Bestechung und Bestechlichkeit - wo ist die Grenze?
Fall: Überweisung von Patienten
Beispiel 1: Ein Zahnarzt und ein MKG-Chirurg vereinbaren für die Überweisung von Patienten eine Geldprämie oder eine andere Form der Zuwendung.
Die Vereinbarung von Vorteilen als Gegenleistung für die Zuführung von Patienten ist strafbar gemäß §§ 299a, 299b StGB. Wenn ein Zahnarzt einem Patienten – zumal auf dessen Nachfrage – Empfehlungen gibt, welcher ärztliche oder zahnärztliche Kollege als Nach- oder Mitbehandler geeignet erscheint, ist dies strafrechtlich nicht zu beanstanden.
Erhält der Zahnarzt hierfür von dem Kollegen jedoch eine Vergütung, ist das berufs- und nunmehr auch strafrechtlich bedenklich. Das auch dann, wenn der Zahnarzt von seiner Empfehlung überzeugt ist und diese auch ohne den finanziellen Vorteil gegeben hätte.
Beispiel 2: Ein Zahnarzt überweist innerhalb einer Praxisgemeinschaft einen Patienten.
Praxisgemeinschaften zielen nur auf die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Vertragszahnärzte ab (§ 33 Abs. 1 ZV-Z), die dabei aber als eigenständige Praxen auf eigene wirtschaftliche Rechnung arbeiten. Der Behandlungsvertrag wird hier durch jeden der beteiligten Zahnärzte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geschlossen, es findet demzufolge auch eine getrennte Abrechnung, bspw. gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, statt.
Sachfremde Anreize bzw. Vorteile, die im Hinblick auf § 299a StGB problematisch sein können, können hier daher auch in Vereinbarungen zwischen den Partnern der Praxisgemeinschafts-Gesellschaft gesehen werden, nach denen nicht jeder Partner auf eigene wirtschaftliche Rechnung arbeitet, sondern alle an dem wirtschaftlichen Erfolg aller Partner partizipieren, ohne dass eine genehmigte Berufsausübungsgemeinschaft gemäß § 33 Abs. 2 ZV-Z vorliegt.
Dabei ist es prinzipiell gleichgültig, ob ein (zuweisender) Partner je Fall ausdrücklich eine gesonderte Zuwendung hierfür erhält oder pauschal an den Einnahmen eines anderen Partners beteiligt wird (vgl. LSG Niedersachsen, Urt. v. 10.02.2003, Az. L 3 KA 434/02 ER - "Gewinnpooling"). Auch ein zielgerichtetes System gegenseitiger Patientenzuweisungen unter den Mitgliedern einer Praxisgemeinschaft kann gegen das berufsrechtliche Zuweisungsverbot verstoßen (siehe LG Heidelberg, Urt. v. 30.07.1997, Az. 8 O 41/97) und daher nunmehr strafbar gemäß §§ 299a, 299b StGB sein.
Beispiel 3: Ein Zahnarzt überweist Patienten an einen Kollegen innerhalb der "Gemeinschaftspraxis".
Die gemeinsame Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit und damit im Innenverhältnis die gemeinsame Verfolgung wirtschaftlicher Interessen und Gewinnteilung ist gemäß § 33 Abs. 2 der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (ZV-Z) in Form einer - genehmigten - Berufsausübungsgemeinschaft (ehem. "Gemeinschaftspraxis") zulässig.
Durch die erforderliche Genehmigung wird sichergestellt, dass die mit der partnerschaftlichen Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen einhergehende Gefahr von Pflichtenkollisionen für die KZV erkennbar wird und dass die möglichen Pflichtenkollisionen Rechnung tragenden besonderen honorarrechtlichen Vorschriften für Berufsausübungsgemeinschaften zur Anwendung gelangen (LSG Niedersachsen, Urt. v. 10.02.2003, Az.L 3 KA 434/02 ER).
Die Gewinnbeteiligung der Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft ist daher zulässig und begründet insoweit keine Strafbarkeit nach § 299a StGB.
