„Private Zahnarztpraxen stehen der Preisobergrenze sehr kritisch gegenüber“
Dr. Waldén, warum will die schwedische Regierung die zahnmedizinische Versorgung reformieren?
Dr. Viking Waldén: Die allgemeine und die zahnmedizinische Gesundheitsversorgung werden in Schweden unterschiedlich behandelt. Im zahnmedizinischen Bereich können für Bürgerinnen und Bürger recht hohe Kosten anfallen. Unabhängig von ihrem Einkommen zahlen sie bis zu 3.000 schwedische Kronen für Zahnbehandlungen selbst. Das ist ein großer Unterschied zur allgemeinen Gesundheitsversorgung, bei der sie praktisch nichts zahlen. Und darauf zielt die Reform ab.
Was ist geplant?
Die derzeitige Regierung – geführt von der konservativen Partei, die von der rechtspopulistischen Partei der Schwedendemokraten unterstützt wird – will die Kosten für Zahnbehandlungen zunächst für ältere Menschen ab 67 Jahren reduzieren. Das war ein Wahlversprechen der Schwedendemokraten. Um das zu erreichen, erhöht die vorgeschlagene Reform die Zuschüsse für Ältere: Der öffentliche Zuschuss steigt auf 90 Prozent – eine erhebliche Steigerung.
Warum der Fokus auf ältere Menschen?
Weil sie aus Sicht der Regierung die höchsten Kosten und die schlechteste Zahngesundheit haben und oft niedrigere Einkommen. Klingt vernünftig.
Klingt? Sehen Sie das anders?
Ich finde den Ansatz vernünftig, sich auf die Menschen mit den höchsten Kosten und niedrigen Einkommen zu konzentrieren. Aber als Ökonom betrachte ich das anders. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht führt die höhere Subvention eines Produkts oder einer Dienstleistung dazu, dass Menschen mehr davon konsumieren möchten. Dies würde zu deutlich höheren Kosten für die steuerfinanzierte Krankenversicherung führen. Um das zu verhindern, sieht die Reform die Einführung von Preisobergrenzen für die abgedeckten Zahnarztleistungen vor. Jede Behandlung erhält einen Referenzpreis. Für eine Extraktion dürfen laut diesem Preisdeckel zum Beispiel 1.200 Kronen berechnet werden. Die Krankenversicherung zahlt die Behandlung nur bis zu dieser Grenze. Das bedeutet: Für Menschen ab 67 können Zahnärztinnen und Zahnärzte – die in der Festlegung ihrer Preise eigentlich frei sind – problemlos nur noch den Bezugspreis erhalten. Und der ist in der Regel niedriger.
Welche Schwierigkeiten befürchten Sie?
Die Regierung hat nicht bedacht, dass Preisobergrenzen normalerweise zu Engpässen im Angebot führen.
Warum?
Weil eine Preisobergrenze, die für den Anbieter nicht attraktiv ist, sehr wahrscheinlich das Angebot verringert. Gleichzeitig steigt die Nachfrage wegen der größeren Subvention. Engpässe sind, wie gesagt, die mögliche Folge. Wahrscheinlich wird die Reform zu langen Wartezeiten für Patienten führen. Dies ist bereits in der allgemeinen Gesundheitsversorgung in Schweden zu beobachten. Einen Termin zu bekommen – wenn man kein Notfall ist – dauert seine Zeit.
Außerdem schafft die geplante Reform zwei Arten von Patienten in der Zahnarztpraxis: eine, bei der Zahnärzte den Preis frei festlegen können, und eine, bei der eine Preisobergrenze gilt. Das wirft die Frage auf: Wenn man als Unternehmer einen freien Platz hat, wem wird man ihn geben? Private Zahnarztpraxen in Schweden stehen der Preisobergrenze sehr kritisch gegenüber. Sie sagen, der Preisdeckel könnte zu einer niedrigeren Qualität der angebotenen Behandlung führen. Hochwertige Geräte und Materialien lassen sich damit nicht amortisieren. Das ist eine berechtigte Kritik, denke ich.
Der Schwedische Zahnärzteverband hat sich kürzlich mit Regierungsvertretern getroffen. In dem Gespräch sei ihnen versichert worden, dass weiter individuelle Preisvereinbarungen mit Patienten möglich sein sollen, die über die staatlich finanzierte Versorgung hinausgehen.
Das wäre ein sinnvoller Schritt. Aber er wird die grundlegenden Risiken der Reform nicht lösen.
Was würden Sie vorschlagen?
Letztlich ist das eine politische Entscheidung. Aktuell will die Regierung zwei Dinge gleichzeitig, die sich eigentlich gegenseitig ausschließen: Sie will die Nachfrage nach zahnärztlicher Versorgung bei Älteren erhöhen, um ihre Mundgesundheit zu stärken, ohne dass dadurch die Kosten für das System steigen. Ich denke, es wäre besser, eine Lösung zu finden, die Raum für eine flexible Preisgestaltung bietet. Wenn man die Kosten der Reform gleichzeitig minimieren will – was verständlich ist, sollte man die öffentliche Subvention weniger stark anheben.
Das Gespräch führte Susanne Theisen.





