Offener Brief an Kanzler Olaf Scholz

Allianz Deutscher Ärzte wehrt sich gegen „Faktenblatt“ des BMG

Susanne Theisen
Keine Fan-Post für das Bundeskanzleramt: In einem Offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz hat die Allianz Deutscher Ärzte die Kommentierung der aktuell laufenden Honorarverhandlungen durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) scharf kritisiert.

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, mit großem Befremden haben wir (...) die Parteinahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) im Zusammenhang mit den in dieser Woche angelaufenen Honorarverhandlungen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen zur Kenntnis nehmen müssen“, schreibt die Allianz der Deutschen Ärzte in ihrem Offenen Brief vom 14. August.

Das Ministerium hatte am vergangenen Freitag ein fünfseitiges „Faktenblatt“ zur ambulanten ärztlichen Versorgung an ausgewählte Redaktionen versendet. In dem Schreiben führte das BMG an, dass die Vorwürfe der Ärzte auf Basis der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die ambulante ärztliche Versorgung sowie der Angaben des Statistischen Bundesamts nicht nachvollziehbar seien. Die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung sei auch angesichts steigender Praxiskosten grundsätzlich gewährleistet.

Dem widerspricht die Ärzte-Allianz. Das Faktenblatt bezeichnete sie als einen schwerwiegenden Eingriff in die laufenden Verhandlungen und in die „Tarifautonomie“ der gemeinsamen Selbstverwaltung. Es verstoße gegen das staatliche Neutralitätsgebot – und sei zudem inhaltlich falsch.

Nicht neutral und faktisch falsch

In diesem Zusammenhang sei besonders der Abschnitt über Umsätze der Praxen während der Coronapandemie zu erwähnen. In dem Brief heißt es: „Gerade die Praxisteams waren zu Beginn der Pandemie weitestgehend schutzlos. Sie mussten Hygienemaßnahmen in den Praxen selbst organisieren, litten unter Lieferengpässen bei Masken und haben ihre Praxen dennoch offengehalten.“

Bei der Bewältigung der Pandemie hätten die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte vor Ort eine zentrale Rolle gespielt, argumentiert die Allianz Deutscher Ärzte weiter: 19 von 20 Covid-19-Erkrankten seien in den Praxen behandelt worden und ohne deren Einsatz wäre die Impfkampagne in Deutschland kein Erfolg geworden. Dass dafür enorme Aufwendungen entstanden seien und den zusätzlichen Einnahmen entsprechend Kosten gegenüberstanden, blende das Papier des BMG gezielt aus.

In ihrem Brief an Kanzler Olaf Scholz verweist die Allianz Deutscher Ärzte zudem auf den Fachkräftemangel, mit dem der ambulante Bereich zu kämpfen habe, „insbesondere weil dort vergleichbare Gehälter von Angestellten in der stationären Pflege oder in den Krankenkassen nicht gezahlt werden können“. Diesen Bedarf unter den Tisch fallen zu lassen, während er für die Pflege und die gewerkschaftlich organisierten Sozialversicherungsangestellten der Krankenkassen akzeptiert sei, widerspreche dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Die Unfähigkeit des BMG ist keine Entschuldigung

Der Brief schließt mit dieser Kritik: „Die Unfähigkeit des BMG, Strukturreformen auf den Weg zu bringen, die nachhaltig gewährleisten, dass Mittel zielgerichtet und effizient eingesetzt werden, ist keine Entschuldigung für die einseitige Parteinahme für einen einzelnen Akteur im Gesundheitswesen, in diesem Fall für die Gesetzlichen Krankenkassen.“

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