten Stadium durch Mundgesundheitspflege verbessern und in der subakuten Rehabilitationseinheit durch fortgesetzte zahnärztliche Eingriffe weiter verbessern könnte. Die Förderung eines guten Mundgesundheitszustands ging mit einer Zunahme der oralen Nahrungsaufnahme einher, was darauf hindeutet, dass eine zahnärztliche Versorgung im akuten und im subakuten Stadium nach einem Schlaganfall den Nahrungsaufnahmestatus im Hinblick auf eine eventuelle Entlassung aus der Rehabilitationseinheit verbessern könnte. Leider fehlt in der Studie eine Kontrollgruppe – wobei die Autoren argumentieren, dass es unethisch gewesen wäre, eine Kontrollgruppe ohne Mundgesundheitsversorgung zu inkludieren, da die Wirksamkeit der zahnärztlichen Interventionen zur Prävention von Lungenentzündungen in der akuten Phase eines Schlaganfalls bereits eindeutig nachgewiesen worden war.

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse legen nahe, dass zahnärztliche Eingriffe im akuten und im subakuten Stadium eines Schlaganfalls zu einer verbesserten Mundgesundheit und zur oralen Nahrungsaufnahme beitragen können. Dies unterstreicht die hohe Wertigkeit der zahnärztlichen Tätigkeit im Rahmen allgemeinmedizinischer Erkrankungen.

Die Studie:
Sakai A, Matsuo K, Sekimoto Y, Hidaka R, Yoshihara A: Changes in oral health status with dental intervention during acute to subacute stages of stroke. Gerodontology. 2023;00:1-7 [Online ahead of print]

Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer

Leitender Oberarzt/Stellvertr. Klinikdirektor
Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer-
und Gesichtschirurgie – Plastische
Operationen, Universitätsmedizin Mainz
Augustusplatz 2, 55131 Mainz

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