Studie zu Arbeitsunfällen in der Schweiz

Bei Temperaturen über 30 Grad nehmen Arbeitsunfälle zu – auch im Büro!

nb
Gesellschaft
Eine Studie von Forschenden der Universitäten Passau und Bern zeigt anhand von Daten aus der Schweiz: An Tagen mit Temperaturen über 30 Grad steigt die Zahl der Arbeitsunfälle um 7,4 Prozent – egal, in welcher Branche man arbeitet.

Wie wirken sich extremen Temperaturen auf Unfälle bei der Arbeit aus? Diese Frage haben Katharina Drescher, Doktorandin für Ökonomie an der Universität Passau, und Ko-Autor Benedikt Janzen von der Universität Bern anhand von Daten aus der Schweiz untersucht. In ihrer Studie werteten die Forschenden Arbeitsunfälle von 1996 bis 2019 aus.

Zum Hintergrund: „Die Schweiz eignet sich für eine solche Untersuchung insofern, als es hier auf kleinem Raum eine große Variation an Temperaturen gibt“, erläutern die Studienautoren. Zudem liegen für jeden Arbeitsunfall das Datum und der Ort sowie detaillierte Informationen zu den demografischen und sozioökonomischen Merkmalen der verletzten Person sowie zu Ursache und Folgen des Unfalls vor. So konnten die Wissenschaftler mehr als sechs Millionen Versicherungsansprüche aus Unfällen mit den Daten von Schweizer Wetterstationen über Temperatur, Niederschlag, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit abgleichen.

Das Ergebnis der Studie ist zunächst wenig überraschend: Dass mit Temperaturen über 30 Grad auch die Zahl der Arbeitsunfälle steigt, war laut den Studienautoren zu erwarten. Was sie aber verblüfft hat, war die Tatsache, dass in der Schweiz – anders als Studien aus den USA dies nahelegen – die Hitze alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen traf. Egal, ob man in der Baubranche arbeitete oder als Bürokraft: Die Zahl der Arbeitsunfälle stieg in beiden Gruppen gleichermaßen prozentual an.

Schlafmangel als Ursache für erhöhte Unfallzahlen

Allerdings unterschieden sich die Gruppen hinsichtlich der Ursachen: Während heiße Nächte alle Beschäftigten schlecht schlafen lassen, ist es doch die Hitze am Tag, die zu mehr Unfällen führt für diejenigen, die überwiegend draußen arbeiten. Bei Bürokräften spielen die Temperaturen in den Nächten davor eine größere Rolle. Den Zusammenhang zwischen Temperatur, Schlafmangel und erhöhten Arbeitsunfällen zeigen die Forschenden, indem sie zusätzlich zu den Unfalldaten die Schweizerische Gesundheitsbefragung heranziehen.

Ebenso steigt das Risiko für Arbeitsunfälle an kalten Tagen mit Temperaturen unter 0 Grad um 6,3 Prozent. Die Hauptursache für den Anstieg der Arbeitsunfälle an diesen Tagen ist dass die Mneschen ausrutschen und fallen.

90 Millionen Schweizer Franken kosten temperaturbedingte Unfälle pro Jahr

Die Studienautoren berechneten auch den wirtschaftlichen Schaden: Demnach verursachten extreme Temperaturen (unter 0 Grad und über 30 Grad) im Beobachtungszeitraum pro Jahr durchschnittlich 2.600 Arbeitsunfälle, was 1 Prozent der jährlichen Unfälle in der Schweiz ausmacht. Dadurch beliefen sich im Beobachtungszeitraum die Kosten der temperaturbedingten Unfälle auf etwa 90 Millionen Schweizer Franken jährlich – Tendenz stark steigend. Denn gab es 1996 lediglich einen Hitzetag mit mehr als 30 Grad, so lag die Zahl im Jahr 2019 bereits bei elf Tagen.

Gemäß den Prognoseszenarien für den Klimawandel gehen die Forschenden davon aus, dass die Kosten für temperaturbedingte Arbeitsunfälle bis zum Ende des Jahrhunderts weiter auf bis zu 163 Millionen Schweizer Franken pro Jahr ansteigen werden. Sie schlussfolgern daraus, dass sich Länder künftig auf eine suboptimale Temperaturexposition einzustellen und Präventivmaßnahmen ergreifen müssen – wie klimatisierte Arbeitsplätze, verbesserte Arbeitnehmerschutzgesetze und eine Umplanung der Arbeitszeiten zur Vermeidung von Temperaturextremen.

Drescher, Katharina; Janzen, Benedikt: When Weather Wounds Workers: The Impact of Temperature on Workplace Accidents, July, 2023; https://www.bgpe.de/texte/DP/226_Drescher_1.pdf

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