US-Studie

Ameisen haben Zähne aus Metall

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Zahnmedizin
Ameisen müssen beim (Durch-)Beißen mindestens 60 Prozent weniger Kraft aufwenden als wir. Ihre Zähne sind viel schärfer und stabiler. Warum das so ist, war lange ein Rätsel. Forscher der University of Oregon haben es jetzt gelöst.

Ja, Ameisen haben Zähne, wie jeder bestätigen kann, der schon einmal auf einen Ameisenhügel getreten ist. Diese spezialisierten Strukturen, die in der Fachsprache "Kieferzähne" genannt werden, weil sie außerhalb des Mundes angebracht sind, bestehen aus einem Netzwerk von Material, das einzelne Zinkatome fest miteinander verbindet. Der Gesamteffekt ist ein Unterkiefer, in dem mehr als 8 Prozent des Zahngewichts aus Zink bestehen.

Das Metall macht das Ameisengebiss hart

Lange war rätselhaft, wie diese Kompositmaterialien aufgebaut sind. Das Team um Prof. Robert Schofield von der University of Oregon hat nun Techniken entwickelt, um Härte, Elastizität, Bruchenergie, Abriebfestigkeit und Schlagfestigkeit der Zähne im Miniaturmaßstab zu messen.  Mithilfe einer speziellen Mikroskoptechnik, der sogenannten Atomsondentomografie, wurde eine winzige Probe von der Spitze eines Ameisenzahns genommen und analysiert. So konnten die Forscher feststellen, wie die einzelnen Atome im Ameisenzahn angeordnet sind.

"Wir konnten sehen, dass das Zink gleichmäßig im Zahn verteilt ist, was eine Überraschung war", sagte Arun Devaraj. "Wir hatten erwartet, dass das Zink in Nanoknötchen gebündelt ist." Der Trick dabei: eine Schneidkante, die wegen der eingelagerten Metallatome viel schärfer sein kann als klassische Biokomposite. Sie besteht im Unterschied zum Zahnschmelz nicht aus Kristallen, die in eine Grundmasse aus Proteinen eingebettet sind, sondern aus einem homogenen Material, dessen Proteine mit Metallatomen wie Zink oder Mangan gehärtet sind.

Risse heilen von selbst

Denn anders als gedacht sind die Metallatome eben nicht untereinander verbunden. Stattdessen durchdringt das Metall gleichmäßig auch die allerfeinsten Strukturen, ähnlich wie Querverstrebungen, die Proteine in sich sowie untereinander vernetzen und das Material härten. Diese metallhaltigen Biomaterialien sind extrem abriebfest. Entstehende Risse in dem Material heilen von selbst, weil die Metallatome gerissene Bindungen einfach neu knüpfen. So kann die in sich einheitliche, durch Zink vernetzte Schneide des Ameisenkiefers viel dünner sein – und damit auch viel schärfer.

In den klassischen Kompositmaterialien unserer Zähne befinden sich dagegen harte Stoffe neben weichen, was dazu führt, dass das Material an der Grenze zwischen hartem Mineral und flexiblerem Protein leichter bricht, vor allem bei sehr feinen Strukturen.

Auch Spinnen, Insekten Würmer und Krebstiere haben diese Zähne

Insgesamt ermöglichen diese Biomaterialien es den Tieren, mindestens 60 Prozent weniger der Kraft aufzubringen, die sie aufwenden müssten, wenn ihre Werkzeuge aus ähnlichen Materialien wie die menschlichen Zähne hergestellt wären. Dadurch verbrauchen ihre kleineren Muskeln weniger Energie. Möglicherweise ein Grund, warum alle Spinnen, Ameisen, Insekten, Würmer, Krebstiere und viele andere Organismengruppen diese speziellen Werkzeuge besitzen.

Schofield, R.M.S., Bailey, J., Coon, J.J. et al. The homogenous alternative to biomineralization: Zn- and Mn-rich materials enable sharp organismal “tools” that reduce force requirements. Sci Rep 11, 17481 (2021). doi.org/10.1038/s41598-021-91795-y

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