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Besondere Patienten: Demenz – eine Herausforderung für das Praxisteam

Prothetik
Demente Menschen sind aus verschiedenen Gründen zahnärztliche Risikopatienten: Schlechtere Mundgesundheit, Polymedikation und mangelnde Kooperationsfähigkeit können die Behandlung schwierig gestalten.

„Demenzerkrankungen sind definiert durch den Abbau und Verlust kognitiver Funktionen und Alltagskompetenzen. Bei den zumeist progressiven Verläufen kommt es u.a. zu Beeinträchtigungen der zeitlich-örtlichen Orientierung, der Kommunikationsfähigkeit, der autobiographischen Identität und von Persönlichkeitsmerkmalen.“ (S3-Letilinie Demenzen).[1] Zurzeit leiden in Deutschland 1,7 Millionen Menschen an einer Demenz. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft geht auf Basis der demografischen Entwicklung von drei Millionen Erkrankten im Jahr 2050 aus, wenn es keinen Durchbruch in Prävention und Therapie gibt.[2] In den kommenden Jahren werden also immer mehr Demenzpatienten eine zahnärztliche Versorgung benötigen. Da demente Menschen sich nicht äußern (können) oder vergessen, dass etwas schmerzhaft war, werden Schmerzen häufig nicht von der Umgebung bemerkt, darunter auch Zahnschmerzen.[3,4] 

Anamnese und Aufklärung

Anamnese und klinische Diagnostik sind bei dementiell veränderten Patienten nicht selten eine Herausforderung. Ein Röntgenbefund kann – wenn umsetzbar – Klarheit über die Schmerzursache bringen.[4] Auch Polymedikation kann zum einen Schmerzen weiter kaschieren und zum anderen zu unerwünschten Arzneimittelwechselwirkungen führen.[2,10,3] Der behandelnde Arzt sollte Medikamente erfassen und rechtliche Aspekte vor der Behandlung klären. Denn auch demente Patienten müssen ihre Einwilligung in jede Behandlungsmaßnahme geben und über Risiken und Alternativen aufgeklärt werden (S2k-Leitlinie AWMF-108-001).[5]

Orale Auswirkungen von Demenz

Die Prophylaxe und Behandlung tragen maßgeblich zur Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen bei – nicht nur zum Erhalt der Kaufunktion, sondern auch zur Allgemeingesundheit. Denn orale Symptome wie Parodontitis können den kognitiven Abbau wohl zusätzlich beschleunigen. Es scheint eine bidirektionale Beziehung zwischen Alzheimer und Parodontitis zu geben.[6] Zudem treten gehäuft auf: Karies, insbesondere am Kronenrand und an der Wurzel, orofaziale Schmerzen, parodontale Probleme, Xerostomie, Infektionen (Candidiasis) sowie Entzündungen (u. a. Stomatitis und Cheilitis).[3,7]  Studien konnten zeigen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Demenz und der Anzahl verbleibender Zähne besteht. Zahnverlust und folgend komplette Zahnlosigkeit ist bei diesen Patienten häufiger anzutreffen.[8,9]  Das wirkt sich wiederum negativ auf Kaufunktion und Nahrungsaufnahme aus.[3,10] 

Behandlung von Demenzpatienten

Im frühen Stadium einer Demenz kann eine reguläre Behandlung in der Praxis in aller Regel problemlos stattfinden. Nach der Diagnose sollten erforderliche Zahnsanierungen durchgeführt werden, da umfangreichere Behandlungen bei fortschreitender Krankheit gegebenenfalls nur unter Vollnarkose erfolgen können. Solange der Patient einwilligungsfähig und kooperativ ist, sind Eingriffe unter Lokalanästhesie möglich. Denn die Ablehnung des Patienten oder die Unkooperativität durch kognitive Beeinträchtigung stellt eine absolute Kontraindikation für die zahnärztliche Lokalanästhesie dar.[11] Articain ist bei älteren Patienten zu bevorzugen, die Gesamtdosis aber dem Belastungszustand anzupassen.[12] Beim Adrenalinzusatz ist eine Reduktion ebenfalls sinnvoll, insbesondere wenn mehrere Erkrankungen vorliegen oder mehr als zwei Medikamente verabreicht werden (z. B. Ultracain D-S 1:200.000).[13,14] Kardiale Risikopatienten bieten hier mit 40 μg pro Behandlung eine Orientierung, also ca. 6,7 ml Lösung für Adrenalin 1:200 000.[15] Liegen Kontraindikationen gegen Adrenalin vor, kann auf adrenalinfreies Articain (Ultracain D ohne Adrenalin) zurückgegriffen werden.[16] Patienten und später auch Bezugspersonen oder Pflegepersonal sollten zudem genaue Mundhygieneinstruktionen erhalten und üben sowie angemessene Hilfsmittel wie elektrische oder Dreikopfzahnbürsten nutzen. Regelmäßige Prophylaxesitzungen, Fluoridierung und Prothesenkontrollen bilden die Basis für den Erhalt der Mundgesundheit, der Kaufunktion und der Lebensqualität. Auch Infektionen wie Pneumonien kann so vorgebeugt werden.[3,10]