###more### ###title### Fall: Rückvergütung ###title### ###more###
Fall: Rückvergütung
Beispiel 1: Ein Vetragszahnarzt lässt von einem inländischen Dentallabor im Ausland Zahnersatz fertigen. Dieser wird dem Zahnarzt zu BEL-II-Preisen in Rechnung gestellt und von ihm in gleicher Weise abgerechnet. Vereinbarungsgemäß erhält der Zahnarzt regelmäßig von dem Dentallabor einen Geldbetrag für den bezogenen Zahnersatz "zurückerstattet", der er als "sonstige Erlöse" verbucht.
Zahnersatz bzw. zahntechnische Leistungen sind Medizinprodukte, die zur unmittelbaren Anwendung am Patienten bestimmt sind. Beauftragt ein Zahnarzt ein gewerbliches Dentallabor mit der Herstellung von Zahnersatz, dann fallen daher direkte Rückvergütungen als Kickbacks in den Anwendungsbereich der §§ 299a und 299b StGB, soweit die erzielten Vorteile nicht an den Patienten bzw. Kostenträger weitergeleitet werden.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Rückvergütung in Form von Bargeld, Zahngold oder in Form einer Beteiligung am Laborumsatz erfolgt. Die Unzulässigkeit der Rückvergütung wird auch nicht dadurch beseitigt, dass diese einen anderen Namen erhält oder durch ein anderes Geschäft verschleiert wird.
Ein Kickback bzw. strafrechtlich relevanter Vorteil im Sinne der §§ 299a, 299b StGB kann daher z.B. auch dann vorliegen, wenn
- das Dentallabor dem Zahnarzt kostenfrei oder unter dem üblichen Mietpreis z.B. einen PKW zur Verfügung stellt oder dessen Leasinggebühren übernimmt- dem Zahnarzt Geräte oder Materialien unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden- das gewerbliche Dentallabor die Factoring-Gebühren des Zahnarztes unmittelbar oder zumindest "mittelbar" übernimmt- das Dentallabor kostenlos Patiententransporte zur Praxis eines Zahnarztes übernimmt- wenn Labore gegenüber Zahnärzten die Kosten für Veranstaltungen (z.B. Events, ggf. auch Fortbildungen) übernehmen.
Beispiel 2: Ein Vetragszahnarzt erhält Barzahlungsrabatte von drei Prozent sowie Mengenrabatte.
Nicht alle „Zahlungen“ sind so eindeutig dem strafrechtlich bedeutsamen Kickback zuordenbar.So sind Barzahlungsrabatte bis 3 Prozent ("Skonto") verkehrsüblich und damit dem Anwendungsbereich der neuen Strafrechtsnorm entzogen; sie müssen insoweit nicht an den Patienten oder Kostenträger "ausgekehrt" werden, um eine Strafbarkeit zu vermeiden.
Ab welcher Höhe darüber hinausgehende Rabatte strafrechtlich relevant werden, ist bislang nicht geklärt. Die Nichtweitergabe von Rabatten, die keine verkehrsüblichen Barzahlungsrabatte sind (z.B. auch Mengenrabatte), kann daher nunmehr eine Strafbarkeit nicht nur wegen Betruges (§ 263 StGB) begründen, sondern bei Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung gegebenenfalls auch nach den §§ 299a, 299b StGB.
Auch die Gewährung von Zahlungszielen schafft dem Zahnarzt einen wirtschaftlichen (Zins-)Vorteil. In gewissem Umfang sind diese verkehrsüblich. Allzu großzügigen Zahlungszielen sollte aus den genannten Gründen jedoch mit Vorsicht begegnet werden.
Beispiel 3: Ein Zahnarzt verkauft in Abrede mit dem Zahntechniker regelmäßig die Gesamtforderung, die auch das enthaltene Laborhonorar enthält, an einen externen Dienstleister. Dabei ist das sogenannte "Partnerfactoring" zwischen Zahnarzt, Labor und Abrechnungsgesellschaft so vereinbart, dass die Auszahlung der in der Gesamtrechnung enthaltenen Laborkosten direkt an das Labor erfolgt. Der Zahnarzt erhält lediglich den auf ihn entfallenen Honoraranteil. Die Gebühren des Partnerfactorings werden regelmäßig von Zahnarzt und Labor dergestalt geteilt, dass der Zahnarzt nur die Factoring-Gebühren für den Honoraranteil seiner Gesamtforderung zahlt.
