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Fortbildung „Simple, Advanced, Complex“

Regenerative Furkationstherapie – von einfach bis komplex

Karin Jepsen
,
Søren Jepsen
Parodontalchirurgische Verfahren zur regenerativen Furkationstherapie sind mitunter relativ einfache Eingriffe, können sich in anderen Situationen aber auch überaus schwierig gestalten. Dabei ist speziell für noch wenig Erfahrene die richtige Fallauswahl entscheidend für den Erfolg. Dieser Betrag bietet eine Orientierung für „Anfänger“, welche klinischen Szenarien als „einfach“ oder aber als „fortgeschritten“ beziehungsweise sogar als „komplex“ einzuschätzen sind, und damit Spezialisten vorbehalten sein sollten.

Es ist gut untersucht, dass von Parodontitis betroffene Molaren mit horizontalen Furkationsdefekten eine höhere Zahnverlustrate als solche ohne Furkationsbeteiligung aufweisen [Salvi et al., 2014; Nibali et al., 2016]. Aber auch das vertikale Ausmaß des Furkationsdefekts wirkt sich negativ auf die Langzeitprognose der betroffenen Zähne aus[Tonetti et al., 2017; Nibali et al., 2018].Furkationsdefekte stellen aufgrund ihrer Anatomie, ihrer Zugänglichkeit und ihrer Wundheilung eine besondere Herausforderung für den Behandler dar [Zitzmann et al., 2011]. Dabei erschwert insbesondere ihre häufig komplexe Defektkonfiguration eine gründliche Instrumentierung [Al-Shammari et al., 2001; Jepsen et al., 2011; Svärdström & Wennström, 1999]. Die neue Klassifikation parodontaler Erkrankungen hat diesem Umstand Rechnung getragen, indem sie Furkationsdefekte Grad II und Grad III als Komplexitätsfaktoren berücksichtigt hat, die das Stadium III oder IV der Parodontitis charakterisieren [Papapanou et al., 2018].

Hinsichtlich gesundheitsökonomischer Überlegungen konnte allerdings gezeigt werden, dass der Erhalt von Molaren mit Furkationsbeteiligung selbst durch eine komplexe Parodontitistherapie kosteneffektiver als die Alternative der Extraktion und der anschließenden Versorgung mit einer implantatgetragenen Krone ist und dass die Kosten des Zahnerhalts für das Gesundheitssystem vergleichsweise geringer ausfallen [Schwendicke et al., 2014; 2016].

Prof. Dr. med. dent. Karin Jepsen

  • 1977–1983: Studium der Zahnmedizin in Mainz und Hamburg

  • 1983–1985: Weiterbildung Oralchirurgie Universität Hamburg

  • 1986–1988: Postgraduierten-Studium in Parodontologie / Orale Implantologie, Loma Linda University, Kalifornien, USA

  • 1989–1991: Post Doc Parodontologie / Implantologie / Orale Mikrobiologie (DFG-Stipendium)

  • 1992–1993: wissenschaftliche Mitarbeiterin, Klinik für Zahnerhaltung & Parodontologie, Uni Kiel

  • 1997: Spezialistin der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie

  • 1993–2008: Praxistätigkeit in eigener Praxis für Parodontologie und Implantologie in Hamburg

  • seit 2008: Oberärztin, Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universität Bonn

  • 2022: Earl Robinson Regeneration Award der American Academy of Periodontology

  • 2025: Miller-Preis der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund-, Kieferheilkunde (DGZMK)

Univ.-Prof. Dr. med. dent. Dr. med. Søren Jepsen, MS

  • 19922002: Oberarzt, Klinik für Zahnerhaltungskunde u. Parodontologie, Universität Kiel

  • seit 2002: Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive Zahnheilkunde Universitätsklinikum Bonn

  • seit 2005: gewähltes Mitglied der Leopoldina

  • 2008–2015: Sprecher der DFG-Klinischen Forschergruppe „Ursachen und Folgen parodontaler Erkrankungen“ Universität Bonn

  • 2012–2017: Vorstandsmitglied, 2015–2016 Präsident der European Federation of Periodontology (EFP)

