Bürokratieabbau jetzt – damit es weiter Zahnärzte gibt
Die Liste der bürokratischen Hemmschuhe sei entschieden zu lang geworden, kritisierten die Vorsitzenden der Landeszahnärztekammer (LZÄKB) und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZVLB) in der Landespressekonferenz am 3. Mai in Potsdam. Ständig seien in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten neue Regelungen hinzugekommen, die die Zahnärzte immer mehr davon abhalten, ihrer eigentlichen Bestimmung nachgehen zu können und Menschen zu helfen. Mittlerweile bringe der Bürokratiewahn ältere Zahnärzte dazu, eher als geplant und ohne Nachfolger die Praxis zu schließen. Auf der anderen Seite seien junge Zahnärzte sehr skeptisch und vorsichtig mit Praxisübernahmen oder Neugründungen.
„Es ist irre, was in den Praxen passiert!"
„Es ist irre, was in den Praxen passiert!“, machte LZÄKB-Präsident Jürgen Herbert seinem Ärger Luft. “Es geht los bei der Aufbereitung von Medizinprodukten, zu denen alle Instrumente zählen. Das bestbewährteste und -erforschte Füllungsmaterial soll verboten werden – ohne vernünftiges Alternativmaterial für die Patienten, die sich eine Zuzahlung nicht leisten können!" Herbert verwies außerdem auf eine unnötig komplizierte Zulassungsverordnung für Medizinprodukte, die dafür sorge, dass man in absehbarer Zukunft für bestimmte Bereiche der Zahnmedizin keine Instrumente in Europa mehr kaufen könne. Herbert schlug vor, die Bundeskörperschaften im Vorfeld solcher Verordnungen und Gesetze mit einzubinden. Auch eine Überarbeitung der Einstufung der aufzubereitenden Instrumente in unkritisch, semikritisch und kritisch sei hilfreich .
Dr. Romy Ermler, LZÄKB-Vorstandsmitglied und Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) ergänzte: „Wir fordern für bestimmte Praxen Ausnahmeregelungen beim baulichen Bestandsschutz – sehr teure gesetzlich vorgeschriebene Umbaumaßnahmen behindern die Übernahme von jahrzehntelang bestehenden Zahnarztpraxen.“
Es geht dabei nicht nur ums Geld
Auch KZVLB-Chef Dr. Eberhard Steglich kritisierte die ausufernde Bürokratie. Zusammen mit den zu geringen Studienkapazitäten verschärfe sich so ein Nachwuchsproblem, das letztlich die Weiterentwicklung des gesamten Berufsstandes lähmt. „Darüber hinaus behindert die Budgetierung umfassende Therapieleistungen, zum Beispiel bei Parodontitis, und hemmt den Digitalisierungsprozess“, so Steglich weiter. „Mit dem Anspruch der Versicherten auf eine hochwertige Gesundheitsversorgung ist dies unvereinbar und gefährdet nachhaltig die zahnmedizinische Daseinsvorsorge.“ Dabei gehe es nicht ums Geld, betonten die drei.
Warum so viele junge Zahnärzte nur noch als Angestellte und möglichst in Teilzeit arbeiten wollten, liege in der zurückgehenden Betreuung in Kitas und Schulen begründet. Die Kita-Öffnungszeiten ließen keine Vollzeittätigkeit zu und seien daher eine Barriere für junge Zahnmediziner, betonte Ermler.
Nicht zu unterschätzen sei auch das hohe Durchschnittsalter unter den Zahnmedizinern: Ein Viertel der Praktiker sei über 60 Jahre alt und werde in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen, erklärte Herbert, der mit 33 Dienstjahren inzwischen dienstältester Präsident einer Landeszahnärztekammer deutschlandweit ist.
Information statt Protest
Man plane im Land keine Protestaktion, um auf die Missstände und die daran anknüpfenden Verbesserungsvorschläge hinzuweisen, so die Standesvertreter. Vielmehr sind nun Informationswochen anberaumt: Nach dem Auftakt am 3. Mai sind weitere Stammtische, Treffen in Zahnarztpraxen und Bezirksstellenversammlungen in Cottbus, Fürstenwalde und Brandenburg an der Havel mit regionalen Politikern geplant. Zum Abschluss soll es am 9. Juli eine Veranstaltung in Herzberg geben.