Bundeskabinett beschließt Gesundes-Herz-Gesetz
Durch das Gesetz sollen Risikofaktoren von Herz-Kreislauf-Erkrankungen möglichst früh erkannt und bekämpft werden. Dafür sieht es den Ausbau von Früherkennungsuntersuchungen, neue strukturierte Behandlungsprogramme und die Verbesserung von Therapiemöglichkeiten vor, heißt es aus dem BMG.
„Deutschland hat hier ein Problem: zu viele Herztote!“
„Wir müssen die Gesundheit der Herzen besser schützen“, sagte Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach (SPD) „Deutschland hat hier ein Problem: zu viele Herztote. Dafür sollten wir alle unseren Lebenswandel anpassen, uns mehr bewegen und bewusster ernähren. Genauso wichtig ist aber auch, dass wir vererbte Risikofaktoren früher erkennen und besser bekämpfen. Dafür schaffen wir mit dem Gesundes-Herz-Gesetz die Grundlagen. Mit diesem Gesetz können wir die Lebenserwartung und die Lebensqualität in Deutschland deutlich verbessern.“
Das steht im Gesetz drin
Kinder und Jugendliche haben künftig einen Anspruch auf erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechselerkrankung im Rahmen der Kinder- und Jugenduntersuchungen. Ziel ist, die familiäre Hypercholesterinämie frühzeitig zu erkennen. Diese angeborene Krankheit birgt ein sehr hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits im jungen Erwachsenenalter.
Um Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 14 Jahren gezielt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und möglichem Risikoverhalten anzusprechen, lädt die Krankenkasse individuell zur Teilnahme an der Jugendgesundheitsuntersuchung J1 ein.
Für Erwachsene wird die Gesundheitsuntersuchung durch Check-ups für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Alter von 25, 40 und 50 Jahren erweitert. GKV-Versicherte werden dazu von ihrer Krankenkasse eingeladen und erhalten außerdem Gutscheine für eine erweiterte Beratung mit Messungen zu Risikofaktoren in Apotheken.
Apotheken werden verstärkt in die Beratung zur Prävention und Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und tabakassoziierten Erkrankungen eingebunden. Für diese niedrigschwelligen Beratungsangebote werden neue pharmazeutische Dienstleistungen eingeführt.
Lipidsenker können nachweislich in vielen Fällen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken und die Lebenserwartung verlängern. Deshalb gibt es künftig einen gesetzlichen Anspruch auf eine Versorgung mit diesen Arzneimitteln. Sie können frühzeitiger und entsprechend dem individuellen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verordnet werden.
Der Anspruch auf eine medikamentöse Therapie zur Tabakentwöhnung wird künftig nicht nur auf eine „schwere Tabakabhängigkeit“ beschränkt und häufiger als alle drei Jahre finanziert. Die Erteilung einer ärztlichen Präventionsempfehlung zur Tabakentwöhnung und zum Ernährungsverhalten außerhalb der Gesundheitsuntersuchungen wird regelmäßig extrabudgetär vergütet.
Dafür sollen auch Disease-Management-Programme (DMP) inhaltlich weiterentwickelt und ihre Umsetzung in der Versorgung beschleunigt werden. So wird der G-BA gesetzlich beauftragt, Anforderungen an ein neues strukturiertes Behandlungsprogramm für behandlungsbedürftige Versicherte mit einem hohen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu beschließen.
Die Reaktionen bleiben aber trotz der Nachbesserungen des BMG überwiegend negativ: So kritisiert der GKV-Spitzenverband, dass sich die Koalition mit dem Gesetz „von dem Leitgedanken der Prävention, Gesundheitsrisiken vorzubeugen und zu vermeiden“, verabschiede. Im Interesse der Patienten müssten Arzneimittel und Check-ups ihre Wirksamkeit auch künftig wissenschaftlich nachweisen. Zudem würden mit dem Gesetz die über Jahre mit GKV-Beitragsgeldern aufgebauten Präventionsstrukturen in Deutschland gefährdet.
Ein „kleiner Lichtblick“
„Uns fehlt weiterhin eine konsequente Umsetzung des Präventionsgedankens“, rügt auch der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Prävention müsse zudem auch Werbeverbote oder hohe Steuern auf ungesunde Lebensmittel umfassen. Positiv sei indes, dass der GBA jetzt bei der Verordnung von Statinen involviert ist. Kritisch sieht die KBV dagegen die geplanten Beratungsangebote in Apotheken.
Der G-BA selbst bezeichnete den neuen Entwurf als „kleinen Lichtblick“, da der G-BA nun doch stärker eingebunden werden soll.
„Nicht alle screenen, sondern die Richtigen“: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) kann dagegen auf Basis der vorliegenden Studien keinen Nutzen eines allgemeinen Screenings s aller Kinder und Jugendlichen auf Familiäre Hypercholesterinämie ableiten – empfiehlt jedoch eine gezielte Untersuchung. Das teilte das Institut in einer Stellungnahme mit.