Auswirkungen des GKV-FinStG auf PAR-Therapie

KZBV widerspricht BMG-Evaluation

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Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat kürzlich seine Evaluierung der Auswirkungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) auf die Parodontitisversorgung vorgelegt. Ergebnis: Keine Verschlechterung feststellbar. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) widerspricht mit einem 7-Punkte-Papier.

Knapp 5,5 Seiten umfasst die am 23. Oktober vorgelegte Evaluierung des BMG, die bereits für Ende September angekündigt war. Die eigentliche Bewertung wird auf etwas über zwei Seiten abgehandelt. Das Ergebnis der Evaluierung aus dem Hause von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist ebenso kompakt: „Insgesamt ist festzustellen, dass in dem der Evaluation zur Verfügung stehenden Zeitraum und mit den vorhandenen Daten eine Verschlechterung der Versorgung von Versicherten mit PAR Leistungen nicht festgestellt werden kann“, heißt es am Ende des Papiers.

Dem widersprach die KZBV Anfang November mit einer 7 Punkte umfassenden Stellungnahme. Das BMG ignoriere entscheidende Fakten, heißt es darin: „Die BMG-Evaluierung ist eine statische Momentaufnahme und Ausweis einer kurzsichtigen, fehlgeleiteten Kostendämpfungspolitik, die die Versorgungsperspektive in 2024 und den Folgejahren nicht in den Blick nimmt. Aufgrund eindeutig rückläufiger Neubehandlungsfälle, aktuell im September mit einem Rückgang von rund 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, droht ein Scheitern der neuen präventionsorientierten Parodontitisversorgung.“

BMG sieht begrenzte PAR-Behandlungskapazitäten

Für den im von der KZBV und der DG PARO im bereits Ende September vorgelegten gemeinsamen Evaluationsbericht festgestellten deutlichen Rückgang der Parodontitis-Neubehandlungen hat das BMG eine einfache Erklärung: „Allerdings kommt die Verlangsamung des Anstiegs der Anzahl der Neubehandlungen nicht überraschend. Die neuen Regelungen zu den PAR-Behandlungen sehen eine erhebliche Ausweitung der Leistungen pro Fall und eine deutliche zeitliche Verlängerung der Behandlung vor. Vor diesem Hintergrund werden die Zahnarztpraxen die Aufnahme von PAR-Behandlungen aufgrund begrenzter Behandlungskapazitäten nicht beliebig ausdehnen können“, heißt es im BMG-Papier.

Die KZBV erwiderte, das BMG lasse dabei außen vor, dass sich die Praxen parallel zu den langjährigen Verhandlungen im G-BA auf die Herausforderungen bei der Bekämpfung der Parodontitis ausgerichtet und Kapazitäten aufgebaut hätten. „PAR-Neubehandlungen sind organisatorisch gut in den Praxisablauf zu integrieren. Sie sind gut planbar. Begrenzte Behandlungskapazitäten können insofern nicht der Grund für den Rückgang der Neubehandlungsfälle sein“, erklärt die KZBV. Der Rückgang sei vielmehr „einzig auf die mit Einführung der strikten Budgetierung politisch verursachte Planungsunsicherheit in den Praxen zurückzuführen“.

Laut KZBV deutet derzeit alles darauf hin, dass sich dieser bundesweite rückläufige Trend noch weiter im hohen Maße fortsetzen werde. „Damit wird das mit der PAR-Richtlinie des G-BA verbundene Versorgungsziel im Gegensatz zu den Schlussfolgerungen der BMG-Evaluierung deutlich verfehlt. Das ist für die Mund- und Allemeingesundheit der Menschen eine Katastrophe“, schlussfolgert die KZBV.

Union rügt Rotstift bei Parodontitistherapie

Mit der Prävention und Gesundheitsförderung insbesondere im Kampf gegen Parodontitis befasst sich die Unionsfraktion in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 20/8997 vom 25. Oktober 2023) von Friedrich Merz (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU).

Während die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart hätten, Vorsorge und Prävention zum Leitbild der Gesundheitspolitik zu erheben, setze sie mit ihrem Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 bei der Prävention den Rotstift an. „Darüber hinaus entzieht das GKV-FinStG der gerade erst eingeführten, präventionsorientierten Parodontitistherapie für den zahnärztlichen Bereich in 2023 und 2024 finanzielle Mittel.“

Für die GKV-Versicherten gewährleiste die im Juli 2021 in Kraft getretene PAR-Richtlinie die systematische Behandlung der Parodontitis nach dem aktuellen Stand der zahnmedizinischen Erkenntnisse und ohne Zugangsbeschränkungen für die Versicherten.

Alle Beteiligten im Rahmen des Beratungsverfahrens im G-BA – GKV-Spitzenverband, Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und die Patientenvertretung – seien dabei von einem bis dato bestehenden deutlichen Missverhältnis zwischen der Anzahl der Erkrankungen zur Anzahl der notwendigen Behandlungen ausgegangen. So habe der GKV-Spitzenverband prognostiziert, dass die aus der neuen G-BA-Richtlinie resultierenden Verbesserungen für die GKV-Versicherten zu Mehrausgaben für die gesetzliche Krankenversicherung in einem mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrag jährlich führen. „Damit wären die von der Regierungskoalition [...] mit dem GKV-FinStG gesetzten Ziele nach Ansicht der Fragesteller mittel- bis langfristig ad absurdum geführt“, bilanziert die Union in ihrer Anfrage.

Die Abgeordneten wollten darüber hinaus wissen, wann die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag genannten „konkreten Maßnahmenpakete“ zu den Themen Alterszahngesundheit, Diabetes, Einsamkeit, Suizid sowie klima- und umweltbedingte Gesundheitsschäden umsetzen will.

Abschließend erklärt die KZBV in ihrer Stellungnahme zur BMG-Evaluation: „Durch die mit dem GKV-FinStG wiedereingeführte strikte Budgetierung der Gesamtvergütungen in der vertragszahnärztlichen Versorgung fehlen die finanziellen Mittel, um die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie flächendeckend auf ein der hohen Krankheitslast angemessenes Niveau zu heben.“ Daher sei es wie für andere Präventionsleistungen bereits mit dem GKV-FinStG vorgesehen, zwingend erforderlich, auch die Leistungen der Parodontitistherapie von der Budgetierung des GKV-FinStG zeitnah – noch in diesem Jahr auszunehmen.

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