  • 2017: Co-Chair AAP/EFP World Workshop on a New Classification for Periodontal and Peri-implant Diseases

  • 2019: IADR/PRG Award in Regenerative Periodontal Medicine

  • 2019, 2021, 2022: Co-Chair European Workshops zu S3-Leitlinien für die Therapie der Parodontitis und peri-implantärer Erkrankungen (EFP)

  • 2022: R. Earl Robinson Periodontal Regeneration Award (AAP)

  • 2023: Distinguished Scientist Award (EFP), AAP Clinical Research Award

Verschiedene Behandlungsmodalitäten sind für Furkationsdefekte evaluiert worden. Mit der nicht-chirurgischen Therapie wurden nur begrenzte Erfolge erzielt [Loos et al., 1989; Nordland et al., 1987] und eine systematische Übersichtsarbeit zeigte in einer Metaanalyse nur mäßige klinische Verbesserungen nach Zugangslappenoperation [Graziani et al., 2015]. Im Gegensatz dazu konnte nachgewiesen werden, dass im Vergleich zur Zugangslappenoperation eine regenerative Therapie zu überlegenen Ergebnissen führen konnte [Jepsen et al., 2002]. Dies wurde wiederholt bestätigt und die regenerative Therapie sollte, insbesondere bei Grad-II-Furkationen, vor resektiven Verfahren oder vor einer Extraktion in Betracht gezogen werden [Avila-Ortiz et al., 2015].

Für die Behandlung von parodontalen Furkationsdefekten wurden verschiedene chirurgische Regenerationstechniken vorgeschlagen und in den vergangenen 30 Jahren in einer Vielzahl von klinischen Studien evaluiert. Unter diesen wurde das GTR-Verfahren mit resorbierbaren (GTR-res) oder nicht resorbierbaren (GTR-nonres) Membranen am häufigsten beschrieben, aber auch Knochenersatzmaterialien (KEM) (autolog, allogen oder xenogen), bioaktive Agenzien wie Schmelz-Matrix-Proteine (engl. „enamel matrix derivative“, EMD), Blutplättchen-Wachstumsfaktor („platelet-derived growth factor“, PDGF), Platelet-rich Plasma (PRP), Platelet-rich Fibrin (PRF) und deren Kombinationen [Sanz et al., 2015; Jepsen & Jepsen, 2018].

Evidenz aus humaner Histologie

Exemplarische humane Histologie ist der ultimative Beweis für ein regeneratives Heilungsergebnis und wird benötigt, um die aus klinischen Regenerationsstudien gewonnenen Informationen zu ergänzen [Machtei, 1997]. Der Nachweis einer parodontalen Regeneration erfordert den histologischen Nachweis von wiederhergestellten zahntragenden Geweben, einschließlich Zement, parodontalem Ligament und Alveolarknochen an einer zuvor Plaque-besiedelten Wurzeloberfläche. Obwohl solche Ergebnisse in gut kontrollierten experimentellen Tierstudien für eine Vielzahl von Behandlungsmodalitäten nachgewiesen worden sind, wurde bei der Überprüfung der histologischen Beweise für parodontale Regeneration in Furkationsdefekten festgestellt, dass begrenzte Informationen aus humaner Histologie vorliegen [Laugisch et al., 2019] und zwar für GTR [Gottlow et al., 1986; Stoller et al., 2001] eine Kombination aus GTR und KEM [Harris, 2002] und KEM [Camelo et al., 2003; Nevins et al., 2003].

Evidenz aus klinischen Studien

Zur Beurteilung der Effektivität regenerativer Furkationstherapie kann eine Vielzahl von Zielparametern herangezogen werden [Sanz et al., 2015; Jepsen & Jepsen, 2018]. Aus klinischer Sicht scheint neben dem nachweislich verbesserten langfristigen Zahnerhalt die vollständige Beseitigung oder Reduktion des interradikulären Defekts der wichtigste Endpunkt zu sein. Dies basiert auf der Annahme, dass der Furkationsgrad 0 oder I mit einem verringerten langfristigen Zahnverlustrisiko verbunden ist [Nibali et al., 2016]. Daher sind die wichtigsten Ergebnisvariablen für Studien, die die Wirksamkeit regenerativer Techniken bei Furkationen bewerten, die Änderung des Furkationsstatus (Umwandlung in Grad I oder vollständiger Verschluss) und die horizontale Hartgewebefüllung.

