Affenpocken breiten sich weiter aus – 80 Fälle weltweit bekannt

Besonders direkter Kontakt mit den Hautveränderungen ist kritisch

mg
Gesellschaft
Am 19. Mai hat das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr den ersten deutschen Affenpocken-Fall nachgewiesen. International kommen täglich neue hinzu. Das Institut informiert deshalb über die Infektionswege.

Neuesten Meldungen des BBC zufolge sind weltweit aktuell (Stand 22. Mai, 23:30 Uhr) 80 Fälle von Affenpocken in 15 Ländern (Österreich, der Schweiz, Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Schweden, Israel, USA, Kanada und Australien) bestätigt. Das Robert Koch-Institut hatte bereits am 19. Mai die Ärzteschaft in Deutschland zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen.

Heute informiert der Sanitätsdienst der Bundeswehr über die möglichen Übertragungswege: Danach können Affenpocken „im Frühstadium über erregerhaltige Tröpfchen in der Ausatemluft oder später durch direkten Kontakt mit den charakteristischen Hautveränderungen übertragen werden. In Pustel- und Schorfmaterial ist das Virus noch lange überlebensfähig und kann so auch über kontaminierte Materialien und Oberflächen wie beispielsweise Kleidung, Bettzeug und andere persönliche Gegenstände übertragen werden".

Häufigkeit schwerer Verläufe lag in Afrika bei 1 bis 10 Prozent

Die Inkubationszeit in der Regel 6 bis 13 Tage, kann aber auch zwischen 5 und 21 Tagen liegen. Die Krankheit heilt typischerweise von selbst ab, wobei die Symptome in der Regel innerhalb von zwei bis drei Wochen abklingen.

Die Häufigkeit schwerer Verläufe variiert je nach Abstammungslinie des Virus und wird für Afrika  bei der mancherorts zum Teil stark eingeschränkten Gesundheitsversorgung mit 1 bis 10 Prozent angegeben. Kinder und Schwangere haben ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf. Im Unterschied zu SARS-CoV-2 werde das Affenpockenvirus jedoch nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Infektion erfordert in der Regel einen sehr engen Kontakt mit infizierten Menschen, Tieren oder kontaminierten Gegenständen.

Schorf enthält vermehrungsfähiges Virus

Zu den ersten Symptomen der Affenpocken gehören Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Schüttelfrost und Abgeschlagenheit. Es kann sich ein anfangs stark juckender, fleckiger Ausschlag einwickeln, der meist im Gesicht beginnt und sich dann auf andere Körperteile, einschließlich der Genitalien, ausbreitet.

Die Hautveränderungen durchlaufen dann verschiedene Stadien, die auch mit denen bei Windpocken, Dellwarzen oder der Syphilis verwechselt werden können. Wichtiges Detail: „Es bilden sich flüssigkeitsgefüllte Bläschen, die eitern und aufplatzen können und schließlich ein Schorf, der später abfällt und dabei noch vermehrungsfähiges Virus enthalten kann.”

Virologen halten die Lage für "zutiefst besorgniserregend"

Der Virologe Gerd Sutter, der seit Jahrzehnten an Impfstoffen forscht und für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch die Ausbreitung von verschiedenen Pockenviren beobachtet, hatte am 21. Mai in einem Interview mit der Zeit vor Panikmache gewarnt. „Eine neue Pandemie haben wir nicht zu befürchten“, sagte Sutter der Zeitung.

In einer ersten Bewertung am 20. Mai hatte auch der US-Virologe Jay Hooper gegenüber Nature eine vorsichtige Entwarnung gegeben. Es sei davon auszugehen, so Hopper, dass eine Person mit Affenpocken wahrscheinlich viel weniger enge Kontakte infiziert als jemand mit SARS-CoV-2.

Dennoch, dass Affenpocken bei Menschen ohne offensichtliche Verbindung zueinander nachgewiesen werden, deutet darauf hin, dass sich das Virus möglicherweise stillschweigend ausgebreitet hat, schreibt Nature weiter – eine Tatsache, die US-Epidemiologin Andrea McCollum von der US-Gesundheitsbehörde CDC als „zutiefst besorgniserregend” bezeichnete.

BMG rechnet mit weiteren Fällen auch in Deutschland

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) teilte indes mit, mit weiteren Fällen in Deutschland sei angesichts der bekannten Kontakte und potenziellen Infektionswege zu rechnen. „Aktuell scheinen die Risikoexpositionen vorwiegend sexuelle Kontakte unter Männern zu sein. Expositionsorte der in Deutschland bislang bekannt gewordenen Fälle waren Party-Veranstaltungen, unter anderem auf Gran Canaria (Spanien) und in Berlin, bei denen es zu sexuellen Handlungen kam.”

Die Bundesregierung sei über das europäische Frühwarnsystem EWRS zum Beispiel über eine Kontaktperson eines Falles in Italien informiert, die sich in Deutschland aufhält, berichtet das BMG weiter. Die betroffenen Behörden seien informiert und verfolgten den Kontakt. Der Ausblick des Ministeriums: Für Mittwoch hat das Health Security Committee (HSC) der Europäischen Kommission zu einer Sondersitzung mit dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) eingeladen. Proben weiterer Personen sind in Abklärung, Kontaktpersonen werden ermittelt.

Pockenimpfung schützt vermutlich auch vor Affenpocken

"Eine Pockenimpfung schützt vermutlich auch vor Affenpocken", heißt es in einem BMG-Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestages. In der Bundesrepublik war diese bis 1975 für Einjährige Pflicht, in der DDR wurde eine Impfpflicht 1982 aufgehoben. Mit Stand von gestern Nachmittag gibt es laut BMG inzwischen vier bestätigte Infektions- und Erkrankungsfälle in Deutschland - einen in München und drei in Berlin. .

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.