Das Abrechnungsmodell des Partnerfactorings ist juristisch im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit aus § 299a, 299b StGB umstritten und daher mit hohen strafrechtlichen Risiken verbunden. Wegen der unterschiedlichen vertraglichen Ausgestaltungen der zu Grunde liegenden Factoringverträge ist eine allgemeingültige Aussage zudem schwierig.
Da hier im Beispiel mittelbar bzw. im faktischen wirtschaftlichen Ergebnis das Dentallabor die Factoring-Gebühren des Zahnarztes für den zahntechnischen Anteil seiner gegenüber dem Patienten bestehenden Forderung "übernimmt", wird hier mitunter von einer Strafbarkeit gemäß §§ 299a, 299b StGB ausgegangen. Andere fachliche Stellungnahmen votieren für eine Straflosigkeit, da die durch das Partnerfactoring bewirkte Reduzierung der Factoring-Gebühren des Zahnarztes um den Forderungsanteil für die Laborleistungen nur daraus resultiere, dass die gegengerechneten Factoring-Gebühren des Labors in dessen eigenem wirtschaftlichen Sicherungsinteresse liegen und daher sachgemäßer Weise von diesem (dem Labor) und nicht vom Zahnarzt zu tragen seien.
Klärung wird hier erst durch einschlägige Gerichtsentscheidungen erfolgen können. Es ist daher zu empfehlen, mit den Anbietern des Factorings und ggf. mit Rechtsberatern in Kontakt zu treten, um das vorhandene Risiko zu eruieren. Ggf. kann dies auch bedeuten, von einem vorhandenen Partnerfactoring Abstand zu nehmen.
###more### ###title### Fall: Beteiligung an Unternehmen ###title### ###more###
Fall: Beteiligung an Unternehmen
Beispiel 1: Ein Zahnarzt vergibt Aufträge an ein Dentallabor, an dem er sich selbst wirtschaftlich beteiligt ist.
Gewinne und sonstige Einnahmen aus der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an einem Unternehmen sind als Vorteil im Sinne der §§ 299a und 299b StGB zu betrachten. Erfolgt die Gewinnausschüttung, weil der Zahnarzt dem Unternehmen z.B. Patienten zuführt oder er bei dem Unternehmen z.B. Medizinprodukte (etwa Zahnersatz) bezieht, kommt insoweit eine Strafbarkeit in Betracht.
Denn nach Auffassung des Gesetzgebers können sich die Patienten in solchen Fällen nicht darauf verlassen, dass die zahnärztliche Empfehlung alleine aufgrund medizinischer Erwägungen getroffen wurde.
Entscheidend für die Strafbarkeit ist nach Auffassung des Gesetzgebers dabei, ob die Zuführungs- oder Bezugsentscheidung kausal für einen dem Zahnarzt zufließenden Vorteil ist bzw. diesen spürbar (maßgeblich) beeinflusst. Eine solche Kausalität dürfte zumindest dann bestehen, wenn der Vorteil aus der Unternehmens/-Laborbeteiligung unmittelbar vom Umfang der durch die Aufträge des beteiligten Zahnarztes generierten Umsätze des Labors abhängt (umsatzabhängige Gewinnbeteiligung), zumal hierin auch eine dem jeweiligen Umsatz zuzuordnende, unzulässige Rückvergütung gesehen werden kann.
Im Falle von umsatzunabhängigen, sog. "mittelbaren" Gewinnbeteiligungen sollen nach Auffassung des Gesetzgebers die vom Bundesgerichtshof in seiner wettbewerbsrechtlichen Entscheidung vom 13.01.2011 (Az. I ZR 111/08 - "Hörgeräteversorgung II") aufgestellten Grundsätze auch bei Anwendung von § 299a StGB herangezogen werden können.
