Abgabe von Cannabis nur nach persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt
Medizinisches Cannabis soll künftig nur nach vorherigem, persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt verschrieben werden. Auch der Versand soll verboten werden. Das sieht der „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes“ vor, den das Bundesgesundheitsministerium (BMG) jetzt vorgelegt hat.
Seit das Cannabis-Gesetz im April 2024 in Kraft getreten ist, fällt Cannabis nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz. Seitdem sei zu beobachten, „dass die Importe von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken über das zu erwartende Maß hinaus ansteigen“, begründet das BMG die geplanten Änderungen. Nach den Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) habe sich der Import von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken vom ersten Halbjahr 2024 zum zweiten Halbjahr 2024 um 170 Prozent gesteigert. Im gleichen Zeitraum seien die Verordnungen von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken zulasten der GKV allerdings nur um 9 Prozent gestiegen, heißt es im Entwurf.
Dies lege nahe, dass die steigenden Importe der Belieferung einer zunehmenden Anzahl an Selbstzahlern außerhalb der GKV-Versorgung dienten. Gleichzeitig würden vermehrt telemedizinische Plattformen auf dem Markt aktiv, über die Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken ohne jeglichen oder ohne persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt bezogen werden könnten. Dabei handele es sich bei Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken um ein Arzneimittel mit Suchtrisiko und weiteren gesundheitlichen Risiken, insbesondere Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung bei jungen Menschen. Ziel des Gesetzentwurfs sei daher die Korrektur dieser Fehlentwicklung, wobei gleichzeitig die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen sichergestellt werden soll.
Die ausschließliche Behandlung in Videosprechstunde soll nicht mehr möglich sein
Dem Entwurf zufolge soll die Verschreibung von Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken künftig nur nach einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt in der Arztpraxis oder bei einem ärztlichen Hausbesuch erfolgen. „Damit wird eine ausschließliche Behandlung im Rahmen der Videosprechstunde ausgeschlossen“, heißt es.
Außerdem sollen Cannabisblüten zu medizinischen Zwecken künftig nicht mehr auf dem Versandweg an Patienten abgegeben werden. Stattdessen müsse es wegen der Risiken und Gefahren eine umfassende Aufklärung und Beratung persönlich in der Apotheke geben, heißt es im Entwurf.
Reinhardt fordert wieder die Einstufung als Betäubungsmittel
Die Bundesärztekammer (BÄK) unterstützt die Pläne der Bundesregierung, Online-Verschreibungen und den Onlineversand von Medizinal-Cannabis zu unterbinden. BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt erklärte: „Seit der Herausnahme von Medizinal-Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz ist die Einfuhrmenge von Cannabisblüten sprunghaft angestiegen. Eine gesetzliche Korrektur ist deshalb erforderlich." Gleichzeitig forderte er, medizinisches Cannabis wieder als Betäubungsmittel zu deklarieren. „Eine Rückführung in das Betäubungsmittelgesetz und die erneute Verschreibung auf BtM-Rezepten sind unerlässlich, um die Therapiesicherheit zu erhöhen und Missbrauch, insbesondere durch Fernverschreibungen, effektiv zu verhindern“, sagte Reinhardt.
Auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) begrüßte den Gesetzentwurf. Arzneimittel seien keine handelsüblichen Konsumgüter und gehörten nicht auf rein kommerziell ausgerichtete Handelsplattformen. „Eine pharmazeutisch fundierte Beratung zu Cannabis sollte mit Blick auf das hohe Suchtrisiko und Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung bei jungen Menschen durch die Apotheke vor Ort stattfinden", sagte ABDA-Präsident Thomas Preis.