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Aus der Wissenschaft

Wie gut sind Lithiumdisilikat-Kronen?

Lithiumdisilikat hat sich als fester Bestandteil für anspruchsvolle Restaurationen in der Praxis etabliert – ästhetisch, belastbar und CAD/CAM-bearbeitbar. Es gilt als das erfolgreichste und klinisch am besten dokumentierte vollkeramische Material und wird für ein breites Indikationsspektrum eingesetzt. Doch wie gut sind die klinischen Ergebnisse belegt?

Seit der Markteinführung Ende der 1990er-Jahre gilt Lithiumdisilikat als eine der wichtigsten Glaskeramiken in der restaurativen Zahnmedizin. Die Kombination aus hoher Biegefestigkeit, natürlicher Transluzenz und digitaler Verarbeitung (Press- und CAD/CAM-Technik), begleitet von einer hervorragenden wissenschaftlichen Dokumentation, führte zur weiten klinischen Verbreitung. Dennoch fehlte bislang eine konsolidierte Bewertung der zahlreichen systematischen Übersichtsarbeiten zu ihren klinischen Ergebnissen.

Untersuchungsdesign

Eine Forschergruppe um Prof. Martin Rosentritt von der Universität Regensburg hat nun in einer umfassenden Übersicht 28 systematische Reviews mit über 35.000 Einzelkronen ausgewertet – und liefert damit das bislang umfassendste Bild zur klinischen Performance dieses Materials.

Die Studienautoren durchsuchten fünf Datenbanken (MEDLINE, Embase, Cochrane, Trip, Epistemonikos) ohne Zeit- oder Sprachbeschränkung. Eingeschlossen wurden 28 systematische Reviews aus den Jahren 2007 bis 2024 mit 65 Primärstudien zu Zahn- und implantatgetragenen Lithium(disilikat)-Einzelkronen (LiSi₂-SCs). Bewertet wurden die Überlebensraten, technische und biologische Komplikationen, die ästhetischen Ergebnisse, der Antagonistenverschleiß und die methodische Qualität (AMSTAR-2, GRADE).

Ergebnisse

Die Überlebensraten lagen für zahngetragene Kronen im Kurz- und Mittelfristbereich bei 95 bis 100 Prozent, für implantatgetragene Kronen bei 98 Prozent (95 bis 100 Prozent). Damit erreicht Lithiumdisilikat das Niveau metallkeramischer Systeme. Langzeitdaten (> 5 Jahre) sind allerdings immer noch sehr wenige verfügbar.

Technische Komplikationen (Frakturen, Chipping, Retentionsverluste) traten selten auf, insbesondere bei monolithischen Restaurationen. Biologische Komplikationen wie Sekundärkaries, endodontische Probleme oder periimplantäre Entzündungen blieben auf niedrigem Niveau. Der Verschleiß der Antagonisten war vergleichbar mit natürlichem Schmelz – vorausgesetzt, die Oberfläche wurde sorgfältig poliert. Vergleicht man diesen mit dem Verschleiß verursacht durch metallkeramische Systeme, fiel er niedriger oder ähnlich aus.

Die Verarbeitung des Materials Lithiumdisilikat im CAD/CAM- oder Pressverfahren hatte keinen Einfluss auf das Überleben oder die Komplikationsrate der Restaurationen.

Die methodische Qualität der einbezogenen Reviews war jedoch heterogen: Nur vier von 28 erreichten ein „mittleres“ Qualitätsniveau, die Mehrheit wurde als „niedrig“ oder „kritisch niedrig“ eingestuft. Die meisten klinischen Daten bezogen sich auf ein einziges Produkt (IPS e.max Press oder CAD, Ivoclar, Schaan/Liechtenstein), was die Übertragbarkeit auf andere Systeme einschränkt.

Diskussion

Die Übersicht bestätigt die exzellente Kurz- und Mittelfrist-Performance von Lithiumdisilikat-Kronen, weist aber auf gravierende methodische Lücken hin: unzureichende Bias-Analysen, heterogene Auswertungskriterien und die Überrepräsentation einzelner Produkte. Dabei muss natürlich bedacht werden, dass Lithiumdisilikat patentgeschützt war und erst nach dem Auslaufen der 20-Jahres-Frist andere Hersteller das Material in ihr Portfolio aufnehmen konnten. Für neuere, abgewandelte Varianten (zum Beispiel mit Zirkonoxid-Anteil) fehlen noch belastbare Langzeitdaten.

Zudem fordern die Autoren eine kritischere Bewertung von Metaanalysen mit hoher Heterogenität (I² > 80 Prozent) und mehr Transparenz bei Interessenkonflikten und bei der Studienfinanzierung.

Was bedeuten die Ergebnisse für die tägliche Praxis?

  • Lithiumdisilikat-Einzelkronen zeigen hervorragende Kurz- und Mittelfristergebnisse bei hoher Ästhetik und minimalem Antagonistenverschleiß.

  • Langzeitdaten über fünf Jahre fehlen weitgehend.

  • Die Ergebnisse gelten primär für IPS e.max-Systeme – andere Produkte sind noch unzureichend klinisch validiert.

  • Eine sorgfältige Oberflächenbearbeitung (Politur > Glasur) ist entscheidend für den klinischen Erfolg.

Die Studie:
Laumbacher H, Scholz KJ, Knüttel H, Rosentritt M: Clinical outcomes and complications of tooth- and implant-supported lithium (di)silicate based single crowns: an overview of systematic reviews. J Dent. 2025;162:106004. doi:10.1016/j.jdent.2025.106004. Die Studie ist frei zugänglich.

Florian Beuer

Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer

CharitéCentrum 3 für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Abteilung für zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Campus Benjamin Franklin
Aßmannshauser Str. 4-6, 14197 Berlin

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