Nach dieser Entscheidung des BGH hänge der für die Unzulässigkeit des erzielten Gewinnvorteils maßgebliche "spürbare Einfluss" der Patientenzuführungen des einzelnen Arztes auf seinen Ertrag aus der Unternehmensbeteiligung "grundsätzlich vom Gesamtumsatz des Unternehmens, dem Anteil der Verweisungen des Arztes an diesem und der Höhe seiner Beteiligung ab"; die Unzulässigkeit könne sich nach Auffassung des BGH aber auch schon aus der Gesamthöhe der dem Arzt aus ihr zufließenden Vorteile ergeben, sofern diese in spürbarer Weise von seinem eigenen Verweisungsverhalten beeinflusst wird.
Konkrete Maßstäbe für die Unzulässigkeit von umsatzunabhängigen Gewinnbeteiligungen an Unternehmen lassen sich indes auch aus diesen eher vagen "Grundsätzen" kaum ableiten. Wann und unter welchen ganz konkreten Voraussetzungen eine Gewinnbeteiligung zur Unzulässigkeit und ggf. Strafbarkeit nach den §§ 299a, 299b StGB führen kann, wird daher der Ausprägung durch die Rechtsprechung überlassen sein. Angesichts der erkennbaren Zielsetzung des Gesetzgebers, jedenfalls prinzipiell auch Vorteile aus Unternehmensbeteiligungen in den Straftatbestand einzu-beziehen, und seiner ausdrücklichen Bezugnahme auf die Grundsätze der o.g. "Hörgeräteversorgung-II"-Entscheidung des BGH wird man insoweit aber deutlich zur Vorsicht raten müssen: Soweit ein Vertragszahnarztvon einem gewerblichen Labor, an dem er selber beteiligt ist, in nicht ganz unerheblichem Umfang auch selbst zahntechnische Leistungen bezieht, sind damit erhebliche, nunmehr auch strafrechtliche Risiken verbunden.
Beispiel 2: Ein Zahnarzt schließt Kooperationsverträge mit einem bestimmten Labor.
Vereinbarungen (z.B. "Kooperationsverträge"), nach denen Vorteile (bspw. in Form einer Gewinnbeteiligung) dafür gewährt werden, dass sich ein Zahnarzt dazu verpflichtet, seine zahntechnischen Leistungen bei einem bestimmten Labor zu beziehen, sind berufsrechtlich unzulässig und können künftig auch gemäß §§ 299a, 299b StGB strafbar sein (vgl. BGH, Urt. v. 23.03.2012, Az. I ZR 231/10).
Angesichts der derzeit unklaren Grenzen für Gewinnbeteiligungen und der aufgezeigten Strafbarkeitsrisiken sollten im Zweifelsfalle Beteiligungen nur bei Unternehmen gesucht werden, deren Geschäftsfeld der Zahnarzt bei seiner Tätigkeit nicht berührt.
Beispiel 3: Ein Zahnarzt betreibt ein eigenes Labor.
Grundsätzlich nicht den §§ 299a, 299b StGB unterliegen hingegen Fälle, in denen Zahnärzte eigene Labore (Praxislabor, Praxislaborgemeinschaft) betreiben und in berufs- und sozialrechtlich zulässiger Weise zahntechnische Laborleistungen selbst erbringen bzw. über angestellte Zahntechniker erbringen lassen.
Zahntechnische Leistungen dürfen hierbei nur für die in der Laborgemeinschaft zusammengeschlossenen Zahnärzte bzw. deren Patienten erbracht werden (siehe hierzu sowie den weiteren Voraussetzungen für eine Praxislaborgemeinschaft LSG Schleswig-Holstein, Urt. vom 07.07.1994, Az. L 6 Ka 25/93), ansonsten läuft man Gefahr, dass ein gewerbliches Labor vorliegt, womit die diesbezüglichen Strafbarkeitsrisiken drohen.
Der Betrieb eines Praxislabors (Zahnarztlabors) oder einer Praxislaborgemeinschaft in den sozial- und berufsrechtlich zulässigen Bahnen kann nach Bewertung von KZBV und BZÄK keine Strafbarkeit gemäß §§ 299a, 299b StGB begründen.
Beispiel 4: Ein Zahnarzt beteiligt sich an einer Dentalhandelsgesellschaft.