Da der histologische Nachweis einer erfolgreichen Furkationsregeneration kein praktikabler Endpunkt für kontrollierte klinische Studien ist, dienen Veränderungen bei direkten Knochenmessungen (offene Messungen: horizontales Knochensondierungsniveau bei der Operation und während eines „Re-entry“-Eingriffs) als primäre Ergebnisvariablen zur Bewertung des klinischen Erfolgs, während geschlossene Messungen wie der klinische Attachmentgewinn (horizontales/vertikales Attachmentniveau (CAL)), die Reduk­tion der Taschensondierungstiefe (TST) und röntgenologische Beurteilungen als sekundäre Zielparameter dienen können [Machtei, 1997]. Zu den von den Patienten berichteten Ergebnissen nach einer regenerativen Furkationschirurgie können postoperative Schmerzen, die Komplikationsrate, der wahrgenommene Nutzen und die Veränderung der Lebensqualität gehören.

Systematische Übersichten

Die Wirksamkeit verschiedener regenerativer Ansätze bei Furkationsdefekten wurde in mehreren systematischen Übersichten mit oder ohne Metaanalysen bewertet [Jepsen et al., 2002; Avila-Ortiz et al., 2015; Kinaia et al., 2011; Chen et al., 2013; Panda et al., 2019; Jepsen et al., 2020]. Die weitaus meiste Evidenz liegt für Grad-II-Furkationsdefekte vor – hauptsächlich bei Unterkiefermolaren und in geringerem Umfang für bukkale Defekte im Oberkiefer.

In diesen systematischen Übersichten wurde gezeigt, dass GTR der Zugangslappenoperation in Bezug auf horizontale Knochen- und CAL-Gewinne, TST-Reduktion und vertikale CAL-Gewinne signifikant überlegen ist [Jepsen et al., 2002; Kinaia et al., 2011; Jepsen et al., 2020]. In Bezug auf den Furkationsverschluss bei Unterkieferdefekten deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass GTR plus KEM der effektivste therapeutische Ansatz war und dass GTR in Kombination mit KEM der Zugangslappenoperation und der GTR allein überlegen war [Chen et al., 2013; Jepsen et al., 2020]. Basierend auf der besten verfügbaren Evidenz, indem nur randomisierte klinische Studien mit einer Dauer von mindestens zwölf Monaten einbezogen und Bayes‘sche Netzwerk-Metaanalysen durchgeführt wurden, um direkte und indirekte Vergleiche zwischen verschiedenen regenerativen Methoden zu ermöglichen, wurde eindeutig festgestellt, dass für die Mehrheit der Grad-II-Furkationsdefekte eine Verbesserung im Furkationsstatus (Furkationsverschluss oder Umwandlung in Grad I) erwartet werden kann [Jepsen et al., 2020]. Der Einsatz von KEM ergab die höchste Wahrscheinlichkeit, die beste Behandlung hinsichtlich des horizontalen Knochengewinns zu sein. GTR plus KEM rangierte als beste Behandlung bezüglich des vertikalen Attachmentgewinns und der TST-Reduktion.

Langzeitergebnisse

Langzeitergebnisse nach regenerativer Therapie von Furkationsdefekten sind nur begrenzt vorhanden [Figueira et al., 2014]. Signifikante Zugewinne im horizontalen klinischen Attachmentniveau (2,6 mm), die ein Jahr nach der GTR erreicht wurden, blieben über vier Jahre – mit einem leichten Rückgang am Ende des dritten Jahres – erhalten [Machtei et al., 1996]. Mittlere horizontale klinische Attachmentgewinne nach der Verwendung nicht resorbierbarer und biologisch abbaubarer Barrieren konnten über fünf Jahre beibehalten werden [Eickholz et al., 2001]. Ein Zehn-Jahres-Follow-up von 18 Zähnen bei neun Patienten zeigte eine weitere Stabilität zwischen zwölf und 120 Monaten [Eickholz et al., 2006].

