Interview mit Prof. Bärbel Kahl-Nieke zum iMED DENT Modellstudiengang am UKE

„Die Evaluationen zeigen, dass die Studierenden grundsätzlich profitieren“

Heftarchiv Zahnmedizin
nl
Im Winter 2019/2020 startete erstmalig der Modellstudiengang Zahnmedizin iMED DENT am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Die erste Kohorte hat nun die dritte Staatsprüfung (Z3) absolviert – als erster Jahrgang nach den Vorgaben der neuen zahnärztlichen Approbationsordnung. Prof. Dr. Bärbel Kahl-Nieke, Ärztliche Leiterin des Zentrums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde des UKE, hat den Studiengang maßgeblich mitgestaltet und zieht ein erstes Fazit.

Können Sie kurz skizzieren, wie der Modellstudiengang iMED DENT aufgebaut ist?

Prof. Dr. Bärbel Kahl-Nieke: Im Modellstudiengang Zahn- medizin iMED DENT flankieren Grundlagen- und Nebenfächer den Kernbereich Zahnmedizin. Wesentliche Strukturmerkmale des Curriculums sind dabei die über den gesamten Studienverlauf eng verzahnte theoretische und klinisch-praktische Ausbildung, ebenso wie die Modularisierung der Lehrveranstaltungen, so dass jeweils zwei bis drei Module thematisch zu Modulblöcken zusammengefasst sind. Als Beispiel sei hier der Modulblock C1–3 genannt, in dem die Themen Infektionen, Entzündungen und Prävention I, II und III im zweiten und im vierten Studienjahr gelehrt werden.

Im ersten Studienjahr erfolgt die Grundausbildung „Normalfunktion“, die sich am zahnmedizinisch gesunden Menschen orientiert, aber auch erste Aspekte der klinisch-praktischen Ausbildung beinhaltet. Im zweiten Studienabschnitt (zweites und drittes Studienjahr), dem Übergang zum patientenzentrierten Unterricht, sind die Ätiologie und Pathogenese zahnmedizinischer Erkrankungen sowie diagnostische und therapeutische Optionen im Fokus. Die Ausbildung erfolgt am Phantom und durch interstudentische klinische Übungen. Im dritten Studienabschnitt (viertes und fünftes Studienjahr) steht die synoptische Zahnmedizin im Zentrum. Es werden theoretische und praktische Anteile der Zahnmedizin an Patient:innen erlernt und umgesetzt.

Welche Staatsprüfungen müssen im Modellstudiengang absolviert werden?

Die dem ersten Abschnitt der Zahnärztlichen Prüfung (Z1, nach ZAppro 2019, aktualisiert 21.11.2024) äquivalenten Prüfungen erfolgen bisher im Modellstudiengang studienbegleitend: die schriftlichen Prüfungsanteile in den vier Modulen des ersten Studienjahres sowie in einem mündlichen Prüfungsanteil nach dem ersten Studienjahr. Dies ermöglicht eine naturwissenschaftliche Ausbildung mit frühen klinischen Bezügen und trägt zudem der fachlichen Weiterentwicklung der Zahnmedizin und dem fortschreitenden Wissenschaftsprozess Rechnung.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten drei Jahre Ausbildung findet der zweite Abschnitt der Zahnärztlichen Prüfung (Z2) statt. Dieser beinhaltet mündlich-praktische Prüfungsinhalte der Fächer Zahnärztliche Prothetik, Kieferorthopädie, Oralchirurgie und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie sowie der Fächergruppe Zahnerhaltung (Endodontologie, Kinderzahnheilkunde, Parodontologie und Zahnhartsubstanzlehre, Prävention und Restauration).

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums nach fünf Jahren findet der dritte Abschnitt der Zahnärztlichen Prüfung (Z3) mit zunächst den mündlich-praktischen Prüfungen der Fächer Zahnärztliche Prothetik, Kieferorthopädie, Oralchirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten, Zahnärztliches Röntgen und der Fächergruppe Zahnerhaltung (Endodontologie, Kinderzahnheilkunde, Parodontologie und Zahnhartsubstanzlehre, Prävention und Restauration) statt. Die insgesamt fünf medizinischen Fächer und neun Querschnittsbereiche werden im sogenannten „schriftlichen Teil“ des dritten Abschnitts der Zahnärztlichen Prüfung, vom IMPP (Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen) organisiert, geprüft. Die Klausur umfasst 200 Multiple-Choice-Fragen, die in fünf Stunden Bearbeitungszeit beantwortet werden müssen, und findet im Juni sowie im November an einem bundeseinheitlichen Termin statt.

Seit dem 01.12.2024 ist die fünfstündige Abschlussklausur für alle Studierenden verpflichtend. Warum ist die „iMED DENT“-Kohorte in Hamburg dennoch die erste und bisher einzige Gruppe, für die diese Klausur tatsächlich Prüfungsbestandteil ist – und welche Auswirkungen hat das für die Studierenden?

