Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Linken

276 politisch motivierte Straftaten gegen das Gesundheitspersonal

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Ende Juli beging die österreichische Ärztin Dr. Lisa-Maria Kellermayr Selbstmord, nachdem sie monatelang von Impfgegnern bedroht worden war. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahrenlage für Mediziner in Deutschland?

Wie viele politisch motivierte Delikte, die sich gegen Beschäftigte im Gesundheitswesen richteten, gab es dieses Jahr bereits? Sind Impfgegner für Ärztinnen und Ärzte hierzulande eine Gefahr? Das wollte die Fraktion Die Linke ausgehend von den Ermittlungserkenntnissen im Fall Kellermayr in einer Kleinen Anfrage von der Bundesregierung wissen.

Wie die Regierung mitteilte, erfuhr das Bundeskriminalamt (BKA) demnach am 4. August, dass gegen einen Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft im Zusammenhang mit einer Bedrohung gegen die österreichische Ärztin Dr. Lisa-Maria Kellermayr ermittelt wird. Kellermayr wurde während der COVID-19-Pandemie von Impfgegnern und Kritikern der Corona-Schutzmaßnahmen massiv bedroht. Sie schloss daraufhin ihre Praxis und beging einen Monat später Suizid. Den Behörden, insbesondere der Polizei, wurde mehrfach Versagen vorgeworfen.

Hintergrund

Aus der Vorbemerkung der Fraktion Die Linke

Bis zum 16. September wurden dem Bundeskriminalamt (BKA) dieses Jahr laut Bundesregierung 276 politisch motivierte Straftaten gemeldet, die sich gegen Angehörige des Gesundheitswesens richteten. Davon entfielen 29 auf den Bereich der politisch rechts motivierten Kriminalität, drei auf die politisch links motivierte Kriminalität und 244 auf „politisch motivierten Kriminalität - nicht zuzuordnen“, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (Drucksache 20/3760) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (Drucksache 20/3425) ausführt.

Auch Praxen sind ein Angriffsziel für Corona-Leugner

Laut BKA stellen Lagerstätten für Impfstoffe, deren Transportfahrzeuge sowie Arztpraxen, Impfzentren und Forschungsinstituten auch mit Blick auf den anstehenden Herbst und Winter ein relevantes Angriffsziel für Impfgegner oder Corona-Leugner dar. "Für das dort tätige Personal besteht die Gefahr, verbalen Anfeindungen und Körperverletzungsdelikten ausgesetzt zu sein", teilt die Bundesregierung mit.

So sei es in vereinzelten Fällen bereits zu Bedrohungen, Beleidigungen oder Nötigungen sowie körperlichen Übergriffen gekommen. "Insgesamt kommt Arztpraxen und wieder eröffneten Impfzentren eine besondere Bedeutung zu, wenngleich bislang überwiegend verbale Anfeindungen festgestellt wurde", bilanziert die Regierung.

Nach Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz ist "aktuell eine abstrakte Gefährdungslage für Personen gegeben, die beispielsweise als politischer Gegner von Rechtsextremisten oder auch von Akteuren aus dem Phänomenbereich der „Verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ im Internet verunglimpft  oder bedroht werden". Zu diesem abstrakt bedrohten Personenkreis gehörten auch Ärztinnen und Ärzte.

Anfeindungen gegen Mediziner haben zugenommen

Anfeindungen gegen Mediziner hätten gerade im Zusammenhang mit dem gegen die staatlichen Coronaschutzmaßnahmen gerichteten Demonstrationsgeschehen und der Desinformationskampagnen im Internet durch Extremisten deutlich zugenommen.

"Auch wenn die Entwicklungen um Kellermayr sicherlich eine extreme Ausprägung der Bedrohungen von medizinischem Personal darstellen, so stellen diese doch eine Zäsur dar und müssen in die Gesamtbewertung der Gefährdungslage miteinbezogen werden", heißt es in der Antwort der Bundesregierung.

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