Bundesarbeitsgericht hält Gesundheitsschutz hoch

Auf gesetzlichen Mindesturlaub kann nicht verzichtet werden

LL
Recht
Nach Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte der Arbeitnehmer Geld für die sieben verbliebenen Urlaubstage – und bekam recht. Sowohl die Vorinstanzen als auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigten seinen Anspruch.

Selbst im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs kann nicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub verzichtet werden, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht. Darauf verweist der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. unter Hinweis auf ein gerade ergangenes Urteil des BAG.

Eine Vergleichsklausel verstößt gegen das Bundesurlaubsgesetz

Dem Urteil lag folgender Fall zugrunde: Ein Betriebsleiter war vom Januar 2019 bis Ende April 2023 bei der Beklagten angestellt. 2023 war er durchgehend krank und konnte daher seinen Urlaub nicht nehmen. Im März 2023 einigte er sich mit seiner Arbeitgeberin auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Im Vergleich hieß es: „Urlaub ist in natura gewährt.“ Jedoch konnte der Kläger auch im April 2023 krankheitsbedingt den Urlaub nicht nehmen. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte er 1.615,11 Euro für die sieben verbliebenen Urlaubstage – und bekam recht. Sowohl die Vorinstanzen als auch das BAG bestätigten seinen Anspruch.

Damit bricht das Gesetz den Vertrag, denn es hält die Vergleichsklausel für nichtig. Laut Bundesurlaubsgesetz muss nicht genommener Urlaub finanziell abgegolten werden, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Der Vergleich, der einen Ausschluss vorsah, verstieß gegen § 13 Abs. 1 Satz 3 des Bundesurlaubsgesetz und war somit nichtig, erklärt Görzel. Vom Bundesurlaubsgesetz darf nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden.

Gesundheitsschutz ist nicht verhandelbar

Ein Verzicht während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ist unzulässig. Der gesetzliche Erholungsurlaub dient dem Schutz der Gesundheit. Und genau deshalb ist er unverzichtbar – zumindest solange das Arbeitsverhältnis besteht. Das BAG machte klar: Gesundheitsschutz ist ein hohes Gut und steht nicht zur Disposition.

Ein Vergleich kann gültig sein, wenn die Tatsachen streitig sind. In diesem Fall allerdings stand fest, dass der Arbeitnehmer krank war und daran kein Zweifel war. Es lag also kein Tatsachenvergleich vor und damit auch kein Spielraum für Ausnahmen, so der Fachanwalt zum Fall. Die Beklagte berief sich auf Treu und Glauben (§ 242 BGB). Doch das BAG ließ dieses Argument nicht gelten: Sie sei nicht schutzwürdig. Sie durfte nicht auf die Wirksamkeit einer unzulässigen Regelung vertrauen.

EU-Recht stärkt Arbeitnehmer zusätzlich

Auch europäisches Recht verbietet eine finanzielle Abgeltung von Urlaub während eines laufenden Arbeitsverhältnisses. Laut der Arbeitszeitrichtlinie ist das nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlaubt. Der Schutz ist also europäisch abgesichert, fügt Görzel hinzu.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.