Nur die Studierenden, die ihre zahnärztliche Ausbildung ab dem 1. Oktober 2021 begonnen haben, studieren nach der neuen Approbationsordnung, daher ist der schriftliche Prüfungsanteil von Z3 erst ab 2026 Prüfungsbestandteil.

Die Studierenden der Kohorte Modellstudiengang iMED DENT mit Start im Oktober 2019 sind die ersten in Deutschland, die das neue Z3-Staatsexamen erfolgreich absolviert haben. Das liegt daran, dass der Studiengang in Struktur und Inhalt bereits im Einklang mit den Vorgaben der neuen zahnärztlichen Approbationsordnung konzipiert und adaptiert wurde. Die Studierenden haben im Rahmen der Module Lehr- und Lerninhalte der relevanten medizinischen Fächer mit ihrem standortspezifischen Fokus wahrgenommen. Der schriftliche Teil der Z3-Prüfung wurde unabhängig davon gemäß neuer Approbationsordnung im IMPP erstellt.

Welchen Herausforderungen mussten Sie sich im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung der Z3-Prüfung stellen und wie haben Sie die Prüfung wahrgenommen?

Die Studierenden haben, über das in den Modulen erlernte und geprüfte medizinische Fachwissen hinaus, die Inhalte des Gegenstandskatalogs „Medizin für Zahnmediziner“ bei ihren Vorbereitungen berücksichtigt. Daher waren sie – retrospektiv beurteilt – nach eigenen Angaben gut vorbereitet. Dennoch wurden seitens der Studierenden medizinische Klausurinhalte mit ausgesprochen klinischer Fokussierung – beispielsweise quantitative Befundparameter für bestimmte Erkrankungen – für das Studium der Zahnmedizin als ungewöhnlich wahrgenommen.

Welches Feedback haben Sie von den Absolventinnen und Absolventen erhalten?Gab es Rückmeldungen zur Prüfung, die für die Weiterentwicklung des Modellstudiengangs beziehungsweise der Prüfungsvorbereitung hilfreich sind?

Bei einer Bestehensgrenze von 60 Prozent für die schriftliche Prüfung haben alle Prüflinge aus der Kohorte 2019 des iMED DENT bestanden. Sieben Fragen aus den 200 Multiple-Choice-Fragen wurden auf Basis berechtigter Einwände der Studierenden seitens des IMPP nicht berücksichtigt. Da die Klausur im Rahmen der Z3-Prüfung insgesamt 50 Prozent der Gesamtnote ausmacht, könnten sich die Studierenden der Kohorte 2019 des Modellstudiengangs iMED DENT vor der bundesweiten Umsetzung von Z3 benachteiligt fühlen. Denn Absolventen des Regelstudiengangs können bisher, wie im klassischen Staatsexamen, in den mündlichen Prüfungen der medizinischen Fächer einen Leistungsausgleich erzielen. Bei fachspezifischem gutem bis sehr gutem Abschneiden in den einzelnen mündlichen Prüfungen ist eine Kompensation von „schlechten Noten“ in einzelnen Fächern der Medizin möglich.

Wie lautet ihr Fazit nach dem ersten vollständigen Durchlauf des Modellstudiengangs iMED DENT? Welche Veränderungen könnten sich im Verlauf der nächsten Jahre zeigen?

Die Evaluationen (quantitativ und qualitativ mit Freitextkommentaren) sowie das Abschneiden in Modulabschlussprüfungen und den einzelnen Abschnitten der Zahnärztlichen Prüfungen zeigen, dass Studierende, die den Modellstudiengang „ernst nehmen“ und/oder ihn bewusst gewählt haben, vom modernen Aufbau mit dem besonderen Fokus auf frühem Patientenkontakt, Interdisziplinarität, Kommunikationsorientierung und wissenschaftlicher Ausbildung grundsätzlich profitieren.

Hierbei handelte es sich in 2019 um 60 Prozent der im Auswahlverfahren der Hochschulen zu vergebenden Studienplätze (Abi-Note, Naturwissenschaftstest HAM-Nat, Drahtbiegetest HAM-Man, mentaler Rotationstest HAM-MRT). Jeweils 20 Prozent der Studienplätze wurden ausschließlich nach Abi-Note (erste bis sechste Ortspräferenz) und nur nach Wartezeit (erste bis sechste Ortspräferenz oder sogar ohne Hamburg als angegebene Präferenz) vergeben.

Die Studierenden, die eher „verfahrensbedingt“ Studierende im Modellstudiengang wurden, beziehungsweise diejenigen, die mit dem sogenannten „strategischen“ Lernen versuchen, durch die Leistungskontrollen zu kommen, sind eher im Nachteil. Die definierte und bekannte Struktur von Modulen, die nach sieben Wochen mit einer Leistungskontrolle erfolgreich beendet werden, erscheinen mir persönlich als bestens geeignet für Studierende, die dem Konzept der modernen, synoptischen, wissenschaftlichen Zahnmedizin positiv gegenüberstehen.

Das Gespräch führte Dr. Nikola Lippe.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.