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Demenz: Gesellschaft muss umdenken

sg/pm
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Die Zahl der Demenzerkrankungen nimmt weiter zu. Etwa jeder Dritte über 90 ist betroffen, zeigen die neuesten Berechnungen. Die Zeit drängt.

Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der Erkrankten von etwa 1,4 Millionen auf 3 Millionen steigen, sofern kein Durchbruch in der Therapie gelingt. Der hohe und lange Pflegeaufwand macht sie zu einer der teuersten Krankheiten im Gesundheitssystem.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, mit mehr Erkrankten und immer weniger personellen und finanziellen Ressourcen, werden die Demenzen zu einer der größten Herausforderung für das Gesundheits- und Sozialwesen weltweit. Darauf verweisen die Hirnliga e.V, die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. und die Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V.

Vielversprechende Ergebnisse, aber auch Ernüchterungen

"Bislang gibt es kein Medikament, das die Alzheimer-Krankheit heilen kann. Irgendwann wird eine wirksame Therapie zur Verfügung stehen, aber wann das sein wird, ist völlig unklar", so Prof. Isabella Heuser, Charité Berlin, vom Vorstand der Hirnliga e. V. "Die Forschung geht intensiv voran und es gibt vielversprechende Ergebnisse, aber auch Ernüchterungen."

So sei etwa die Euphorie über eine baldig verfügbare ursachenbezogene Behandlung verflogen. Als Forscher könnte man nur immer wieder dringend empfehlen, alle heute schon vorhandenen Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung zu nutzen. Es sei bekannt, dass beispielsweise die Behandlung von Diabetes und Bluthochdruck das Risiko an einer Demenz zu erkranken senkt.

Maßnahmen im therapeutischen Gesamtkonzept

Bei einer frühzeitigen Diagnose und rechtzeitigem Beginn der Demenztherapie ist es möglich, den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen", meinte Heuser weiter. Dabei sollen Medikamente, nichtmedikamentöse Therapien und pflegerische Maßnahmen in einem therapeutischen Gesamtkonzept eingesetzt werden. Die Therapien bewirken eine Verlangsamung der Krankheitsentwicklung und ermöglichen den Betroffenen und ihren Angehörigen, über einen längeren Zeitraum in Selbstbestimmung und Würde zu leben.

Die Ärztin und Wissenschaftlerin wünscht sich eine Änderung der Forschungsförderung in Deutschland. So sollten auch Projekte, außerhalb der üblichen Forschungsansätze gefördert werden, damit so schnell wie möglich eine effektive medikamentöse Behandlung entwickelt werden kann.

Ein solides System hilft mehr als schöne Reden

Der Präsident der deutschen Alterspsychiater, Prof. Dr. Hans Gutzmann, ergänzt: "Demenzkranke müssen als Mitglieder unserer Gemeinschaft akzeptiert, ihre Bedürfnisse von der Zivilgesellschaft als verpflichtende Aufgaben wahrgenommen werden." Bislang sei unser Gesundheits- und Sozialwesen darauf nicht eingestellt. Mehr als schöne Reden und Verständnis bräuchten die Erkrankten ein entsprechend solide finanziertes System.

So lange mit Kranken- und Pflegekassen unterschiedliche Töpfe existieren, führe das zu Fehlanreizen, denn die komplexen Leistungen in Diagnostik und Therapie würden sowohl bei den Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten und in den Kliniken nicht adäquat honoriert. "Mit der Konsequenz, dass Demenzkranke, gemessen an internationalen Standards, in Deutschland nicht angemessen behandelt werden", so Gutzmann.

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