Änderungen bei Prüfungen und PJ treten in Kraft
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat eine „Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Ärzte bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ gezeichnet, die voraussichtlich am 1. April in Kraft treten wird. Durch möglichst flexible Regelungen soll sichergestellt werden, dass die Medizinstudierenden in der aktuellen Krisensituation das Gesundheitswesen unterstützen und gleichzeitig ihr Studium erfolgreich fortsetzen können.
Vorerst keine Regelung für Zahnmedizinstudierende
Vorerst keine Regelung für Zahnmedizinstudierende
Spahn: „Ich bin den Medizinstudierenden sehr dankbar, dass sie in dieser schwierigen Lage in der medizinischen Versorgung mit anpacken. Deshalb sorgen wir dafür, dass sie dadurch keine Nachteile für ihren Studienfortschritt hinnehmen müssen. Dafür haben wir jetzt flexible und rechtssichere Regelungen getroffen – ohne jedoch Abstriche bei der Qualität der ärztlichen Ausbildung zu machen.“
Die wesentlichen Regelungen sind:
Das zweite Staatsexamen, das im April ansteht, wird im Grundsatz bundesweit verschoben; die Fortsetzung des Studiums wird gewährleistet.
Die Länder haben nach Lage vor Ort die Möglichkeit, hiervon abzuweichen, wenn sie die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung unter den Bedingungen der epidemischen Lage sicherstellen können.
Die Studierenden, für die das Examen verschoben wurde, gehen schon im April in ihre praktische Ausbildung (Praktisches Jahr - PJ). Für sie wird das PJ von 48 auf 45 Wochen verkürzt. Dies verlängert für sie die Zeit, sich auf das zweite Staatsexamen dann im April 2021 vorzubereiten.
Bei den Prüfungsfragen für dieses zweite Staatsexamen werden coronabedingte Erfahrungen und Krankheitsbilder angemessen berücksichtigt.
Die Studierenden in den Ländern, die das zweite Staatsexamen nicht verschieben, organisieren das PJ so, wie es in der Approbationsordnung für Ärzte regulär vorgesehen ist. Insbesondere bleibt es bei ihnen bei den vorgesehenen 48 Wochen.
Bei den Ausbildungsbereichen für das PJ können die Universitäten flexibel mitbestimmen, wenn dies die Krankenversorgung vor Ort erfordert.
Erleichtert wird auch die Durchführung des dritten Staatsexamens, das im Mai startet. Insbesondere wird die Dauer der Prüfung um die Hälfte gekürzt. Prüferinnen und Prüfer werden in dieser Zeit auch für andere Aufgaben gebraucht.
Die Verordnung wird auf der Grundlage des § 5 Absatz 2 Nummer 7 Buchstabe b des Infektionsschutzgesetzes erlassen, der durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite neu gefasst wurde. Der Deutsche Bundestag hatte die epidemische Lage von nationaler Tragweite in seiner Sitzung am 25. März 2020 mit Inkrafttreten des Gesetzes festgestellt.
bvmd kritisiert fehlende bundeseinheitliche Lösung
Mit Entrüstung reagiert die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) auf die Verordnung. Sie bedeute insgesamt eine erhebliche Gefährdung der mentalen Gesundheit der Studierenden und einen klaren Einschnitt in die Qualität der medizinischen Ausbildung, erklärt der Verband. Ihre Forderungen hatte die Vertretung zuvor in einer Online-Petition Ausdruck verleihen, die vier Tage nach Eröffnung mehr als 100.000 UnterstützerInnen zählte.
Vor allem der geänderte zweite Abschnitt der ärztlichen Prüfung (M2) und das darauffolgende vorgezogene Praktische Jahr (PJ) gehen laut bvmd mit deutlichen Nachteilen für die betroffenen Medizinstudierende einher. Die bvmd betonte nochmals die große Hilfsbereitschaft und Solidarität der Studierenden: Zehntausende hätten sich in den vergangenen Tagen gemeldet, um die medizinische Versorgung zu unterstützen. In diesem Zusammenhang befürwortet die bvmd jegliche Regelungen, die dazu führen, dass dieser Einsatz vereinfacht wird, wie beispielsweise die angepassten Regelungen für Krankenpflegepraktika und Famulaturen.
„Jedoch kritisieren wir Beschlüsse, wie die Wiedereinführung des Hammerexamens, sowie die weitreichende Einschränkung der PJ-Mobilität durch eine fehlende bundeseinheitliche Lösung für das M2“, sagte Tim Schwarz, Vizepräsident der bvmd.
bvmd: "Die studierenden hängen weiter in der Luft"
Die Entscheidungskompetenz über den Zeitpunkt des zweiten Staatsexamens wurde mit der Verordnung an die Länder abgetreten. Diese können nach eigenem Ermessen das reguläre Staatsexamen im April durchführen oder sich für das vielfach kritisierte Hammerexamen am Ende des Praktischen Jahres entscheiden. „Die Studierenden hängen also weiterhin in der Luft und haben keinerlei Sicherheit über ihre mittelfristigen Zukunftspläne” rügte Philip Plättner, Bundeskoordinator für Gesundheitspolitik der bvmd. Die Medizinstudierenden würden hier im Kompetenzgerangel von Bund und Ländern zerrieben, kurz bevor das Praktisches Jahr mit einer unvorhersehbaren Versorgungssituation und kaum stattfindender Lehre starten sollen.
Zwar sei die Anregung der bvmd, im Falle der Wiedereinführung des Hammerexamens das PJ zu verkürzen, um den Studierenden eine längere Lernzeit zu gewähren, in der Verordnung berücksichtigt worden, jedoch schmälert dies nach Auffassung des bvmd nur marginal die Nachteile eines Hammerexamens. So sehe die Verordnung eine gesicherte Lernzeit von 42 Tagen vor. Diese sei im Vergleich zu den 100 Tagen, die hinlänglich als Richtwert gelten, schlichtweg zu knapp bemessen.
positiv: COVID-19-bedingte Fehlzeiten werden im PJ nicht angerechnet
Dennoch findet die bvmd es positiv, dass sich viele Forderungen dieser in der Verordnung wiederfinden So begrüßt der Verband, dass COVID-19-bedingte Fehlzeiten im PJ nicht angerechnet werden und eine Härtefallregelung vorgesehen ist, welche besonderen Umständen Rechnung tragen kann. Des Weiteren werden, wie von der bvmd gefordert, auch Famulaturen anerkannt, sollten diese durch die Aufhebung der nationalen epidemischen Lage vorzeitig beendete werden.
Die Verordnung im Wortlaut findet sich hier .