Aerosol-Forscher fordern wissenschaftsbasierte Corona-Regeln
In einem offenen Brief vom 11. April 2021 an die Bundeskanzlerin, die Ministerpräsidenten und die Gesundheitsminister der Länder sowie an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn haben führende Aerosol-Forscher den Pandemiekurs der Politik kritisiert. Denn obwohl aus der Aerosolforschung vielfältige Erkenntnisse zur Übertragung von SARS-CoV-2-Viren über den Luftweg bekannt sind, würden diese bis heute nicht in praktisches Handeln übersetzt.
Die Maskenpflicht beim Joggen bringt nichts
"Stattdessen werden eher symbolische Maßnahmen wie die Maskenpflicht beim Joggen erlassen, die keinen nennenswerten Einfluss auf das Infektionsgeschehen erwarten lassen", bemängeln die Forscher. Doch Verbote, sich in Parks zu treffen, gesperrte Rhein- und Mainufer oder abgeriegelte Innenstädte und Ausflugsziele für den Publikumsverkehr seien bei der Pandemeibekämpfung nicht zielführend. "Auch die aktuell diskutierten Ausgangssperren müssen in diese Aufzählung irreführender Kommunikation aufgenommen werden."
Ausgangssperren: "irreführende" Kommunikation
Den Wissenschaftlern zufolge versprechen die Ausgangssperren mehr als sie halten können: "Die heimlichen Treffen in Innenräumen werden damit nicht verhindert, sondern lediglich die Motivation erhöht, sich den staatlichen Anordnungen noch mehr zu entziehen." Die Reduzierung problematischer Kontakte in Innenräumen gelinge deshalb nur mit überzeugenden Argumenten für einen gelingenden Selbstschutz.
Auszug aus dem Brief
Auszug aus dem Brief
Übertragungen im Freien seien äußerst selten und führten nie zu Clusterinfektionen. Diese seien in Innenräumen zu beobachten und fänden vor allem in Altenheimen, Wohnheimen, Schulen, auf Veranstaltungen, Chorproben oder Busfahrten statt. Mittlerweile bestehe Konsens in der Wissenschaft: "Die Übertragung der SARS-CoV-2-Viren findet fast ausnahmslos in Innenräumen statt."
Maßnahmen müssen für Innenräume ergriffen werden
"Wir mussten aber als Aerosolforscher die Erfahrung machen, dass die öffentliche Debatte immer noch nicht den wissenschaftlichen Erkenntnisstand abbildet", heißt es in dem Brief. Viele Bürger hätten aufgrund der Berichterstattung über die von der Politik getroffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung die falsche Vorstellung, draußen sei es gefährlich. "Wenn wir die Pandemie in den Griff bekommen wollen, müssen wir die Menschen sensibilisieren, dass DRINNEN die Gefahr lauert. In den Wohnungen, in den Büros, in den Klassenräumen, in Wohnanlagen und in Betreuungseinrichtungen müssen Maßnahmen ergriffen werden."
Sechs goldene Regeln zur Infektionsvermeidung
Sechs goldene Regeln zur Infektionsvermeidung
Infektionen finden in Innenräumen statt, deshalb sollten sich möglichst wenige Menschen außerhalb ihres Haushaltes dort treffen. Zusätzlich muss man beachten, dass in Innenräumen auch dann eine Ansteckung stattfindet, wenn man sich nicht direkt mit jemandem trifft, sich aber ein Infektiöser vorher in einem schlecht belüfteten Raum aufgehalten hat.
Man sollte die Zeiten der Treffen und die Aufenthaltszeiten in Innenräumen so kurz wie möglich gestalten.
Man sollte durch häufiges Stoß- oder Querlüften Bedingungen wie im Freien schaffen.
Das Tragen von effektiven Masken ist in Innenräumen nötig. In der Fußgängerzone eine Maske zu tragen, um anschließend im eigenen Wohnzimmer eine Kaffeetafel ohne Maske zu veranstalten, ist nicht das, was wir als Experten unter Infektionsvermeidung verstehen. Dabei ist zu beachten, dass der Dichtsitz der Maske für ihre Effektivität mindestens genauso wichtig ist, wie die Abscheideeffizienz des Materials.
Raumluftreiniger und Filter sind überall dort zu installieren, wo Menschen sich länger in geschlossenen Räumen aufhalten müssen (Wohnheime, Schulen, Alten-und Pflegeheime, Betreuungseinrichtungen, Büros und andere Arbeitsplätze).
In großen Hallen und Räumen ist die Ansteckungsgefahr viel geringer als in kleinen Versammlungsräumen. Wenn man also wieder Theater, Konzerte, und Gottesdienste stattfinden lassen will, sollte das in großen gut gelüfteten Hallen stattfinden oder wenn möglich ins Freie ausgewichen werden.
Dr. Christof Asbach, Präsident der Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF), Dr. Gerhard Scheuch, ehemaliger Präsident der ISAM (International Society für Aerosolforschung), Dr. Sebastian Schmitt, Kassenwart der Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF), Dr. Birgit Wehner, Generalsekretärin der Gesellschaft für Aerosolforschung (GAeF), Dr. Andreas Held, Stellvertretender Präsident der Gesellschaft für für Aerosolforschung (GAeF)