Bei Beteiligung eines Zahnarztes an einer Dentalhandelsgesellschaft, von der er zugleich Zahnersatz oder dgl. bezieht, ergeben sich vergleichbare Strafbarkeitsrisiken wie bei einer Beteiligung an sonstigen Unternehmen wie etwa an Dentallaboren.
Ebenso können unzulässige Kick-Back-Zahlungen auch durch eine Dentalhandelsgesellschaft erfolgen: Wenn ein Vertragszahnarzt mit den Verantwortlichen eines Dentalhandelsunternehmens für eine gewisse Dauer und in einer Vielzahl im Einzelnen noch unbestimmter selbstständiger Fälle ein Rabattsystem vereinbart, wonach er die Rechnungen des Unternehmens in voller Höhe zu zahlen hat, jedoch nachträglich umsatzbezogene monatliche Rückvergütungen ("kickbacks") erhält, diese aber bei der Abrechnung verschweigt und deshalb die Rechnungen voll erstattet erhält, liegt nach Auffassung des BGH eine bandenmäßige Begehung gewerbsmäßiger Betrugstaten vor (BGH, Urt. v. 16.11.2006, Az. 3 StR 204/06). Daneben droht nunmehr auch eine Strafbarkeit gemäß §§ 299a, 299b, 300 StGB.
Schaltet der Zahnarzt bei der Abrechnung von zahntechnischen Leistungen eine von ihm gegründete bzw. beherrschte, rechtlich selbständige Dentalhandelsgesellschaft zwischen, um auf diese Weise verbilligt bezogenen Zahnersatz (etwa aus dem Ausland) gegenüber den Patienten bzw. Kostenträgern zu BEL-II-Preisen abrechnen zu können, verstößt er gegen das berufs- und sozialrechtliche Verbot, Fremddentalleistungen nur zu den tatsächlichen Bezugskosten abzurechnen und hierdurch nicht zusätzliche Gewinne zu generieren (siehe etwa LSG Niedersachsen, Urt. v. 21.04.2005, Az. L 3 KA 25/04; LG Oldenburg, Urt. v. 19.12.2007, Az. 4 Kls 31/06). Die Konstellation ist insoweit vergleichbar mit den oben genannten Rückvergütungs- bzw. Kick-Back-Fällen (siehe OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.04.2012, Az. 8 LA 6/11). Neben einer Betrugsstrafbarkeit (§ 263 StGB) kann hier nunmehr auch eine Strafbarkeit nach den §§ 299a, 299b, 300 StGB in Betracht kommen.
###more### ###title### Fall: Werbegeschenke, Präsente und ähnliche geringwertige Vorteile ###title### ###more###
Fall: Werbegeschenke, Präsente und ähnliche geringwertige Vorteile
Beispiel 1: Ein Zahnarzt veranstaltet einen "Tag der offenen Tür" und lässt sich dafür von einem Implantathersteller sponsorn.
Die Durchführung eines "Tages der offenen Tür" o.ä. in der eigenen Praxis ist für Zahnärzte grundsätzlich eine mögliche und zulässige Werbemaßnahme (vgl. LG Koblenz, Urteil vom 17.12.2004, Az.: 8 O 86/04 KfH).
Beteiligt sich aber z.B. ein Implantathersteller an der Veranstaltung, dann kann diese Veranstaltung strafrechtliche Relevanz erlangen: Erfolgt das Sponsoring nämlich als "Gegenleistung", damit der Zahnarzt bei seiner Implantatauswahl seine Entscheidung für den zahlenden Hersteller fällt, dann kann das den Tatbestand von § 299a StGB erfüllen. Selbst wenn der Zahnarzt belegen kann, dass in seiner Praxis auch die Implantate anderer Hersteller Verwendung finden, führt das im Zweifel zu keiner anderen Bewertung.
Anders kann dies ggf. bei einem Kieferorthopäden sein, der überhaupt nicht implantiert. Denn die bloße Annahme eines Vorteils, auch wenn dieser für sich gesehen berufsrechtswidrig sein sollte, begründet noch keine Strafbarkeit nach § 299a StGB, wenn der Vorteil nicht als Gegenleistung für eine (unlautere) Bevorzugung des Vorteilsgebers gewährt wird. Der nahe liegende Gedanke, dass ein Implantathersteller kaum eine Veranstaltung eines Kieferorthopäden finanziell unterstützen wird, offenbart das Problem: Für die Industrie ist Sponsoring eine Werbemaßnahme, die nur ein Ziel verfolgt, nämlich die Absatzsteigerung. Und diese Absatzsteigerung soll im Zweifel dadurch erreicht werden, dass diese „im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt“ werden.
