Brüssel für Zahnärzte
Gleichzeitig rügte Schmiedel auf der gemeinsamen Jahrestagung der Initiative Unabhängige Zahnärzte Berlin (IUZB) und des Deutschen Arbeitskreises für Zahnheilkunde (DAZ) das Desinteresse des Berufsstandes für die aktuelle Europapolitik.
Die aggressive Lobbyarbeit der Industrie macht den Zahnärzten das Arbeiten schwer
Denn wenngleich jedes Land Gesundheitsfragen selbst regele, nähmen die Vorgaben aus Brüssel ständig zu. Die Konsequenzen treffen die Zahnärzte laut Schmiedel unmittelbar: zum Beispiel durch die verschärften Hygieneanforderungen, initiiert durch eine aggressive Lobbyarbeit der Industrie.
Die deutschen Zahnärzte definierten sich als Freiberufler. Das sei in anderen europäischen Ländern größtenteils anders. Man müsse daher dieses System bewahren, schließlich verpflichten sich die Zahnmediziner in ihrem freiberuflichen Selbstverständnis dem Gemeinwohl; 90 Prozent der Behandler erbringen ihre Leistungen freiberuflich in eigener Praxis. Dies zu vermitteln, gelinge unter anderem auch dem Brüsseler Büro der Bundeszahnärztekammer im Gespräch mit EU-Abgeordneten. Aktuell gehe es hier verstärkt darum, Ökonomisierungstendenzen abzuwehren, die mit Qualitätsverlusten in der zahnmedizinischen Versorgung einher gehen könnten.
In der Hygiene setze sich die Berliner Kammer bei der Sterilisation hartnäckig für die manuelle Aufbereitung ein. Es sei aber nicht auszuschließen, dass europäische Normen hier bald einen Schlussstrich ziehen. Dann könnten Zahnärzte per Vorgabe aus Brüssel gezwungen werden, hochpreisige Sterilisatoren für ihre Praxen anzuschaffen. Insofern liege die Hauptaufgabe der Lobbyarbeit der Bundeszahnärztekammer oftmals in aller erster Linie im Verhindern neuer Regelungen, betonte Schmiedel.
Auf Bundesebene habe man mittlerweile erkannt, dass auch die Freiberufler einen großen Beitrag zur Überwindung der Wirtschaftskrise geleistet haben. Etwa, in dem sie im dualen System junge Fachkräfte ausbilden. Derzeit sind in Deutschland weit über vier Millionen Menschen als Angestellte der Freien Berufe tätig oder arbeiten für einen Freiberufler.
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Die osteuropäische ZFA kommt
Mit Blick auf den Fachkräftemangel könne man beobachten, dass osteuropäische Zahnmedizinische Fachangestellte zunehmend nach Deutschland kommen, angezogen von den exzellenten Arbeitsbedingungen. Damit werde aber zugleich das Problem des Fachkräftemangels in Ländern wie Polen oder Rumänien erheblich verstärkt.
Nicht mehr aufzuhalten ist aus seiner Sicht die Akademisierung der Heil- und Hilfsberufe. Auch damit müsse sich der zahnärztliche Berufsstand befassen. Konkret gehe es hier um die neuen Ausbildungswege für in Deutschland tätige Dentalhygienikerinnen.
Vom Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) geht aus Schmiedels Sicht zurzeit keine unmittelbare Gefahr aus, weil die Verhandlungen noch auf unbestimmte Zeit andauerten. Allerdings würden neue Handlungsspielräume für Kapitalgesellschaften diskutiert, etwa wenn es um den Erwerb und den Zusammenschluss von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) geht. Hier seien Zahnmediziner in ihrem Handeln wiederum unmittelbar betroffen.