160 Hausärzte zusätzlich pro Jahr würden die Versorgung sichern
Besonders in ländlichen Regionen und Kleinstädten werde es bis zum Jahr 2040 weniger Hausärztinnen und Hausärzte geben, als nötig wären, um die Versorgung zu sichern. Das geht aus der gemeinsamen Studie des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) und der Bertelsmann Stiftung unter dem Dach der Gesundheitsplattform „Health Transformation Hub“ hervor.
Für eine flächendeckende Versorgung brauche es eine bessere Digitalisierung der Prozesse in Hausarztpraxen, mehr Übertragung hausärztlicher Aufgaben auf therapeutische und pflegerische Berufe sowie eine gezielte Steuerung, um nachrückende Hausärzte für die betroffenen Regionen zu gewinnen, lauten die Empfehlungen.
Auch im Westen wird es eng
Viele Hausärztinnen und Hausärzte wollen in den kommenden Jahren ihre Arbeitszeit reduzieren oder ganz aus dem Beruf aussteigen, heißt es in der Studie. Dazu kämen diejenigen, die regulär in den Ruhestand gehen. In Verbindung mit dem demografischen Wandel und dem steigenden Bedarf an Gesundheitsleistungen führe das dazu, dass die hausärztliche Versorgung in Westdeutschland bis zum Jahr 2040 ähnlich angespannt sein wird, wie heute bereits in den östlichen Bundesländern.
Ein Viertel der Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland will innerhalb der nächsten fünf Jahre aus dem Beruf ausscheiden. Wer bleiben möchte, plant die Wochenarbeitszeit bis 2030 im Schnitt um gut 2,5 Stunden zu reduzieren.
Aber auch wenn bei den Hausärztinnen und Hausärzten ein Rückgang erwartet wird, müsse das in der Gesamtheit nicht zwingend zu einer Unterversorgung führen: Um in einzelnen Regionen eine ohne weitere Reformen drohende Unterversorgung zu verhindern, würde es ausreichen, wenn dort in den kommenden 15 Jahren 40 der nachrückenden Hausärzte pro Jahr zusätzlich tätig würden, prognostizieren die Autoren.
Eine Unterversorgung liegt dann vor, wenn der Sollwert der geplanten Hausarztsitze in einer Region um mehr als 25 Prozent unterschritten wird. Der Sollwert besagt, wie viele Sitze in einer Region für eine ausreichende Patientenversorgung vorgesehen sind.
Um bundesweit eine hausärztliche Versorgung auf einem vergleichbar hohen Niveau zu gewährleisten, müssten jährlich rund 160 Hausärztinnen und -ärzte, und damit zehn Prozent des Nachwuchses, gezielt für künftig schlechter versorgte Regionen gewonnen werden. In diesem Fall wäre die hausärztliche Versorgungsdichte in Deutschland dann auch überall auf einem vergleichbaren Niveau.
„Es herrscht Handlungsbedarf“
Allerdings brauche es gute Bedingungen, damit sich neu ausgebildete Hausärztinnen und -ärzte auch in den betroffenen Regionen niederlassen. Darüber hinaus müsse man schon länger diskutierte Lösungsansätze für eine Weiterentwicklung des Versorgungssystems umsetzen. Dazu zählen vor allem Gesundheitszentren mit verschiedenen Leistungen unter einem Dach, eine bessere Digitalisierung der Praxisprozesse sowie eine stärkere Arbeitsteilung mit Angehörigen therapeutischer und pflegerischer Berufe.
„Es herrscht Handlungsbedarf. Eine begrenzte, zielgerichtete Tätigkeit eines Teils der künftigen Medizinerinnen und Medizinern in bestimmten Regionen würde dazu beitragen, eine Unterversorgung effektiv zu verhindern“, sagt Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer.
Die Prognose basiert auf einer repräsentativen Befragung der Bertelsmann Stiftung unter rund 3.700 Hausärztinnen und -ärzten zu ihren Zukunftsplänen, ihren Arbeitszeitwünschen und ihrem Bedarf an Entlastung. Daraus erstellte das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung (bifg) eine regionale Angebots- und Bedarfsprojektion bis zum Jahr 2040.