BZÄK veröffentlicht „Münsteraner Erklärung“

Das braucht die Zahnmedizin der Zukunft

Die demografische Entwicklung stellt Deutschland vor zwei große Herausforderungen: Zum einen konfrontiert sie die Sozialversicherungssysteme mit drängenden Finanzierungsfragen, zum anderen den Arbeitsmarkt mit einem massiven Fachkräftemangel. Auf seiner Klausurtagung 2024 in Münster hat der Vorstand der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) mit ausgewiesenen Expertenüber beide Themen diskutiert und die Ergebnisse der Beratungen in der „Münsteraner Erklärung“ zusammengefasst.

Grundlage des gesellschaftspolitischen Systems in Deutschland ist die „soziale Marktwirtschaft“, die das Prinzip der freien Märkte mit dem des sozialen Ausgleichs verbinden soll, heißt es zu Beginn in dem Papier. Im deutschen Gesundheitssystem findet dieses Konzept bekanntlich im „dualen Krankenversicherungssystem“ seinen Niederschlag – also der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV). Aufgrund der aktuell schwierigen Finanzlage habe die politische Diskussion über eine Neuausrichtung der Sozialversicherungssysteme deutlich an Fahrt aufgenommen, hält der Vorstand fest. „Die Auseinandersetzung wird im Wesentlichen von zwei sich diametral gegenüberstehenden Denkrichtungen geprägt“, erklärt BZÄK-Präsident Prof. Dr. Christoph Benz. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Forderung nach einer Verstaatlichung der gesamten Gesundheit im Sinne eines einheitlichen Versicherungssystems – Stichwort Bürgerversicherung – kommen wird, auf der anderen Seite die Privatisierung von Gesundheitsleistungen, zum Beispiel von Zahnbehandlungen.“ Letztlich laufe die Diskussion auf eine von zwei Optionen hinaus – entweder die Einnahmen zu steigern, etwa durch Steuer- und Beitragserhöhungen, oder die Ausgaben zu senken, zum Beispiel mithilfe der Ausgliederung von GKV-Leistungen.

Eine Neuausrichtung des Gesundheitssystems ist essenziell für die Zahnmedizin der Zukunft, betont der BZÄK-Vorstand in der Münsteraner Erklärung. Insbesondere mit Blick auf die nahenden Bundestagswahlen gilt es aus seiner Sicht daher, jetzt entsprechende Überlegungen anzustellen und sich in enger Abstimmung mit den anderen relevanten Berufsorganisationen als Zahnärzteschaft zu positionieren.

Die Münsteraner Erklärung zählt in diesem Zusammenhang auf, mit welchen Fragestellungen sich mögliche Lösungsansätze auseinandersetzen sollten. Dazu gehöre die Frage nach einer Erhöhung des Steuerzuschusses zur GKV-Finanzierung ebenso wie die nach einer Einführung anderer beziehungsweise weiterer Steuerungselemente wie BEMA-Zuschüsse oder Kontaktpauschalen, nach Konzepten zur (Teil-)Ausgliederung der Zahnmedizin aus der GKV oder der Einführung einer pauschalen Selbstbeteiligung.

GKV und PKV im Rahmen der reformierten ­Dualität erhalten

Die Reform der Sozialversicherungssysteme, insbesondere des dualen Krankenversicherungssystems, war ein zentrales Thema während der BZÄK-Klausur. Der Blick über die Grenzen zeige, dass in Ländern mit Einheitssystemen die medizinische Versorgung oft deutlich schlechter sei als in Deutschland. „Es ist daher die Überzeugung des Vorstands der BZÄK, dass die Alternative nur heißen kann: Beide Systeme – GKV und PKV – müssen gestärkt und fit für die Zukunft gemacht werden“, so Benz.

Den Weg dorthin ebne die „Reformierte Dualität 2.0“ – ein System, in dem die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger ein größeres Gewicht erhält und die Grundversorgung durch eine nachhaltige Reform auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite gleichzeitig qualitativ auf einem angemessenen Niveau erhalten bleibt. „Im Sinne einer Stärkung der Eigenverantwortung im Rahmen der reformierten Dualität wird die BZÄK ihre wesentlichen Forderungen in Richtung der Bundestagswahl 2025 schärfen“, kündigt der Vorstand in seiner Erklärung an.

Fachkräfte gewinnen und mit Erfolg in der ­Praxis halten

Bereits jetzt ist bekannt, dass sich der Fachkräftemangel in den zahnärztlichen Praxen verschärfen wird, besonders bei den Zahnmedizinischen Fachangestellten. Hier plädiert der BZÄK-Vorstand für eine Lösungssuche „ohne Tabus und Denkverbote“. Die Begrenzung von Sozialversicherungsbeiträgen müsse dabei ebenso zum Thema gemacht werden können wie die Beseitigung von Frühverrentungsanreizen. „Im Vorstand der BZÄK besteht Einigkeit, dass es nicht nur eines allgemeinen gesamtgesellschaftlichen Umsteuerns bedarf, um gegen die Herausforderungen des Fachkräftemangels zu bestehen, sondern auch spezifischer praxisbezogener Maßnahmen, um hier zu spürbaren Verbesserungen zu kommen“, heißt es in der Münsteraner Erklärung.

Dazu zählen aus Sicht des BZÄK-Vorstands unter anderem klassische tarifpolitische Maßnahmen wie angemessene Gehälter, flexiblere Arbeitszeiten oder die stärkere Einbindung des Teams in Strategie- und Entscheidungsprozesse der Zahnarztpraxis. Was das gezielte Recruiting von ZFA im Ausland angeht, betont der BZÄK-Vorstand, sei unbedingt die Einhaltung der anerkannten ethischen Standards sicherzustellen. In diesem Sinne müsse die Anwerbung der Fachkräfte unentgeltlich und transparent ablaufen. Darüber hinaus sei eine individuelle Unterstützung bei der Berufsanerkennung und bei der Integration in Deutschland zu gewährleisten.

Im Rahmen seiner Klausurtagung hat der Vorstand beschlossen, einen „Code of Conduct“ für Personalbindungsmaßnahmen zu erarbeiten. Für diese Aufgabe wurde die „AG Münsteraner Erklärung“ gegründet. Der Code of Conduct soll aktiv in den zahnärztlichen Berufsstand und die Politik getragen werden. „Ziel muss es dabei sein, über diese Maßnahmen sowohl die Anwerbung von Fachkräften für die Zahnarztpraxis als auch deren Verbleib zu verbessern“, legt BZÄK-Präsident Benz die Stoßrichtung fest.

Hier geht’s zur Münsteraner Erklärung.

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