Alt werden in Deutschland
Altwerden in der Stadt
Berlins Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Michael Müller, berichtete von einem steigenden Bedarf altersgerechter Quartiere in der Großstadt. Es gebe viele Menschen, die in Berlin ihren Lebensabend verbringen wollten. Dafür seien zentrale Strukturen und barrierefreie Einkaufsmöglichkeiten wichtig.
Dem Nachbarn helfen
Das Thema "Wohnen" dominierte die Debatten des Kongresses. Neben der Frage der Finanzierungsmöglichkeiten von bedarfsgerechtem Wohnraum wurden auch alternative Wohnformen wie Mehrgenerationenhäuser, ambulant betreute Wohngemeinschaften und genossenschaftliches Wohnen erörtert.
Der Sozialwissenschaftler Dr. Konrad Hummel benannte als Vorteil des genossenschaftlichen unter anderem die nachbarschaftliche Hilfe. Hummel erklärte, dass es bei der Diskussion über den demografischen Wandel nicht nur um Fragen der Pflege und der medizinischen Versorgung gehen dürfe. "Woran es häufig fehlt, ist Zeit und soziale Aufmerksamkeit. Hier setzen die Seniorengenossenschaften an“, sagte er und betonte, dass gerade die kleinen Hilfen im Alltag zu einer erheblichen Erhöhung der Lebensqualität von älteren Menschen beitragen können.
Mobile Rentner
Auch die Kommunen stünden in der Verantwortung, Konzepte zur Unterstützung von älteren und pflegebedürftigen Menschen zu entwickeln. Ein bedarfsgerechtes Quartiersmananagement für ältere Menschen sehe Nachbarschaftshilfen, soziale Dienste und generationenübergreifende Angebote vor.
Insbesondere im ländlichen Raum seien regionale Netzwerke wichtig. Zudem müsse in vielen Fällen die Infrastruktur angepasst werden, um älteren Menschen beispielsweise Mobilität zu ermöglichen. Auch dieswurde in Berlin diskutiert.
Nur die Mini-Jobs boomen
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler kritisierte die Riester Rente: "Auf dem Buckel der Rentenversicherung wird die Privatversicherung gefördert. Die Rente der Verkäuferin sinkt, weil der Verkaufschef Riester Rente bekommt." Zudem seien Arbeitsplatzzuwächse in Deutschland in erster Linie im Bereich der Teilzeit- und Minijobs zu verzeichnen. "Ich glaube, dass die Menschen den Schutz vor Altersarmut in der gesetzlichen Krankenversicherung finden sollten", bekräftigte auch Annelie Buntenbach vom Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
Fachkräfte fehlen in der Pflege
Ein weiteres wichtiges Thema: der Fachkräftemangel in Deutschland. Die Experten waren sich einig, Er führt bereits zu Umsatzeinbußen bei den Unternehmen. Allerdings gebe es erhebliche unausgeschöpfte Potenziale, insbesondere bei Frauen und älteren Menschen, wie Malte Ristau-Winkler vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales betonte.
Die Erwerbstätigenquote der Altersgruppe 55 bis 64 sei immerhin seit 2000 von 37 auf 62 Prozent gestiegen, müsse jedoch noch stärker ausgebaut werden. Die meisten Fachkräfte fehlten in technischen Berufen sowie bei den Pflegekräften.
Letzteres sei besonders prekär, da Schätzungen zufolge die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland von heute 2,4 Millionen auf 3,6 Millionen im Jahr 2030 steigen wird. In den nächsten Jahren würden in der Pflege daher ungefähr 400.000 Vollzeitstellen mehr gebraucht als heute zur Verfügung stehen.
Während die älteren Pflegekräfte meistens recht früh aus dem Berufsleben ausscheiden, sei es besonders schwer, junge Menschen für eine Ausbildung in der Pflege zu begeistern, ergänzte Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa).
Ein attraktiver Job?
Meurer zufolge müssten die Arbeitgeber daher dringend versuchen, mehr Auszubildende zu gewinnen. Gleichzeitig sollte versucht werden, die Berufsverweildauer durch gezielte Gesundheitsförderung, Steigerung der Arbeitszufriedenheit, bessere Qualifizierung und Entlohnung sowie eine verstärkte Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen.
Hier komme auch dem betrieblichen Gesundheitsmanagement eine besondere Bedeutung zu. Ferner müsse man Pflegekräften aus dem Ausland die Zuwanderung erleichtern.
DerDemografiekongressfindet unter der Schirmherrschaft von sechs Bundesministerien statt und soll Entscheider aus der Wohnungs-, Sozial- und Gesundheitswirtschaft mit den Krankenkassen, der Industrie und politisch Verantwortlichen vernetzen, um die Potenziale des demografischen Wandels zu diskutieren.