Perspektiven

Thrombozytenkonzentrate

Technologien mit Wachstums- und Differenzierungsfaktoren wurden auf ihr Potenzial zur Verbesserung der parodontalen Wundheilung/Regeneration untersucht. Autologe Thrombozytenkonzentrate wie PRP und PRF sind eine Quelle für Wachstumsfaktoren, die in die parodontale Wunde appliziert werden können. Die ergänzende Wirkung autologer Thrombozytenkonzentrate zur Behandlung von Furkationsdefekten wurde in aktuellen systematischen Übersichtsarbeiten mit Metaanalyse bewertet und signifikant überlegene Ergebnisse im Vergleich zur einfachen Zugangslappen-OP für den horizontalen und vertikalen CAL-Gewinn und die TST-Reduktion wurden gefunden [Panda et al., 2019; Miron et al., 2025].

Regenerative Therapie von Molaren mit kombiniert horizontalem und vertikalem Knochenverlust

Bisher gibt es nur wenige Informationen über die Ergebnisse der regenerativen Therapie bei Molaren, die durch eine Kombination von Furkations- und intraossären Defekten kompromittiert sind, obwohl derartige Situationen in der klinischen Praxis häufig anzutreffen sind. In einer retrospektiven Fallserie wurden nach einem Jahr bei 100 Prozent der Oberkiefermolaren und 92 Prozent der Unterkiefermolaren Verbesserungen – definiert als Zahn­erhalt, Verringerung des horizontalen und des vertikalen Furkationsgrades, Reduktion der Sondierungstiefen und Zunahme des klinischen Attachmentniveaus – berichtet [Cortellini et al., 2020]. Bei Molaren mit Hypermobilität zu Beginn der Behandlung wurden diese positiven Effekte nicht beobachtet. Eine Verbesserung des vertikalen Furkationsgrades wurde bei 87,5 Prozent der Oberkiefermolaren und bei 84,6 Prozent der Unterkiefermolaren beobachtet. Die Ein-Jahres-Verbesserungen konnten über die Nachbeobachtungszeit von drei bis 16 Jahren beibehalten werden. Diese Ergebnisse wurden in Fällen mit einem koronal zum Furkationseingang befindlichen interdentalen Knochenniveau und Gingivarand und Patienten mit guter Compliance und Mundhygiene erzielt.

Leitliniengerechte regenerative Furkationstherapie

In der europäischen S3-Leitlinie zur Therapie der Parodontitis im Stadium I–III wurden im Rahmen der Therapiestufe 3 klare klinische Empfehlungen zur chirurgischen Behandlung von Furkationsdefekten der Grade II und III formuliert [Sanz et al., 2020] und diese in eine deutsche DG PARO-/DGZMK-Leitlinie überführt (AWMF-Registernummer: 083-043) [Kebschull et al., 2020; Eickholz et al., 2021].

Es ist zu beachten, dass Empfehlungen zur regenerativen Furkationstherapie ausschließlich für Grad-II-Furkationen formuliert wurden, aufgrund fehlender Evidenz nicht aber für Grad-III-Furkationen oder aber Molaren mit multiplen Grad-II-Defekten.

Bei interdentalem Furkationsbefall Grad II mit Resttaschen an Oberkiefermolaren kam die Leitlinienkonferenz zu einer offenen Empfehlung, da aus der vorliegenden Evidenz kein Vorteil für ein bestimmtes Therapieverfahren (konservativ, resektiv oder regenerativ) abgeleitet werden kann.

Neben der Lokalisation der Grad-II-Furkationsdefekte spielen aber auch patienten-, zahn-. und/oder andere defektspezifische Faktoren beim Therapieentscheid und der Einschätzung eine Rolle, ob es sich um einen einfachen, fortgeschrittenen oder aber komplexen Fall handelt [Cortellini & Tonetti, 2015; Jepsen et al., 2021; Jepsen et al., 2025].

