Jahrestagung der DGKiZ in Bonn

Kommunikation in der Kinderzahnmedizin

Julian Schmoeckel
,
Antje Geiken
Vom 15. bis zum 17. Mai fand in Bonn die 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) statt. Unter dem Motto „Das Lächeln unserer Zukunft“ diskutierten knapp 580 Kinderzahnärztinnen und -zahnärzte, zahnmedizinische Teams und Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen. Im Zentrum stand das Herzensthema von Tagungspräsident PD Dr. Michael Wicht (Köln) – die Kommunikation.

Die Präsidentin der DGKiZ, Prof. Dr. Katrin Bekes (Wien), stellte zusammen mit Dr. Susanne Effenberger (München) im Vorsymposium die praktische Umsetzung verschiedener Therapiekonzepte für eine ästhetische Rehabilitation von MIH-Zähnen im Frontzahnbereich vor. Insbesondere dank der Infiltration (ICON) können demnach enorme Fortschritte durch adaptierte Infiltrationsproto­kolle kombiniert mit Bleachingmaßnahmen erzielt werden. Effenberger betonte, dass es nicht ,,die eine Therapie‘‘ für alle Patienten gebe, sondern das Vorgehen individuell angepasst werden müsse. Wichtig sei, die Erwartungen richtig einzuschätzen und auf Augenhöhe mit den Patienten und deren Eltern zu kommunizieren.

Der Oral-B-Preis (1. Platz) ging dieses Jahr an PD Dr. Richard Wierichs (Bern) und seine Arbeitsgruppe mit der Studie „Vertical Reflection Intensity, Roughness, and Tactile Sensation of Caries-Inactive, Caries-Active and Sound Enamel Surfaces: An In Vitro Study“ (Abbildung). Mit Platz zwei wurden Dr. Sofia Raevskaia (Berlin) und ihr Team für ihre Arbeit „Was beeinflusst den Erfolg von Lachgasbehandlungen bei Kindern? Eine retrospektive Analyse“ ausgezeichnet.

Jede Führungskraft braucht Konfliktlösungskompetenz

Der Freitag stand ganz im Zeichen der Kommunikation im zahnärztlichen Alltag. Schwerpunkte waren die Teamkommunikation, der Umgang mit Angst, der interprofessionelle Austausch und Kinderschutz. Dr. Nicola Meißner (Berlin) stellte unter dem Aufruf „Jede Führungskraft braucht Konfliktlösungskompetenz“ im Praxis­alltag häufig vorkommende Missverständnisse und die Stufen eines Konflikts dar. Dazu erläuterte sie praxistaugliche Strategien für eine wertschätzende Teamarbeit und für ein besseres Arbeitsklima. Im Fokus standen dabei die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen und die individuell notwendigen Ansprachen. Wichtig in der Konfliktbewältigung seien ein Perspektivwechsel und eine damit verbundene Prüfung der persönlichen Wahrnehmung. Außerdem hob sie die Bedeutung von Konflikten für das Erlernen von Kompetenzen bei der Persönlichkeitsentwicklung von Kindern hervor.

Die Psychologin Dr. Jutta Markgraf-Stiksrud (Marburg) erklärte das Kontinuum von Angst, Furcht und Phobie, inklusive möglicher Einflussfaktoren. So sei die Einschätzung der „Zahnarzt­angst“ für die individualisierte Behandlung und den Umgang mit ängstlichen Kindern essenziell. Es gelte, eine Vertrauensebene zum Kind zu schaffen. Häufige, kurze Vorstellungen des Kindes in der Zahnarztpraxis führten zu einer Ritualisierung, die das Kind gegen entstehende Ängste ,,immunisieren‘‘ könne. Konkrete Leitlinien für Kinder gibt es bisher nicht, Markgraf-Stiksrud legte zur Vertiefung des Wissens die S3-Leitlinie ,,Zahnbehandlungsangst bei Erwachsenen‘‘ nahe, die derzeit aktualisiert wird.

Man darf auf dem sozialen Auge nicht blind sein

Die Rechtsmedizinerin Prof. Sibylle Banaschak (Köln) erläuterte die potenzielle Rolle der Zahnmedizin im Kinderschutz. Dabei stellte sie praxisnah die rechtlichen Grundlagen, Informationsquellen, Ansprechpartner und Vorgehensweisen bei Verdacht auf Vernachlässigung und Kindeswohlgefährdung vor, wichtig war ihr, dass die Hilfe möglichst im interprofessionellen Austausch erfolgen sollte. Sie betonte, dass Vernachlässigung und Gewalt gegen Kinder in allen gesellschaftlichen Schichten stattfinden und man somit „auf dem sozialen Auge nicht blind“ sein dürfe. Alle (Kinder-)Zahnärztinnen und -ärzte könnten sich kostenlos bei der medizinischen Kinderschutzhotline (Telefonnummer 0800-19 210 00) rund um die Uhr beraten lassen.