Beispiel 2: Ein Zahnarzt erhält vom Implantathersteller einen kostenlosen Tablet-PC, wenn er eine bestimmte Bestellmenge bei diesem erreicht.
Für einen Vorteil im Sinne der §§ 299a, 299b StGB ist gemäß der Gesetzbegründung eine Geringwertigkeits-oder Bagatellgrenze nicht vorgesehen. Auf die Höhe des Vorteils kommt es also grundsätzlich nicht an.
Gleichwohl kann es nach dem Willen des Gesetzgebers bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder bei kleineren Präsenten von Patienten an einer objektiven Eignung des Vorteils fehlen, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen. Dann ist von einem sozialadäquaten Vorteil auszugehen, der vom Tatbestand nicht umfasst ist.
Nicht sozialadäquat sind Vorteile, deren Annahme den Eindruck erweckt, dass die Unabhängigkeit der (zahn-)ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Auch hier sind die Grenzen allerdings fließend. Ein Plastik-Kugelschreiber, ein Rezeptblock oder eine Packung Gummihandschuhe als Werbegeschenk bspw. eines Dentallabors werden kaum geeignet sein, die zahnärztliche Bezugsentscheidung zu beeinflussen.
Anders kann dies allerdings bereits bei einer kontinuierlichen Praxisausstattung mit derlei "Kleinigkeiten" sein. Entscheidend ist dabei nicht der Wert des einzelnen Geschenkes, sondern der Vorteil insgesamt. Ab welchem Umfang Gerichte dem Gesamtwert eine solche Eignung zur Beeinflussung der heilberuflichen Unabhängigkeit zusprechen werden, lässt sich derzeit vorab und losgelöst vom konkreten Einzelfall kaum beurteilen.
Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass Zahnärzte hinsichtlich der Annahme von Werbegaben u.dgl. als Angehörigen der "Fachkreise" (auch) an die Grenzen von § 7 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) gebunden sind. Da die Regelungen des HWG in der Regel zugleich auch als wettbewerbliche Marktverhaltensregeln gelten und der Verstoß hiergegen folglich den Vorwurf der Unlauterkeit begründen kann, kann bei der Verknüpfung mit einer Bezugsentscheidung bei entsprechender Unrechtsvereinbarung demnach künftig auch eine Strafbarkeit nach §§ 299a, § 299b StGB in Betracht kommen.
Beispiel 3: Ein Zahnarzt erhält von einem Patienten als Dank für eine erfolgreicheBehandlung ein Geschenk.
Die Geschenke des Patienten erfolgen nachträglich und sind dem Gesetzgeber zufolge nicht vom Tatbestand erfasst. Auch hier ist aber Vorsicht geboten, wenn damit gleichzeitig Einfluss auf ein zukünftiges Verhalten des Zahnarztes genommen werden soll.
Nicht ausreichend ist es, dass mit der Zuwendung nur das allgemeine "Wohlwollen" des Nehmers erkauft werden soll oder sie als Belohnung für eine bereits zuvor erfolgte Handlung gedacht ist, der keine vorherige Unrechtsvereinbarung zugrunde liegt. Das heißt natürlich nicht umgekehrt, dass im Falle einer Unrechtsvereinbarung nur deshalb Straflosigkeit vorläge, weil die Zuwendung erst nach der den Geber bevorzugenden zahnärztlichen Entscheidung fließt.
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Broschüre zum Download
In der Broschüre „Rechtsgrundlagen für die Zahnarztpraxis – Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen“ werden die neuen Strafrechtsnormen der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen vorgestellt, analysiert und anhand von ausgewählte Einzelfragen des zahnärztlichen Alltags rechtlich beleuchtet.
Die Broschüre finden Sie zum Download auf der Homepage derBZÄKsowie derKZBV.