Systemische Faktoren, die den Erfolg regenerativer Maßnahmen beeinflussen können, sind beispielsweise ein unkontrollierter Diabetes oder eine eingeschränkte Immunabwehr. Verhaltensfaktoren wie Rauchen, unzureichende Mundhygiene und mangelnde Adhärenz müssen ebenfalls bei der Fallauswahl berücksichtigt werden. Zu den anatomischen beziehungsweise Defektfaktoren, die sich einigen Studien zufolge und nach Expertenkonsens negativ auf die Erfolgsaussichten einer regenerativen Furkationstherapie auswirken können, werden gezählt: ein erschwerter Zugang zum Operationsbereich, ein approximales Knochenniveau, das sich auf derselben Höhe oder sogar apikal des Furkationsdaches befindet, ein kurzer Wurzelstamm, ein enger Abstand zwischen den Wurzeln mit erschwerter Instrumentierung, eine deutlich erhöhte Zahnbeweglichkeit, ein dünner gingivaler Phänotyp, wenig keratinisiertes Gewebe, die Nähe eines Restaurationsrandes zum Furkationseingang und das Vorliegen einer gingivalen Rezession im Furkationsbereich.

Schrittweises Vorgehen bei der regenerativen Chirurgie von Furkationsdefekten

Generell wird die folgende Behandlungsplanung und -sequenz vorgeschlagen [Jepsen & Jepsen, 2018]:

1. Auswahl des Patienten

Systemische Faktoren, die den Erfolg der Parodontalchirurgie einschränken, wie unkontrollierter Diabetes und immunsupprimierter Status, müssen berücksichtigt werden. Eine schlechte Patientencompliance, eine unzureichende Mundhygiene und Rauchen sind die häufigsten Patientenfaktoren, die die Auswahl dieses Verfahrens einschränken. Behandlungsoptionen und Alternativen müssen dem Patienten vorgestellt und die potenziellen Probleme und die zusätzlichen Kosten sollten besprochen werden. Die regenerative Furkationschirurgie sollte Teil eines umfassenden Behandlungsplans sein, der auf eine vollständige parodontale und funktionelle Rehabilitation abzielt. Die Therapiestufen 1 und 2 sollten abgeschlossen sein.

2. Auswahl des Zahnes

Ein adäquater Zugang zum Operationsbereich und auch für die zukünftigen Mundhygienemaßnahmen ist äußerst wichtig. Molaren mit Grad-II-Furkationsdefekten (mandibulär und bukkal maxillär) sind Kandidaten, die für ein regeneratives Verfahren infrage kommen. Basierend auf der verfügbaren Evidenz sind interdentale Grad-II-Furkationsdefekte an Oberkiefermolaren deutlich weniger geeignet, höchstwahrscheinlich aufgrund des eingeschränkten Zugangs. Weitere lokale Charakteristika können Auswirkungen auf die Ergebnisse der regenerativen Furkationschirurgie haben. Zum Beispiel können ein dickerer Phänotyp und das Fehlen einer Weichgeweberezession die Heilung nach GTR-Verfahren positiv beeinflussen. Günstigere Ergebnisse sind an Stellen zu erwarten, an denen das verbleibende approximale Knochenniveau koronal zum Eingang beziehungsweise zum Dach des Furkationsdefekts liegt, verglichen mit solchen, bei denen das approximale Knochenniveau auf der Höhe oder apikal des Furkationseingangs liegt. Ein enger interradikulärer Abstand kann eine gründliche Defektinstrumentierung beeinträchtigen. Das Vorhandensein einer Wurzelkanalfüllung ist nicht per se eine Kontraindikation für die Furkationsregeneration – vorausgesetzt, es gibt keine Anzeichen für apikale pathologische Veränderungen.

