Arzneimittelausgaben steigen weiterhin stark
Aufgrund eines ungebremsten Ausgabenanstiegs fordert die DAK-Gesundheit nach der Veröffentlichung des Reports eine „einnahmenorientierte Ausgabenpolitik“ in der Arzneimittelversorgung. Innerhalb von fünf Jahren seien die Ausgaben für Medikamente in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) um 34 Prozent gestiegen. Zurückzuführen sei das vorrangig auf den Kostenzuwachs im Patentmarkt, so die Ergebnisse des neuesten Reports. Dieser zeigt auch: Die Beitragseinnahmen liegen weit hinter den Ausgaben für Arzneimittel zurück.
Der Report analysiert den Ist-Zustand und fokussiert sich darüber hinaus auf Lösungsansätze, die sicherstellen, dass neue Arzneimittel auch zukünftig bezahlbar und für die deutsche Bevölkerung zugänglich bleiben. Das könne beispielsweise durch Vorteile eines dynamischen Herstellerrabatts und die einer Neudefinition des Innovationsbegriffs gelingen, so die Krankenkasse.
Seit 2011 soll das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) die steigenden Ausgaben bremsen. Der Preis neuer Medikamente etwa sollte sich dafür an ihrem Zusatznutzen im Vergleich zu bereits auf dem Markt befindlichen Therapien orientieren. Der neueste Report zeigt hingegen, dass die Ausgaben der GKV für Medikamente im vergangenen Jahr um 10,2 Prozent gestiegen sind. Dem gegenüber steht ein Einnahmenwachstum von nur 5,7 Prozent.
Kostenkonzentration auf wenige Arzneimittel
Die Analysen zeigen zudem, dass sich die Arzneimittelausgaben auf wenige, besonders umsatzstarke Arzneimittel konzentrieren. Im vergangenen Jahr entfielen 10,8 Prozent der gesamten Arzneimittelausgaben auf ein Prozent der umsatzstärksten patentgeschützten Arzneimittel. Neben hohen Einstiegspreisen liege das in der mittlerweile gängigen Praxis der sukzessiven Indikationserweiterungen begründet, moniert die DAK-Gesundheit. Dabei offenbart der Report, dass die dafür eigentlich vorgesehen Preis-Mengen-Vereinbarungen nicht oder nur unzureichend wirken.
„Insbesondere der Patentmarkt führt zu Kosten, die das System an den Rand seiner Funktionsfähigkeit führen könnten“, erklärt Andreas Storm, Vorsitzender des Vorstands der DAK-Gesundheit. Trotzdem müssten Innovationsförderung und Kostendämpfung kein Widerspruch sein, so Storm. „Mit einer Vereinfachung des zuletzt komplex gewordenen AMNOG-Systems schafft man mehr Transparenz und Planbarkeit. Dynamische Preisabschläge, die an die Einnahmenentwicklung der GKV geknüpft sind, könnten ein wichtiger Baustein für eine langfristige Finanzierbarkeit der Arzneimittelausgaben sein“, so Strom.
Einsparziele deutlich verfehlt
Hohe Einstiegspreise, die unter anderem durch die kleinen Patientengruppen beim Markteinstieg begründet werden, würden durch die Indikationsausweitungen schleichend auf weitere, meist deutlich größere, Patientengruppen übertragen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Ausgaben. Der Report zeigt letztendlich auf, wie das AMNOG derzeit keine Antwort auf diese Praxis findet. „Die neue Regierung muss hier mit einer echten AMNOG-Reform ansetzen,“ betont Storm.
Die zuletzt getroffenen Maßnahmen aus dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) zur Regulierung der Arzneimittelausgaben waren laut der am Report beteiligten Forschenden entweder wirkungslos oder mit Fehlanzeigen verbunden. So liegen die Einsparungen der darin definierten Leitplanken vermutlich weit unter den gesetzlichen Einsparzielen von 300 Millionen Euro pro Jahr.
Wolfgang Greiner, Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement an der Universität Bielefeld und Mitherausgeber des Reports, wird deutlich: „Ein Aufwuchs an Komplexität und fehlende Planbarkeit bestimmen seit knapp drei Jahren das AMNOG, bislang ohne messbaren Effekt auf die Ausgabendynamik neuer Arzneimittel.“ Zu diskutieren sei, ob das AMNOG selbst der richtige Ort ist, Ausgaben nachhaltig zu regulieren. „Ein Neustart bei Pay-for-Performance-Modellen und eine Anpassung von Selbstbeteiligungen sollte vielmehr auf die politische Agenda“, so Greiner.
Der AMNOG-Report
Jedes Jahr bring die DAK-Gesundheit ihren AMNOG-Report heraus, in dem die Preisentwicklung von Arzneimitteln analysiert wird. Unter dem Titel „Innovationsförderung und Kostendämpfung – ein Widerspruch?“ haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Forschungsinstitut Vandage und der Universität Bielefeld zum zwölften Mal die Entwicklung im Markt der patengeschützten Arzneimittel für den Report analysiert.