Am Samstag stand im Hauptprogramm die „Pulpa“ sowohl beim Milchzahn als auch bei permanenten Zähnen im Fokus, während im Teamprogramm die „Kommunikation“ erneut die zentrale Rolle spielte. Prof. Dr. Jan Kühnisch (München) schilderte in seinem Vortrag den Paradigmenwechsel in der (Kinder-)Zahnmedizin. Ziel sei, die Pulpa – wenn möglich – nicht zu eröffnen und vital zu erhalten. Eine vollständige zentrale Kariesentfernung sei nicht sinnvoll, stattdessen sollte ledriges kariöses Dentin pulpennah belassen werden. Die Verwendung von Silber-Diamin-Fluorid (SDF) stelle zudem eine gute Möglichkeit dar, eine Karies zu inaktivieren, bis eine ausreichende Adhärenz beim jungen oder ängstlichen Kind für eine definitive Versorgung gegeben ist. Auch die Hall-Technik sei eine gute Option für die Kariestherapie im Milchgebiss.

Darauf folgte Prof. Dr. Katrin Bekes (Wien) mit ihrer Präsentation zur „Pulpotomie – State of the Art“, in der sie auf aktuelle Leitlinien und moderne Materialien einging. Eine gute Dia­gnostik und die röntgenologische Bildgebung seien elementar für den Erfolg einer Pulpotomie. Sie wies darauf hin, dass Formokresol keine Verwendung mehr finden darf.

Die Perspektive einer Schwerpunktpraxis wurde von Dr. Maike Jost-Mihrmeister (Köln) dargestellt. Sie stellte praxisnahe Fallbeispiele zur Endodontie im Milchgebiss und im permanenten Gebiss vor. Wichtig sei neben einer guten Befundung und klaren Diagnosestellung die gewissenhafte Durchführung der Maßnahme. Darüber hinaus zeigte der Endodontologe Dr. Christoph Kaaden (München) anhand anschaulicher Fälle und Videos, dass auch in herausfordernden Situationen nach Frontzahntrauma und nicht optimaler Ersttherapie unter anderem durch eine reparative endodontische Therapie der Zahnerhalt möglich ist. Dr. Hubertus van Waes (Zürich) rundete diese Ses­sion mit seiner „Quintessenz aus 40 Jahren Traumatologie“ ab.

Fazit

Die Jahrestagung 2025 der DGKiZ bot eine exzellente Mischung aus kommunikativen Impulsen, praktischen Fällen und wissenschaftlicher Tiefe. Besonders hervorzuheben war der Fokus auf Teamarbeit und kindgerechter Kommunikation. Die Tagung im eindrucksvollen Plenarsaal des ehemaligen Bundestags in Bonn war in allen Belangen ein voller Erfolg und unterstrich die zentrale Bedeutung der Kinderzahnmedizin für die Zukunft unseres Berufsstands.

Mit der Verabschiedung der Kongressteilnehmenden wurde zugleich zum 4. Gemeinschaftskongress der zahnmedizinischen Fachgesellschaften (mit Beteiligung der DGKiZ, 30.10. bis 1.11.2025 in Berlin) sowie zur 33. DGKiZ-Jahrestagung eingeladen, die vom 9. bis zum 12. September 2026 unter dem Motto ,,Vernetzt denken – erfolgreich therapieren‘‘ in Kassel stattfinden wird.

86710-flexible-1900

PD Dr. med. dent. habil. Julian Schmoeckel

Oberarzt der Poliklinik
für Kinderzahnheilkunde,
ZZMK Universitätsmedizin Greifswald
Walther-Rathenau-Str. 42,
17475 Greifswald

Dr. med. dent. M. Sc. Antje Geiken

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein,
Campus Kiel, Zentrum Zahn-, Mund-
und Kieferheilkunde
Klinik für Zahnerhaltungskunde
und Parodontologie
OÄ und Leiterin des Funktionsbereiches
Kinder- und Jugendzahnmedizin
Arnold-Heller-Str. 3, Haus B
D-24105 Kiel

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