3. Regenerative Parodontalchirurgie

Ziel ist es, einen ausreichenden Zugang zum Defekt für eine sorgfältige Instrumentierung und die Applikation des Biomaterials zu erhalten. Bei isolierten Defekten können vertikale Entlastungsinzisionen verwendet werden. Alternativ kann der Lappen nach lateral zu den benachbarten Zähnen erweitert werden. Keratinisiertes Gewebe sollte durch intrasulkuläre Inzision und die Anhebung eines Mukoperiostlappens erhalten werden. Das Granulationsgewebe wird entfernt und die freiliegenden Wurzeloberflächen werden sorgfältig mit Handinstrumenten, oszillierenden Scalern (optional mit fein diamantierten Spitzen) oder rotierenden Instrumenten gereinigt. Wurzelanomalien wie Schmelzvorsprünge/-perlen sollten entfernt werden. Wenn EMD Teil der Regenerationsstrategie ist, wird es in der Regel nach einer zweiminütigen Wurzelkonditionierung mit Ethylendiamintetraacetat (EDTA) und Spülung mit steriler Kochsalzlösung angewendet. Anschließend kann ein Knochentransplantat/-ersatzmaterial verwendet werden, um den Furkationsdefekt aufzufüllen.

Alternativ kann eine GTR-Barrieremembran mit oder ohne zusätzlichen Defektfüller appliziert werden. Die Barrieremembran wird mit einer resorbierbaren Umschlingungsnaht befestigt, um den Furkationseingang abzudecken und die Wund- und Koagulumstabilisierung zu fördern. Um eine vollständige Abdeckung der Barriere zu ermöglichen, kann das Periost durchtrennt werden, um den Lappen leicht koronal zu verschieben. Der Lappen wird mit einer Umschlingungsnaht und Einzelknopfnähten über den vertikalen Entlastungsinzisionen oder mit interdentalen Nähten im Fall eines lateral extendierten Lappens in einer koronalen Position gesichert. Der Patient wird angewiesen, für einen Zeitraum von bis zu vier Wochen auf die mechanische Plaqueentfernung im Operationsgebiet zu verzichten. Während dieser Zeit werden Chlorhexidin-Spülungen oder -Gel verwendet. Der Patient kehrt zur Kontrolle der Wundheilung nach ein und zwei Wochen zurück, wenn die Nähte entfernt werden. Die Interdentalhygiene und die mechanische Plaqueentfernung werden nach vier Wochen wieder aufgenommen. Zudem wird ein individuelles Recallprogramm zur unterstützenden Parodontitistherapie (UPT) festgelegt.

Fall 1 – einfach

Fall 2 – fortgeschritten

Fall 3 – komplex

Zusammenfassung

Parodontalchirurgische Eingriffe zur Regeneration von Grad-II-Furkationen mit vertikalen Resttaschen werden nach aktuellem Leitlinienstand empfohlen, können in der Regel mit gutem Erfolg durchgeführt werden und zumindest eine Umwandlung in eine Grad-I-Furkation bewirken. Allerdings gibt es klinische Szenarien in sehr unterschiedlichen Konfigurationen, die als „einfach“, „fortgeschritten“ oder „komplex“ kategorisiert werden können. In diesem Beitrag wurde eine Matrix präsentiert, die zur Orientierung bei der Fallauswahl dienen kann, um „einfache“ Situationen von denjenigen für „Fortgeschrittene“ unterscheiden zu können und auch von „komplexen“ Fällen, die den Spezialisten vorbehalten sein sollten.

Regenerative parodontalchirurgische Eingriffe sind keineswegs trivial in der Durchführung und erfordern in jedem Fall eine spezielle praktische Schulung und intensives Training der Techniken. Darüber hinaus sind eine sorgfältige Vorbereitung mit individueller Optimierung der Mundhygiene, eine sorgfältige Planung, die Verwendung mikrochirurgischen Instrumentariums, eine minimalinvasive Vorgehensweise und eine individuelle Nachsorge unter Vermeidung traumatisierender Hygienemaßnahmen im OP-Bereich wichtige Voraussetzungen für den Erfolg.

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Prof. Dr. med. dent. Karin Jepsen

Zentrum für Zahn-,
Mund-, Kieferheilkunde,
Universitätsklinikum Bonn,
Welschnonnenstr. 17,
53111 Bonn

Univ.-Prof. Dr. med. dent. Dr. med. Søren Jepsen

Poliklinik für
Parodontologie, Zahnerhaltung und
Präventive Zahnheilkunde,
Zentrum für Zahn-, Mund- und Kiefer-
heilkunde, Universitätsklinikum Bonn
Welschnonnenstr. 17, 53111 Bonn

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