Zum Ende des mittleren Stadiums verlieren Demenzkranke ihre Sprache, die Patienten sind jetzt häufiger ängstlich oder unkooperativ – eine bisweilen kräftezehrende Angelegenheit für alle Beteiligten. Von nun an sollten zahnärztliche Behandlungen so kurz wie möglich gehalten werden und lediglich grundlegende Mundhygienemaßnahmen, Schmerztherapie und gegebenenfalls Reparaturen des Zahnersatzes und damit der Erhalt der Kaufunktion im Vordergrund stehen. Oftmals leiden Betroffene an Schluckstörungen, hier muss insbesondere die Aspiration von Fremdkörpern vermieden werden, z. B. durch Rückenlage des Patienten. Atraumatische Techniken und Sedierung können sinnvoll sein.[3,10] Sind Eingriffe nicht mehr sicher unter Lokalanästhesie möglich, sollten die Patienten in die Klinik überwiesen werden. Die Indikation zur Intubationsnarkose muss immer streng gestellt werden, da sie bei Demenzpatienten ein Delir zur Folge haben kann. [1,10]

Hinweis: Das im Text beschriebene Vorgehen dient der Orientierung, maßgeblich sind jedoch immer die individuelle Anamnese und die Therapieentscheidung durch die behandelnde Ärztin/den behandelnden Arzt. Die aktuellen Fachinformationen und Leitlinien sind zu beachten.

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Ultracain® D-S. Ultracain® D-S forte. Ultracain® D ohne Adrenalin. Wirkstoffe: Articain-HCl, Epinephrin-HCl. Zusammens.: U. D-S u. U. D-S forte: 1 ml Inj.-Lsg. enth.: Arzneil. wirks. Bestandt. 40 mg Articain-HCl, 6/12 mg Epinephrin-HCl. Sonst. Bestandt.: NaCl, Wasser f. Inj.-zw. Ultracain D oh. Adrenalin zusätzl.: NaOH, Salzsäure 10% z. pH-Einst. D-S/D-S forte zusätzl.: Na-metabisulfit. D-S Amp. 1,7 ml zusätzl.: NaOH, Salzsäure 10% z. pH-Einst. Zuber. i. Mehrfachentn.-fl. zusätzl.: Methyl-4-hydroxybenzoat, Salzsäure 10% z. pH-Einst. Anw.-geb.: D-ohne Infiltrations- u. Leitungsanästhesie i. d. Zahnheilkunde. Eignet sich vor allem für kurze Eingriffe an Pat., d. aufgrund bestimmter Erkrank. (z. B. Herz-Kreislauf-Erkr. od. Allergie geg.d. Hilfsst. Sulfit) kein Adrenalin erhalten dürfen sowie z. Injekt. kleiner Volumina (Anwendung i. d. Frontzahnregion, im Ber. d. Gaumens). D-S: Routineeingriffe wie komplikationslose Einzel- u. Reihenextraktionen, Kavitäten- u. Kronenstumpfpräparat.

D-S forte: Schleimhaut- u. knochenchirurg. Eingr., pulpenchirurg. Eingr., Osteotomie, läng. dau. chirurg. Eingr., perkut. Osteosynth., Zystektomie, mukogingivale Eingr., Wurzelsp.-resekt. Gegenanz.: Überempf. gg Articain u. and. Lokalanästh. v. Säureamidtyp od. e. d. sonst. Bestandt. Wg Articain: Schw. Störg d. Reizbildgs- od. Reizleitgssyst. am Herzen, akut dekompens. Herzinsuff., schw. Hypotonie. U. D-S u. U. D-S forte zusätzl.: Sulfitüberempfindlichkeit bei Bronchialasthmatikern. Wg. Epinephringeh.: Engwinkelglaukom, SD-Überfkt, paroxysm. Tachykardie od. hochfreq. absol. Arrhythmien, Myokardinfarkt innerh. d. letzten 3–6 Mo., Koronararterien-Bypass innerh. d. letzten 3 Mo., gleichz. Einn. v. nicht-kardioselekt. Betablockern, Phäochromozytom, schw. Hypertonie, gleichz. Einn. v. trizykl. Antidepr. od. MAO-Hemmern (bis 14 Tage nach Ende der MAO-Behandlung), Anästh. d. Endglieder von Extremitäten. Intravenöse Inj. Zusätzl. f. Mehrf.-entn.-fl.: Parabenallergie. Warnhinw. u. Vorsichtsmaßn.: Arzneimittel für Kinder unzugängl. aufbewahren. Die Fl./Amp. im Umkarton aufbewahren, um Inh. v. Licht zu schützen. Zusätzl. Zuber. i. Mehrfachentn.fl.: Nicht über 25°C lagern. Nach Anbr. 2 Tage haltbar. Nebenw.: Immunsyst.: nicht bek.; Überempf.-reakt. (ödemat. Schwellg./Entzündg d. Inj.-st., Rötg., Juckreiz, Konjunktivitis, Rhinitis, Gesichtsschwellg, Angio-, Glottisödem m. Globusgef. u. Schluckbeschw., Urtikaria, Atembeschw. bis anaphylakt. Schock. Nerven: häufig: Parästhesie, Hypästhesie. Gelegentl.: Schwindel. Nicht bek.: dosisabh. ZNS-Störg w. Unruhe, Nervosität, Stupor, Benommenh., Koma, Atemstörung (bis -stillstand), Msklzittern u. -zucken (bis generalis. Krämpfe), Nervenläsionen b. fehlerh. Injektionstechn. o. anatom. Verhältn.: Fazialisparese, Geschmacksempfindl.vermind. Augen: nicht bek.: Sehstör. i. Allg. vorübergeh. Herz u. Gefäße: nicht bek.: Hypotonie, Bradykardie, Herzversagen, Schock (u.U. lebensbedrohl. GIT: häufig: Übelk., Erbrechen. Zusätzl. U. D-S u. U. D-S forte: Nerven: häufig: Kopfschm. Herz u. Gefäße: gelegentlich: Tachykardie. Allg. Erkr.: nicht bek.: b. versehentl. intravas. Inj. ischämische Zonen i. Inj.-ber. bis z. Nekrose. Hinweise: Selten: Natriummetabisulfit kann Überemf.-reakt. u. Bronchspasmen auslösen m. Erbrechen, Durchf., keuch. Atmg, ak. Asthmaanfall, Bewusstseinsstörg, Schock. Überempf.-reakt. auf Methyl-4-hydroxybenzoat (auch Spätreakt.), selten Bronchospasmen. Verschreibungspflichtig.

Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65296 Frankfurt am Main.

Stand: Ultracain D-S/D-S forte: September 2020. Ultracain D ohne Adrenalin: April 2017

###more### ###title### Literatur ###title### ###more###

DGPPN/DGN (Hrsg.), S3-Leitlinie „Demenzen“, Langversion 2016 (AWMF 038-013), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. – Selbsthilfe Demenz.

Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. (Hrsg.), Informationsblatt 1: Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Juni 2018. Online abrufbar unter:  www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf (Letzter Zugriff: 11.05.2021).

Gao SS, Chu CH und Young FYF, Oral Health and Care for Elderly People with Alzheimer's Disease. Int J Environ Res Public Health. 2020;17(16):5713.

Daubländer M, Kämmerer PW, Repetitorium:Alzheimer und andere Demenzformen. ZM 2013(9). Online abrufbar unter:  www.zm-online.de/archiv/2013/09/medizin/alzheimer-und-andere-demenzformen/ (Letzter Zugriff: 11.05.2021).     

DGGG/DGPPN/DGN (Hrsg.), S2k-Leitlinie „Einwilligung von Menschen mit Demenz in medizinische Maßnahmen“, Langversion 2020 (AWMF 108-001), 1. Auflage, W. Kohlhammer Verlag, 2020.

Liccardo D et al., Potential Bidirectional Relationship Between Periodontitis and Alzheimer's Disease. Front Physiol. 2020 Jul 3;11:683. 

Aragón F et al., Oral health in Alzheimer's disease: a multicenter case-control study. Clin Oral Investig. 2018 Dec;22(9):3061-3070. 

Tsuneishi M et al., Association between number of teeth and Alzheimer's disease using the National Database of Health Insurance Claims and Specific Health Checkups of Japan. PLoS One. 2021 Apr 30;16(4):e0251056.

Dioguardi M et al., The Association between Tooth Loss and Alzheimer's Disease: a Systematic Review with Meta-Analysis of Case Control Studies. Dent J (Basel). 2019 May 1;7(2):49.

Jost W, Die Herausforderung bei der Behandlung von Demenzpatienten, Teil 4: Herausforderndes Verhalten und Verlust der Sprache. ZMK 2019(6):440-444. Online abrufbar unter: www.zmk-aktuell.de/management/praxisfuehrung/story/die-herausforderung-bei-der-behandlung-von-demenzpatienten__7766.html (Letzter Zugriff: 11.05.2021).

Daubländer M, „Lokalanästhesie in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“, in Van Aken, H. und Wulf, H. (Hrsg.), Lokalanästhesie, Regionalanästhesie, Regionale Schmerztherapie. 3. Überarb. Auflage, Stuttgart – New York, Georg Thieme Verlag 2010, 585-636.

Greenwood, M. und Meechan, J.G., General Medicine and Surgery for Dental Practitioners Springer Nature, Schweiz, BDJ Clinician’s Guides, 3. Auflage 2019.

Daubländer M, Müller und Lipp MD, The incidence of complications associated with local anesthesia in dentistry. Anesth Prog. 1997 Fall;44(4):132-41.

Sanofi, Fachinformation Ultracain® D-S, Ultracain® D-S forte, September 2020.

Malamed, S.F., Handbook of local anesthesia. 5th edition 2004, St. Louis, Elsevier Mosby.

Sanofi, Fachinformation Ultracain® D ohne Adrenalin, April 2017.

Demente Menschen sind aus verschiedenen Gründen zahnärztliche Risikopatienten: Schlechtere Mundgesundheit, Polymedikation und mangelnde Kooperationsfähigkeit können die Behandlung schwierig gestalten.

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