Brexit, Pandemie und jetzt neue Sparmaßnahmen

Auf der Insel werden die Zahnärzte knapp

Arndt Striegler
Laut der British Dental Association (BDA) haben allein seit Beginn der Covid-Pandemie 2020 mehr als 3.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte den staatlichen Gesundheitsdienst National Health Service (NHS) verlassen.

Britische Medien sprechen bereits von einem „Massenexodus“ in der staatlichen Zahnmedizin. Tausende zwischen London und Liverpool praktizierende staatliche Zahnärztinnen und Zahnärzte haben zwar nicht ganz das NHS-Handtuch geworfen. Sie haben aber dennoch ihre über den NHS angebotenen Leistungen teils deutlich reduziert.

Tausende Zahnärzte haben ihre NHS-Leistungen reduziert

Folge für die Patienten im Königreich: In immer mehr Landesteilen ist es quasi unmöglich, einen Termin in einer staatlichen Zahnarztpraxis zu bekommen. Wer es sich finanziell leisten kann, lässt sich privat behandeln. Doch weil dies teuer ist, fallen laut BDA besonders einkommensschwache Patienten immer öfter ganz aus der zahnärztlichen Versorgung heraus.

BDA-Sprecher Shawn Charlwood: „Der staatliche Zahnarztsektor wurde in den vergangenen Jahren von den Gesundheitspolitikern drastisch unterfinanziert. Das rächt sich jetzt.“ Die BDA schätzt, daß Investitionen von knapp einer Milliarde Euro notwendig sei, um das Versorgungsangebot auf das Angebot des Jahres 2010 wieder anzuheben. 

Hunderte europäische Zahnärzte gingen nach dem Brexit

Stichwort Brexit. Laut BDA haben hunderte europäische Zahnärztinnen und Zahnärzte nach dem Brexit-Referendum im Jahr 2016 der britischen Zahnmedizin den Rücken gekehrt. Der Brexit führte dazu, daß das Königreich als Arbeitsplatz für deutsche und andere EU-Zahnmediziner deutlich weniger attraktiv wurde. Auch diese europäischen Zahnärzte fehlen jetzt.

Laut der Organisation „Association of Dental Groups” (ADG) haben allein im Jahr 2021 mehr als 2.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte den NHS in England verlassen und Ersatz wurde meist nicht gefunden. Laut ADG praktizierten im NHS in England Anfang 2021 noch 21.544 Zahnärztinnen und Zahnärzte. Ein Jahr zuvor waren es noch 23.733 Zahnmediziner.

Auch in anderen Teilen des Vereinigten Königreichs wie Schottland, Wales und Nord-Irland ist laut BDA seit Jahren eine Abwanderung von Zahnmedizinern zu beobachten. Und auch dort werden die Versorgungslücken größer du größer.

Vier Millionen Patienten finden keinen staatlichen Zahnarzt

Als Großbritannien die EU offiziell im Januar 2021 verließ, sorgte das in der britischen Zahnmedizin wie auch in anderen Teilen des britischen Gesundheitswesens für große Unsicherheiten. Der General Dental Council (GDC) will noch bis Dezember 2022 berufliche Qualifikationen aus anderen EU-Ländern darunter Deutschland anerkennen. Das gilt auch für die Schweiz, wo dort erworbene Qualifikationen vom GDC noch bis 2024 anerkannt würden. Vieles, was nach Dezember 2022 sein wird, ist laut BDA immer noch unklar.

Fazit: Alle britischen Berufsorganisationen im zahnmedizinischen oder zahntechnischen Bereich erwarten, dass der Brexit und die damit verbundene Abwanderung von Zahnärztinnen und Zahnärzten aus dem Königreich die Versorgungslage auf der Insel weiter verschlechtern wird. Laut Patientenorganisationen können schon heute rund vier Millionen Patientinnen und Patienten im Königreich keine staatliche zahnmedizinische Versorgung mehr finden. Dieser erschreckende Trend dürfte sich in den kommenden Jahren weiter fortsetzen.

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